Verträge sind ein grundlegender Bestandteil des Rechtssystems und des täglichen Lebens. Sie regeln die Beziehungen zwischen Unternehmen, Individuen und staatlichen Einrichtungen. Dabei ist es wichtig zu wissen, welche Verträge rechtskräftig sind und welche nicht. In diesem Blogbeitrag möchten wir Ihnen einen umfassenden Einblick in das Thema Geschäftsfähigkeit im Zivilrecht geben, die eine entscheidende Rolle bei der Gültigkeit von Verträgen spielt. Wir werden auf die verschiedenen Aspekte der Geschäftsfähigkeit eingehen, wie sie in Gesetzen und Gerichtsurteilen behandelt wird, und FAQs zu diesem Thema beantworten.

Was ist Geschäftsfähigkeit?

Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit einer Person, rechtswirksam Verträge abzuschließen und Verpflichtungen einzugehen. Sie ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt und stellt sicher, dass Verträge nur zwischen Personen geschlossen werden können, die in der Lage sind, ihre Rechte und Pflichten zu verstehen und die Tragweite ihrer Entscheidungen zu erfassen.

Arten der Geschäftsfähigkeit

Im deutschen Recht gibt es grundsätzlich drei Arten der Geschäftsfähigkeit:

  • Voll geschäftsfähig: Personen ab 18 Jahren, die uneingeschränkt Verträge abschließen und rechtswirksam handeln können.
  • Beschränkt geschäftsfähig: Personen zwischen 7 und 18 Jahren, die nur eingeschränkt Verträge abschließen können und deren Handlungen rechtswirksam sind, wenn sie lediglich rechtliche Vorteile bringen oder wenn sie einen rechtlichen Nachteil mit sich bringen, der durch eine rechtliche Handlung vollzogen wurde.
  • Geschäftsunfähig: Personen unter 7 Jahren, Personen mit dauerhafter geistiger Störung und Personen, die sich in einem vorübergehenden Zustand der Bewusstlosigkeit oder Störung der Geistestätigkeit befinden, sodass sie die Bedeutung ihrer Handlungen nicht erkennen können. Diese Personen können keine Verträge abschließen und ihre Handlungen sind rechtlich unwirksam.

Alter und Geschäftsfähigkeit

Das Alter einer Person ist ein wichtiger Faktor, der die Geschäftsfähigkeit beeinflusst. Im BGB sind die verschiedenen Altersstufen und ihre Auswirkungen auf die Geschäftsfähigkeit wie folgt geregelt:

  • § 104 BGB: Geschäftsunfähigkeit von Personen unter 7 Jahren.
  • § 105 BGB: Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, die von geschäftsunfähigen Personen vorgenommen werden.
  • § 110 BGB: Der rechtliche Rahmen für „Taschengeldparagraph“, der beschränkt geschäftsfähigen Personen erlaubt, rechtswirksame Geschäfte abzuschließen, wenn sie lediglich rechtliche Vorteile bringen.
  • § 111 BGB: Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte von beschränkt geschäftsfähigen Personen.
  • § 104 BGB: Volljährigkeit als Voraussetzung für die volle Geschäftsfähigkeit.

Geistige Zustände und Geschäftsfähigkeit

Geistige Zustände, die die Fähigkeit einer Person beeinträchtigen, die Bedeutung ihrer Handlungen zu erkennen oder ihre vertraglichen Verpflichtungen zu verstehen, können ebenfalls die Geschäftsfähigkeit beeinflussen. Dazu gehören beispielsweise:

  • Dauerhafte geistige Störungen: Eine Person, die aufgrund einer dauerhaften geistigen Störung nicht in der Lage ist, die Bedeutung ihrer Handlungen zu erkennen oder ihre Verpflichtungen zu verstehen, ist gemäß § 104 BGB geschäftsunfähig.
  • Vorübergehende Zustände der Bewusstlosigkeit oder Störung der Geistestätigkeit: Eine Person, die sich in einem solchen Zustand befindet, ist ebenfalls gemäß § 104 BGB geschäftsunfähig.
  • Suchterkrankungen: Eine Person, die aufgrund einer Suchterkrankung ihre Handlungen und Entscheidungen nicht mehr kontrollieren kann, kann ebenfalls als geschäftsunfähig eingestuft werden.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Geschäftsfähigkeit

Im Laufe der Jahre gab es zahlreiche Gerichtsurteile, die die Geschäftsfähigkeit betreffen. Einige der wichtigsten und interessantesten Urteile sind:

  • Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 17.07.2019, Az. XII ZR 109/18: In diesem Urteil entschied der BGH, dass eine Person, die aufgrund einer psychischen Erkrankung ihre Handlungen und Entscheidungen nicht mehr kontrollieren kann, als geschäftsunfähig eingestuft werden kann.
  • Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 09.05.2018, Az. 7 U 2107/18: Das OLG entschied, dass ein Minderjähriger, der ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis eingeht, ohne dass seine Eltern zustimmen, beschränkt geschäftsfähig ist und das Rechtsgeschäft nur wirksam ist, wenn es lediglich rechtliche Vorteile bringt oder wenn die Eltern nachträglich zustimmen.
  • BGH, Urteil vom 14.03.2017, Az. X ZR 71/15: Der BGH entschied, dass eine Person, die aufgrund einer vorübergehenden Bewusstlosigkeit oder Störung der Geistestätigkeit handelt, als geschäftsunfähig eingestuft werden kann, wenn sie die Bedeutung ihrer Handlungen nicht erkennen kann.

FAQs zur Geschäftsfähigkeit

In diesem Abschnitt beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zur Geschäftsfähigkeit und der Gültigkeit von Verträgen.

Kann ein Minderjähriger einen Vertrag abschließen?

Ein Minderjähriger (zwischen 7 und 18 Jahren) ist beschränkt geschäftsfähig und kann Verträge abschließen, wenn diese lediglich rechtliche Vorteile bringen (§ 110 BGB) oder wenn ein rechtlicher Nachteil durch eine rechtliche Handlung vollzogen wurde. In anderen Fällen bedarf es der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter (z. B. Eltern) für die Gültigkeit des Vertrags (§ 111 BGB).

Wie kann die Geschäftsfähigkeit einer Person festgestellt werden?

Die Geschäftsfähigkeit einer Person kann anhand ihres Alters und geistigen Zustands festgestellt werden. Im Zweifelsfall kann ein gerichtliches Verfahren eingeleitet werden, um die Geschäftsfähigkeit zu klären, oder ein Sachverständiger kann beauftragt werden, um eine Beurteilung abzugeben.

Welche Rechtsfolgen hat die Geschäftsunfähigkeit?

Rechtsgeschäfte, die von geschäftsunfähigen Personen vorgenommen werden, sind gemäß § 105 BGB nichtig. Das bedeutet, dass sie keine rechtlichen Wirkungen entfalten und die beteiligten Parteien nicht an den Vertrag gebunden sind.

Kann eine geschäftsunfähige Person einen Vertrag nachträglich genehmigen?

Nein, eine geschäftsunfähige Person kann einen von ihr abgeschlossenen Vertrag nicht nachträglich genehmigen. Nur bei beschränkt geschäftsfähigen Personen ist eine nachträgliche Genehmigung durch die gesetzlichen Vertreter möglich (§ 111 BGB).

Was passiert, wenn ein Vertrag mit einer geschäftsunfähigen Person abgeschlossen wird?

Ein Vertrag, der mit einer geschäftsunfähigen Person abgeschlossen wird, ist nichtig und entfaltet keine rechtlichen Wirkungen. Die beteiligten Parteien sind nicht an den Vertrag gebunden und können ihre Leistungen zurückfordern, wenn sie bereits erbracht wurden.

Schlussgedanken

Die Geschäftsfähigkeit ist ein wichtiger Aspekt des Vertragsrechts, der sicherstellt, dass Verträge nur zwischen Personen geschlossen werden, die in der Lage sind, ihre Rechte und Pflichten zu verstehen und die Tragweite ihrer Entscheidungen zu erfassen. Es ist wichtig, die verschiedenen Faktoren, die die Geschäftsfähigkeit beeinflussen, zu verstehen und im Auge zu behalten, um die Gültigkeit von Verträgen sicherzustellen und Ihre Rechte zu schützen.

Wenn Sie Fragen zur Geschäftsfähigkeit oder anderen rechtlichen Themen haben, ist es ratsam, sich an einen erfahrenen Rechtsanwalt zu wenden, der Ihnen helfen kann, Ihre Rechte und Pflichten zu verstehen und Sie bei der Lösung rechtlicher Probleme zu unterstützen.

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