Die Kanzleiabwicklung ist eine komplexe, zeitintensive und arbeitsaufwändige Angelegenheit. Egal, ob eine Anwaltskanzlei aus Altersgründen, gesundheitlichen Problemen oder einfach aufgrund einer beruflichen Neuorientierung aufgelöst wird, die Beteiligten müssen einer Vielzahl von rechtlichen Vorschriften und Verpflichtungen nachkommen. Ein Kanzleiabwickler wird als Fachmann eingesetzt, um diesen Prozess für die betroffenen Rechtsanwälte effektiv und effizient zu bewältigen.

Unsere Kanzlei verfügt über langjährige Erfahrung und Fachkenntnisse im Bereich der Kanzleiabwicklung und bietet umfassende Unterstützung in allen Fragen rund um dieses Thema. In diesem Beitrag erläutern wir die Rolle des Kanzleiabwicklers, die rechtlichen Grundlagen der Kanzleiabwicklung und beantworten häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Thema. Wenn Sie planen, Ihre Kanzlei aufzulösen oder einen Kollegen dabei zu unterstützen, sind wir Ihre kompetenten Ansprechpartner.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Grundlagen der Kanzleiabwicklung

Die rechtlichen Grundlagen der Kanzleiabwicklung sind überwiegend im Berufsrecht für Rechtsanwälte festgelegt. Hierzu zählen insbesondere:

Die relevanten Bestimmungen im Berufsrecht beziehen sich vor allem auf die Pflichten des Rechtsanwalts bei einer Kanzleiabwicklung und die Wahrnehmung der Interessen der Mandanten. Im Fall einer Kanzleiabwicklung sind insbesondere die §§ 14 und 49b BRAO und § 29 BORA von Bedeutung:

  • § 14 BRAO: Diese Vorschrift regelt die Pflicht des Rechtsanwalts zur unverzüglichen Mitteilung der Kanzleiabwicklung der zuständigen Rechtsanwaltskammer. Die Kammer hat die Möglichkeit, einen Kanzleiabwickler zu bestellen, falls der Rechtsanwalt diese Pflicht verletzt oder wenn die Umstände dies erfordern.
  • § 49b BRAO: Diese Vorschrift regelt die Rechtsstellung des Kanzleiabwicklers und seine wichtigsten Pflichten. Der Kanzleiabwickler übernimmt die Verantwortung für die Fortführung der beruflichen Tätigkeit und ist verpflichtet, die Interessen der Mandanten zu wahren.
  • § 29 BORA: Diese Vorschrift definiert die Pflichten des Rechtsanwalts bei der Kanzleiabwicklung, insbesondere die Informations- und Dokumentationspflichten gegenüber den Mandanten und der Rechtsanwaltskammer.

Die Rolle des Kanzleiabwicklers

Ein Kanzleiabwickler ist ein Rechtsanwalt, der die Verantwortung für die ordnungsgemäße Abwicklung einer Rechtsanwaltskanzlei übernimmt. Seine Hauptaufgabe besteht darin, die Interessen der Mandanten zu wahren, die berufliche Tätigkeit des Rechtsanwalts fortzuführen und die Kanzlei gemäß den rechtlichen Vorgaben abzuwickeln.

Die Rolle des Kanzleiabwicklers umfasst insbesondere die folgenden Aufgaben:

  • Prüfung der bestehenden Mandate und Entscheidung, ob diese fortgeführt oder beendet werden sollen
  • Übernahme und Fortsetzung der Mandate, für die der Rechtsanwalt weiterhin tätig sein kann und soll
  • Benachrichtigung der Mandanten über die Kanzleiabwicklung und ggf. Rückgabe von Unterlagen
  • Überwachung der Einhaltung verfahrensrechtlicher Fristen
  • Abwicklung und Abrechnung offener Forderungen
  • Kündigung von laufenden Verträgen (z.B. Mietverträge, Versicherungen)
  • Führung der Kanzleibuchhaltung für den Zeitraum der Abwicklung
  • Übermittlung von Unterlagen und Informationen an die zuständige Rechtsanwaltskammer

Voraussetzungen und Qualifikationen des Kanzleiabwicklers

Ein Kanzleiabwickler muss grundsätzlich die gleichen beruflichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllen wie jeder andere Rechtsanwalt:

  • Volljurist mit beiden juristischen Staatsprüfungen
  • Zulassung zur Rechtsanwaltschaft durch die zuständige Rechtsanwaltskammer
  • Zuverlässigkeit und persönliche Integrität
  • Fachliche Kompetenz und Fortbildungen

Es gibt jedoch keine gesonderten Qualifikationsvoraussetzungen für Kanzleiabwickler. Während einige Rechtsanwälte eine Spezialisierung im Bereich der Kanzleiabwicklung anstreben und entsprechende Fortbildungen absolvieren, können grundsätzlich alle Rechtsanwälte diese Funktion übernehmen, sofern sie eine entsprechende Expertise aufweisen. Im Falle einer gerichtlich angeordneten Kanzleiabwicklung wird in der Regel ein Rechtsanwalt ausgewählt, der über entsprechende Erfahrung und Fachkenntnisse verfügt.

Haftung des Kanzleiabwicklers

Ein Kanzleiabwickler unterliegt grundsätzlich der gleichen beruflichen Haftung wie jeder andere Rechtsanwalt. Gemäß § 49b Abs. 5 BRAO haftet ein Kanzleiabwickler den Mandanten und Dritten gegenüber persönlich für die Schäden, die aus seiner Tätigkeit während der Kanzleiabwicklung entstanden sind. Diese Haftung erstreckt sich auch auf Schäden, die durch seine Mitarbeiter oder beauftragte Dritte verursacht wurden. Eine Haftung des Rechtsanwalts, dessen Kanzlei abgewickelt wird, ist auf den Zeitraum bis zur Bestellung des Kanzleiabwicklers begrenzt.

Es ist wichtig, dass der Kanzleiabwickler eine angemessene Berufshaftpflichtversicherung abschließt, die seine Tätigkeit während der Kanzleiabwicklung abdeckt. Die Mindestversicherungssumme beträgt gemäß § 51 BRAO derzeit 250.000 Euro pro Schadensfall und 1 Million Euro für alle Schäden eines Versicherungsjahres.

Datenschutz in der Kanzleiabwicklung

Während der Kanzleiabwicklung müssen die rechtlichen Vorgaben des Datenschutzrecht, insbesondere die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), beachtet werden. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein zentraler Aspekt der anwaltlichen Tätigkeit, und eine Kanzleiabwicklung ist keine Ausnahme.

Als Kanzleiabwickler ist man dafür verantwortlich, den Datenschutz der betroffenen Mandanten zu wahren und sicherzustellen, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften steht:

  • Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung: Der Kanzleiabwickler darf personenbezogene Daten nur verarbeiten, wenn er eine Rechtsgrundlage gemäß Art. 6 DSGVO hat. In der Regel handelt es sich dabei um die Wahrung berechtigter Interessen oder die Erfüllung eines Vertrags.
  • Datensparsamkeit und Zweckbindung: Der Kanzleiabwickler muss sicherstellen, dass nur die für die Abwicklung erforderlichen Daten verarbeitet werden und diese zweckgebunden verwendet werden. Die Daten dürfen nicht für andere Zwecke verarbeitet werden.
  • Datenübermittlung: Bei der Übermittlung von Daten an Dritte (z.B. neue Anwälte, Dienstleister) muss der Kanzleiabwickler die Vorgaben der DSGVO beachten, insbesondere die Informationspflichten Art. 13 und 14 DSGVO gegenüber den betroffenen Personen.
  • Datensicherheit: Der Kanzleiabwickler ist verpflichtet, die angemessenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der personenbezogenen Daten zu treffen. Dies kann die Verwendung verschlüsselter Kommunikationsmittel oder die Sicherung der IT-Systeme umfassen.
  • Löschung von Daten: Nach der Beendigung der Kanzleiabwicklung und der Erfüllung aller gesetzlichen Aufbewahrungspflichten müssen personenbezogene Daten gelöscht oder anonymisiert werden, sofern keine weiteren Nutzungszwecke bestehen.

Bei der Kanzleiabwicklung sollte auch geprüft werden, ob ggf. eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) nach Art. 35 DSGVO erforderlich ist, allerdings liegt dies nur bei einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit von Datenschutzrisiken vor.

Kosten der Kanzleiabwicklung

Die Kosten einer Kanzleiabwicklung hängen von verschiedenen Faktoren ab, etwa dem Umfang der abzuwickelnden Kanzlei, der Dauer der Abwicklung und der Vergütung des Kanzleiabwicklers. Nachfolgend sind einige der Hauptkostenpunkte aufgeführt:

  • Vergütung des Kanzleiabwicklers: Die Vergütung des Kanzleiabwicklers ist Verhandlungssache und kann auf Stundenbasis, als Festbetrag oder als Kombination aus beidem vereinbart werden. Die Höhe des Honorars hängt vom Umfang der Tätigkeit und den individuellen Umständen ab.
  • Gerichts- und Notarkosten: Im Rahmen der Kanzleiabwicklung können Kosten für die Eintragung ins Handelsregister, die Beglaubigung von Unterlagen oder die Hinterlegung von Akten anfallen.
  • Außergerichtliche Kosten: Hierzu zählen beispielsweise die Kosten für Fachgutachter, Steuerberater oder sonstige Dritte, die im Rahmen der Kanzleiabwicklung hinzugezogen werden.
  • Kosten für Personal: Im Falle einer längeren Kanzleiabwicklung kann es erforderlich sein, Personal wie Kanzleiangestellte oder freie Mitarbeiter einzusetzen, um die Fortführung der Kanzlei sicherzustellen.

Die genauen Kosten der Kanzleiabwicklung können im Einzelfall stark variieren und sollten im Rahmen einer individuellen Beratung ermittelt werden.

Häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Kanzleiabwickler

Lassen Sie uns Ihnen mit den häufigsten Fragen und ihren Antworten weiterhelfen.

Welche Fälle führen zur Notwendigkeit einer Kanzleiabwicklung?

Die Gründe für eine Kanzleiabwicklung können vielfältig sein, beispielsweise:

  • Ruhestand des Rechtsanwalts
  • Tod des Rechtsanwalts
  • Gesundheitliche Gründe, die eine Fortführung der Tätigkeit ausschließen
  • Prüfungs- oder Berufsunfähigkeitsversicherung
  • Berufliche Neuorientierung
  • Zusammenschluss von Kanzleien

Was passiert, wenn ein Rechtsanwalt die Kanzleiabwicklung nicht ordnungsgemäß durchführt?

Wenn ein Rechtsanwalt die Pflichten im Zusammenhang mit der Kanzleiabwicklung verletzt, kann dies zu berufsrechtlichen Sanktionen führen, beispielsweise einem berufsgerichtlichen Verfahren oder der Bestellung eines Kanzleiabwicklers durch die Rechtsanwaltskammer, §§ 14, 49b BRAO. Zudem können Schadensersatzansprüche von Mandanten oder Dritten entstehen, wenn ihnen durch die Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist.

Kann ein Kanzleiabwickler auch notarielle Aufgaben übernehmen?

Ein Kanzleiabwickler kann grundsätzlich auch die Aufgaben eines Notars im Rahmen der Kanzleiabwicklung übernehmen, sofern er selbst zum Notar bestellt ist. Die notarielle Tätigkeit unterliegt jedoch speziellen gesetzlichen Vorgaben und beruflichen Pflichten, wie z.B. dem Beurkundungsgesetz (BeurkG) und der Bundesnotarordnung (BNotO), die von dem Kanzleiabwickler zu beachten sind.

Muss ein Kanzleiabwickler aus der gleichen Rechtsanwaltskammer kommen wie der zu vertretende Anwalt?

Grundsätzlich gibt es keine Vorschriften, die vorschreiben, dass ein Kanzleiabwickler aus der gleichen Rechtsanwaltskammer wie der zu vertretende Anwalt kommen muss. Allerdings kann es von Vorteil sein, einen Kanzleiabwickler aus derselben Kammer einzusetzen, da dieser mit den örtlichen Gegebenheiten und der Rechtsprechung vertraut ist und möglicherweise einen besseren Zugang zu den zuständigen Behörden hat.

Was passiert mit den Akten und Dokumenten nach der Kanzleiabwicklung?

Nach der Beendigung der Kanzleiabwicklung und der Erfüllung aller gesetzlichen Aufbewahrungspflichten müssen die Akten und Dokumente ordnungsgemäß verwahrt oder vernichtet werden. Der Kanzleiabwickler ist in der Regel für die ordnungsgemäße Archivierung und Vernichtung der Akten verantwortlich. Dabei sind sowohl die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten als auch die datenschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten. In einigen Fällen können die Akten auch an die Rechtsanwaltskammer übergeben werden.

Kann ein Rechtsanwalt auch selbst als Kanzleiabwickler tätig werden?

Grundsätzlich kann ein Rechtsanwalt auch selbst als Kanzleiabwickler tätig werden, sofern er die notwendige Expertise und Erfahrung auf diesem Gebiet aufweist. Allerdings ist zu bedenken, dass die Kanzleiabwicklung eine zeitintensive und arbeitsaufwändige Tätigkeit ist, die neben der regulären anwaltlichen Tätigkeit schwer zu bewältigen sein kann. Daher ist es in vielen Fällen ratsam, einen externen Kanzleiabwickler zu beauftragen, der sich vollständig auf die Abwicklung konzentrieren kann und nicht durch andere Aufgaben belastet ist.

Inwieweit sind bei der Kanzleiabwicklung die Interessen der Partnerschaften im Anwaltsberuf zu berücksichtigen?

Bei der Kanzleiabwicklung sind auch die Interessen von Partnerschaftsgesellschaften von Anwälten, etwa in Form von Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) zu berücksichtigen. Der Kanzleiabwickler muss möglicherweise auch die Interessen der Partner und Gesellschafter im Blick haben, etwa was die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, die Abwicklung von gemeinsamen Mandaten oder die Kündigung von gemeinsamen Verträgen betrifft. Zudem kann die Haftungsverteilung innerhalb der Partnerschaft oder Gesellschaft relevant sein und bei der Kanzleiabwicklung Berücksichtigung finden.

Wie werden die Mandanten über die Kanzleiabwicklung informiert?

Die Mandanten müssen gemäß § 29 BORA unverzüglich über die Kanzleiabwicklung informiert werden. Die Informationspflicht umfasst insbesondere die Mitteilung über die Beendigung des Mandats, die Rückgabe oder Herausgabe von Unterlagen und Informationen sowie gegebenenfalls die Empfehlung, einen neuen Anwalt zu beauftragen. Die Information der Mandanten sollte schriftlich erfolgen, um den Informationsfluss und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar zu dokumentieren.

Fazit zum Kanzleiabwickler

Die Kanzleiabwicklung ist ein komplexer Prozess, der eine Vielzahl von rechtlichen und organisatorischen Anforderungen mit sich bringt. Ein Kanzleiabwickler spielt dabei eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben und der Gewährleistung der Interessen der Mandanten.

Unsere Kanzlei verfügt über langjährige Erfahrung und Expertise im Bereich der Kanzleiabwicklung. Wenn Sie planen, Ihre Kanzlei abzuwickeln oder benötigen Unterstützung bei der Kanzleiabwicklung eines Kollegen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir stehen Ihnen jederzeit für eine individuelle Beratung zur Verfügung.

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Rechtsanwalt Arthur Wilms - Kanzlei Herfurtner

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