In der dynamischen Welt der Wirtschaft sind Übernahmen und Fusionen an der Tagesordnung. Mit der richtigen Strategie können sie Wachstum und Erfolg generieren. Doch während viele Transaktionen einvernehmlich ablaufen, gibt es auch feindliche Übernahmen, bei denen ein Unternehmen versucht, ein anderes Unternehmen gegen dessen Willen zu übernehmen. In diesem umfangreichen Blog-Beitrag beleuchten wir die rechtlichen Risiken, aktuellen Gerichtsurteile und Abwehrmaßnahmen rund um feindliche Übernahmen und vermitteln Ihnen so fundiertes Wissen aus erster Hand.

Definition feindlicher Übernahmen

Feindliche Übernahmen werden juristisch als unfreundliche oder feindselige Akquisitionen bezeichnet und unterscheiden sich von den „freundlichen“ Transaktionen dadurch, dass das Zielunternehmen nicht einverstanden ist oder vom Käufer nicht konsultiert wurde. Typische Formen der feindlichen Übernahme können sein:

  • Angebote direkt an die Aktionäre gegen den Willen des Managements
  • Erwerb von Aktienpaketen aus dem Markt, um eine kontrollierende Beteiligung aufzubauen
  • Proxy-Kämpfe, bei denen der Angreifer versucht, die Kontrolle über das Board des Zielunternehmens zu erlangen

Rechtliche Risiken

Feindliche Übernahmen sind mit verschiedenen rechtlichen Risiken verbunden, die sowohl für das angreifende Unternehmen als auch für das Zielunternehmen relevant sein können. Dazu gehören unter anderem:

Verletzung von Pflichten der Geschäftsleitung

Sowohl im Angreifer- als auch im Zielunternehmen müssen die Geschäftsleitungen ihre gesetzlichen und- gesellschaftsrechtlichen Pflichten beachten. Bei feindlichen Übernahmen können Geschäftsleitungen auf beiden Seiten Gefahr laufen, ihre Pflichten durch unangemessene Verteidigungsmaßnahmen oder Übernahmeversuche zu verletzen, wie zum Beispiel:

Wettbewerbsrechtliche Aspekte

Feindliche Übernahmen unterliegen möglicherweise den wettbewerbsrechtlichen Regelungen, national und/oder international. Insbesondere sind folgende Aspekte zu beachten:

  • Mögliche Untersagungs- oder Auflagenentscheidungen der Kartellbehörden
  • Verstöße gegen Fusionskontrollvorschriften
  • Möglicher Ausschluss von öffentlichen Vergaben infolge einer Untersagung

Due-Diligence-Probleme

Bei feindlichen Übernahmen kann die Due Diligence, also die gebotene Sorgfalt bei der Prüfung von Geschäftsunterlagen und Verträgen, eingeschränkt sein. Das Fehlen dieser umfassenden Bewertung kann zu:

  • Unentdeckten Risiken und Haftungsproblemen beim Zielunternehmen
  • Fehleinschätzung des Wertes oder der Rentabilität des Zielunternehmens
  • Fehlinvestitionen und Fehlentscheidungen des Übernehmers

Abwehrmaßnahmen

Zielunternehmen können verschiedene Maßnahmen ergreifen, um sich gegen feindliche Übernahmen zu verteidigen. Einige der gängigsten Abwehrstrategien sind:

Poison Pill

Eine „Gifttablette“ ist eine Strategie, bei der das Zielunternehmen seinen Aktionären Sonderrechte oder Optionen anbietet, die im Falle einer feindlichen Übernahme wirksam werden und somit den Wert des Zielunternehmens für den Angreifer schmälern.

White Knight

Eine „weiße Ritter“ Verteidigung besteht darin, einen freundlichen Dritten einzuladen, das Zielunternehmen zu übernehmen oder sich daran zu beteiligen, um es vor dem feindlichen Angreifer zu schützen.

Paczynski Defense

Die Paczynski-Verteidigung besteht darin, dass das Zielunternehmen versucht, den feindlichen Angreifer durch den Kauf von dessen eigenen Aktien oder anderen Vermögenswerten unattraktiv zu machen. Dies kann entweder dazu führen, dass der Angreifer seine Übernahmepläne fallen lässt oder die Bedingungen einer möglichen Übernahme verändert.

Kronjuwelen-Strategie

Bei der Kronjuwelen-Strategie verkauft das Zielunternehmen seine wertvollsten Vermögenswerte (die „Kronjuwelen“) an einen Dritten oder überträgt sie in eine separate Einheit, um das gesamte Unternehmen für den Angreifer unattraktiver zu machen.

Employee Stock Ownership Plans (ESOP)

Einige Unternehmen können ihre Beschäftigten an der Eigenkapitalbasis beteiligen, um die Kontrolle über ihr Unternehmen zu behalten und gleichzeitig ein engagiertes und loyales Personal zu schaffen, das gegen feindliche Übernahmen resistent ist.

Finanzierung von feindlichen Übernahmen

Die Finanzierung feindlicher Übernahmen spielt eine wichtige Rolle im gesamten Prozess und kann aus verschiedenen Quellen stammen. Hier werden die Finanzierungsarten näher erläutert, um eine bessere Verständnis für den Ablauf feindlicher Übernahmen zu gewährleisten:

  • Eigenkapitalfinanzierung: Der Käufer kann eigene Barmittel oder bestehende Liquidität nutzen, um den Übernahmeprozess zu finanzieren.
  • Fremdkapitalfinanzierung: Schließt Bankkredite, Anleihen und andere Schuldeninstrumente ein, um die Mittel für den Kauf der Zielaktien zu beschaffen. In einigen Fällen kann auch die Übernahme von Schulden des Zielunternehmens Teil der Finanzierung sein.
  • Hybride Finanzierung: Eine Kombination aus Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung kann dazu dienen, die Risiken und Vorteile beider Finanzierungsarten auszugleichen.

Einbeziehung von Stakeholdern bei feindlichen Übernahmen

Feindliche Übernahmen berühren nicht nur die unmittelbar beteiligten Unternehmen, sondern wirken sich auch auf eine Vielzahl von Stakeholdern aus. Die Identifikation und Einbeziehung dieser Stakeholder ist entscheidend, um auf mögliche Rückwirkungen und die Bedenken der Beteiligten einzugehen:

  • Aktionäre: Die Aktionäre des Zielunternehmens müssen entscheiden, ob sie das Angebot annehmen oder ablehnen. Kommunikation und Transparenz spielen eine wichtige Rolle bei der Zustimmung oder Ablehnung einer feindlichen Übernahme.
  • Mitarbeiter: Die Mitarbeiter des Zielunternehmens können Unsicherheit und Arbeitsplatzverluste befürchten. Angemessene Kommunikation und fairer Umgang mit Mitarbeiterinteressen sind von großer Bedeutung.
  • Kunden: Kunden von Übernahmekandidaten könnten besorgt sein, ob sich Produktqualität, Preise oder die allgemeine Geschäftsentwicklung durch die feindliche Übernahme verändert.
  • Lieferanten: Veränderungen bei den Geschäftspraktiken, der Zahlungsmoral oder den Lieferbedingungen können Lieferanten vor Herausforderungen stellen und entsprechende Verhandlungen und Gespräche erfordern.
  • Regulierungsbehörden: Die Zusammenarbeit mit Regulierungsbehörden und die Einhaltung aller rechtlichen Anforderungen sind von entscheidender Bedeutung, um rechtliche Sanktionen zu vermeiden.

Post-Merger-Integration (PMI) nach feindlichen Übernahmen

Nach dem erfolgreichen Abschluss einer feindlichen Übernahme besteht eine Hauptaufgabe darin, die Integration des Zielunternehmens in den erwerbenden Konzern erfolgreich zu gestalten. Hier sind einige Schritte zu erläutern, die wesentlich für eine gelungene Post-Merger-Integration (PMI) sind:

  • Entwicklung einer gemeinsamen Vision und Strategie für das kombinierte Unternehmen
  • Festlegung von Integrationszielen in den Bereichen Finanzen, Personal, Technologie und Geschäftsprozesse
  • Einrichtung eines Integrationsteams, bestehend aus Vertretern beider Unternehmen, um die Integration zu koordinieren und den Erfolg sicherzustellen
  • Kommunikation von Entscheidungen und Veränderungen an alle betroffenen Stakeholder
  • Bewältigung von Kulturunterschieden und Schaffung einer einheitlichen Unternehmenskultur

Best Practices für feindliche Übernahmen

Um eine feindliche Übernahme erfolgreich durchzuführen oder abzuwehren, können Unternehmen auf bewährte Vorgehensweisen zurückgreifen, die sich im Laufe der Zeit in der Praxis bewährt haben:

  • Gründliche Recherche auf beiden Seiten zur Bewertung des Zielunternehmens und der damit verbundenen Risiken und Potenziale
  • Verständigung zwischen den Entscheidungsträgern auf beiden Seiten, um eine klare Strategie und Ziele für den Übernahmeprozess festzulegen
  • Effektive Kommunikation mit den beteiligten Stakeholdern, um Transparenz und Vertrauen zu schaffen
  • Vorbereitung und Umsetzung von Abwehrstrategien für das Zielunternehmen, falls dies erforderlich ist
  • Integration von Anwälten, Finanzexperten und anderen Fachleuten in den Prozess, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen und finanziellen Aspekte angemessen behandelt werden
  • Anpassungsfähigkeit und Flexibilität, um auf Veränderungen und unerwartete Herausforderungen während des Prozesses reagieren zu können

Ethische Aspekte feindlicher Übernahmen

Feindliche Übernahmen werfen auch ethische Fragen auf, die sowohl für Akteure als auch für Beobachter von Bedeutung sind:

Interessenkonflikte: Personelle oder finanzielle Verflechtungen können die Entscheidungsfindung in feindlichen Übernahmen beeinflussen und zu unlauteren Ergebnissen führen.

Auswirkungen auf die Mitarbeiter: Massenentlassungen, Veränderungen in der Unternehmenskultur und Unsicherheit können großes Leid unter den Beschäftigten verursachen.

Längerfristige Auswirkungen: Feindliche Übernahmen können zu kurzfristigen Gewinnen führen, haben aber möglicherweise negative Auswirkungen auf die langfristige Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Nachhaltigkeit der beteiligten Unternehmen.

Internationale Aspekte feindlicher Übernahmen

Feindliche Übernahmen zwischen Unternehmen aus verschiedenen Ländern werfen zusätzliche rechtliche und praktische Herausforderungen auf:

  • Einhaltung mehrerer Rechtssysteme und Regulierungsbehörden: Internationale Übernahmen erfordern oft die Beachtung der Rechtsvorschriften der einzelnen beteiligten Länder und die Zusammenarbeit mit mehreren Regulierungsbehörden.
  • Wechselkursrisiken: Währungsschwankungen können die finanzielle Bewertung und den endgültigen Kaufpreis der Zielunternehmen beeinflussen.
  • Kulturelle Unterschiede: Unterschiede in Kultur, Sprache und Geschäftspraktiken können bei internationalen Übernahmen eine besondere Herausforderung darstellen und eine gelungene Integration erschweren.

Aktuelle Gerichtsurteile

Neuere Gerichtsentscheidungen zeigen die verschiedenen Aspekte der rechtlichen Herausforderungen und Abwehrmaßnahmen im Zusammenhang mit feindlichen Übernahmen:

The Kraft Heinz Company gegen Unilever PLC (2017)

Kraft Heinz hat 2017 einen feindlichen Übernahmeversuch von Unilever unternommen. Unilever wehrte sich erfolgreich und der Fall zeigt die Bedeutung von gut vorbereiteten Abwehrstrategien und der Mobilisierung von Aktionären zur Unterstützung der Unternehmensführung.

Qualcomm gegen Broadcom (2018)

Broadcoms feindlicher Übernahmeversuch von Qualcomm wurde vom US-Präsidenten Donald Trump aus Gründen der nationalen Sicherheit untersagt. Der Fall zeigt, dass politische Faktoren und Einschränkungen zu einer wesentlichen Barriere für feindliche Übernahmen werden können.

Häufige Fragen (FAQ)

F: Werden feindliche Übernahmen immer für schlechte Geschäftsergebnisse gehalten?

A: Nein. In einigen Fällen können feindliche Übernahmen dazu beitragen, ineffiziente oder unprofitable Unternehmen zu restrukturieren oder Synergien mit dem erwerbenden Unternehmen zu schaffen. Es hängt von den spezifischen Umständen und Motiven jeder Übernahme ab.

F: Kann eine feindliche Übernahme auch Vorteile für das Zielunternehmen haben?

A: Ja. Eine feindliche Übernahme kann zu höheren Aktienkursen, besserer Unternehmensführung und einer stärkeren Marktposition führen, wenn das übernehmende Unternehmen die richtigen Schritte unternimmt.

F: Kann man gegen eine feindliche Übernahme klagen?

A: Unternehmen können Klagen einreichen, wenn sie glauben, dass rechtliche Verstöße im Zuge einer feindlichen Übernahme stattgefunden haben. Dies kann den Prozess der Übernahme verlangsamen oder sogar stoppen.

Feindliche Übernahme – eigenen Rechte verstehen

Feindliche Übernahmen stellen eine komplexe und rechtlich anspruchsvolle Herausforderung für betroffene Unternehmen dar. Das Verständnis der rechtlichen Risiken und Abwehrstrategien ist entscheidend für sowohl Angreifer als auch Zielunternehmen. Unternehmen sollten sich frühzeitig mit erfahrenen Rechtsberatern zusammenschließen, um ihre Pflichten, Rechte und Möglichkeiten im Zusammenhang mit feindlichen Übernahmen zu verstehen und fundierte Entscheidungen für das Wohl aller Beteiligten zu treffen.

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