Als Reaktion auf wirtschaftliche Schwankungen und Herausforderungen wie die Corona-Pandemie wählen Unternehmen häufig das Instrument der Kurzarbeit, um finanzielle Belastungen abzufedern und Arbeitsplätze zu sichern. Dabei haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen Fragen und Unsicherheiten bezüglich rechtlicher Bestimmungen und Auswirkungen dieser Maßnahme. Die Informationen sind in folgende Abschnitte gegliedert:

  1. Definition von Kurzarbeit
  2. Rechtliche Grundlagen der Kurzarbeit
  3. Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld: Voraussetzungen
  4. Ansprüche und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bei Kurzarbeit
  5. Kurzarbeit und Sonderregelungen während der Corona-Krise
  6. Auswirkungen von Kurzarbeit auf Entgelt, Urlaub und weitere Rechte
  7. Aktuelle Gerichtsurteile und Entwicklungen rund um Kurzarbeit
  8. FAQs zur Kurzarbeit
  9. Fazit

Definition von Kurzarbeit

Kurzarbeit ist eine vorübergehende Verringerung der betriebsüblichen Arbeitszeit, um auf wirtschaftliche Schwierigkeiten oder Arbeitsausfälle zu reagieren. Sie dient dazu, Arbeitsplätze und die Fortführung des Betriebs zu sichern, in dem sie die Personalkosten reduziert. Es gibt verschiedene Arten der Kurzarbeit, etwa die Kurzarbeit Null, bei der die Arbeitszeit komplett ausfällt, oder partielle Kurzarbeit. Arbeitnehmer erhalten während der Kurzarbeit ein sogenanntes Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit als Teil ihres regulären Arbeitsentgelts.

Rechtliche Grundlagen der Kurzarbeit

Die rechtlichen Grundlagen der Kurzarbeit finden sich im Arbeitsrecht und Sozialrecht. Im Folgenden sind die wichtigsten Gesetzesgrundlagen und deren Bedeutung aufgelistet:

  • § 95 Sozialgesetzbuch III (SGB III): Definition der vorübergehenden Arbeitsausfälle, die zur Kurzarbeit führen können (bspw. wirtschaftliche Gründe oder unabwendbare Ereignisse).
  • § 96 SGB III: Regelung des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer, die von vorübergehenden Arbeitsausfällen betroffen sind.
  • § 97 SGB III: Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld.
  • Arbeitsrechtliche Regelungen: Die Einführung von Kurzarbeit muss in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag geregelt sein. Einseitige Anordnungen des Arbeitgebers sind nur in Ausnahmefällen oder unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld: Voraussetzungen

Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben grundsätzlich gemeinsam das Ziel, durch Kurzarbeit befristete Arbeitsausfälle abzufedern und Arbeitsplätze zu erhalten. Um Kurzarbeitergeld zu erhalten, müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

Erheblicher Arbeitsausfall: Mindestens 10 Prozent der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer müssten ohne Kurzarbeit einen Entgeltausfall von mindestens 10 Prozent erleiden.

Vorübergehender Arbeitsausfall: Der Arbeitsausfall muss vorübergehend sein und auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruhen.

Unvermeidbarkeit: Der Arbeitsausfall darf nicht vermeidbar sein und muss trotz Ausschöpfung von Zeitguthaben und Gewährung von Urlaub eintreten.

Rechtliche Grundlage im Arbeitsverhältnis: Wie bereits erwähnt, muss die Einführung von Kurzarbeit im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag geregelt sein.

Anzeige des Arbeitsausfalls: Der Arbeitgeber muss den Arbeitsausfall der zuständigen Agentur für Arbeit anzeigen und die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld darlegen.

Ansprüche und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bei Kurzarbeit

Während der Kurzarbeit ergeben sich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestimmte Ansprüche und Pflichten, die im Folgenden aufgeschlüsselt werden.

Ansprüche und Pflichten der Arbeitnehmer

  • Entgelt: Arbeitnehmer haben Anspruch auf das Kurzarbeitergeld, das 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz bzw. 67 Prozent für Arbeitnehmer mit Kind(ern) ausmacht.
  • Arbeitspflicht: Arbeitnehmer sind verpflichtet, die verringerte Arbeitszeit in vollem Umfang zu leisten.
  • Nebenbeschäftigung: Während der Kurzarbeit ist die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung grundsätzlich erlaubt, muss aber dem Arbeitgeber gemeldet werden. Der Arbeitgeber hat in Ausnahmefällen ein Widerspruchsrecht.
  • Urlaub: Während der Kurzarbeit entsteht weiterhin Urlaubsanspruch, allerdings nur anteilig zur tatsächlich geleisteten Arbeitszeit.
  • Fortbildung: Die Nutzung der freien Zeit für Fort- oder Weiterbildung kann sinnvoll sein und vom Arbeitgeber in bestimmten Fällen sogar gefördert werden, jedoch besteht keine generelle Pflicht hierzu.
  • Mitteilungspflichten: Veränderungen im Einkommen oder Familienstand während der Kurzarbeit, die Auswirkungen auf das Kurzarbeitergeld haben können, müssen unverzüglich dem Arbeitgeber und der Agentur für Arbeit mitgeteilt werden.

Ansprüche und Pflichten der Arbeitgeber

  • Anzeige des Arbeitsausfalls: Der Arbeitgeber muss den Arbeitsausfall bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzeigen und Begründungen für die Einführung von Kurzarbeit darlegen.
  • Auszahlung des Kurzarbeitergelds: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das Kurzarbeitergeld an die betroffenen Arbeitnehmer auszuzahlen und danach die Erstattung durch die Agentur für Arbeit zu beantragen.
  • Sorgfaltspflicht: Der Arbeitgeber hat die Pflicht, bei der Einführung von Kurzarbeit und der Berechnung des Kurzarbeitergelds sorgfältig vorzugehen und die korrekten Angaben an die Agentur für Arbeit zu übermitteln.
  • Informations- und Konsultationspflicht: Vor der Einführung von Kurzarbeit muss der Arbeitgeber den Betriebsrat bzw. die Arbeitnehmervertretung informieren und ggf. eine Betriebsvereinbarung abschließen.
  • Förderung von Weiterbildung: Der Arbeitgeber kann während der Kurzarbeit die Weiterbildung der Arbeitnehmer fördern und so ihre Qualifikationen erhalten oder verbessern.

Kurzarbeit und Sonderregelungen während der Corona-Krise

Die Corona-Pandemie hat zu besonderen Herausforderungen für Unternehmen und Arbeitnehmer geführt. Um wirtschaftliche Belastungen abzufedern und Arbeitsplätze zu sichern, wurden Sonderregelungen für die Kurzarbeit im Rahmen des sogenannten „Gesetzes zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für die Kurzarbeit“ (Kurzarbeitergeldverordnung – KugV) geschaffen.

Die wichtigsten Sonderregelungen umfassen:

  • Vereinfachung der Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld, etwa durch Reduzierung des erforderlichen Arbeitsausfalls auf mindestens 10 Prozent der Beschäftigten.
  • Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden zu 100 Prozent.
  • Ausweitung des Höchstbezugszeitraums für Kurzarbeitergeld auf 24 Monate.
  • Erlaubnis und Anreize zur Aufnahme von Nebenbeschäftigungen, insbesondere in systemrelevanten Branchen.
  • Möglichkeit der Einführung von Kurzarbeit für Leiharbeitnehmer.
  • Erhöhung des Kurzarbeitergeldes für längere Bezugszeiträume (ab dem 4. Monat 70 bzw. 77 Prozent, ab dem 7. Monat 80 bzw. 87 Prozent der Nettoentgeltdifferenz).

Die Sonderregelungen wurden im Laufe der Pandemie mehrfach verlängert und angepasst. Aktuelle Informationen zu den geltenden Regelungen finden Sie auf der Webseite der Bundesagentur für Arbeit.

Auswirkungen von Kurzarbeit auf Entgelt, Urlaub und weitere Rechte

Die Einführung von Kurzarbeit hat Auswirkungen auf verschiedene Aspekte des Arbeitsverhältnisses, wie zum Beispiel Entgelt, Urlaub und weitere Rechte der Arbeitnehmer.

Einige der wichtigsten Auswirkungen sind die folgenden:

Entgelt: Während der Kurzarbeit erhalten Arbeitnehmer ein reduziertes Entgelt in Form des Kurzarbeitergeldes.

Urlaubsanspruch: Der Urlaubsanspruch wird während der Kurzarbeit anteilig zur tatsächlich geleisteten Arbeitszeit berechnet.

Sozialversicherungen: Arbeitnehmer sind während der Kurzarbeit grundsätzlich weiterhin in der gesetzlichen Sozialversicherung (Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung) versichert. Die Beiträge werden auf Grundlage des Lohns vor der Kurzarbeit berechnet.

Nebenbeschäftigung: Während der Kurzarbeit ist die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung erlaubt, allerdings mit Meldepflicht gegenüber dem Arbeitgeber.

Kündigung: Die Einführung von Kurzarbeit hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf das Kündigungsrecht des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers. Allerdings ist eine betriebsbedingte Kündigung während der Kurzarbeit nach aktueller Rechtsprechung nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich.

Aktuelle Gerichtsurteile und Entwicklungen rund um Kurzarbeit

Im Rahmen der Kurzarbeit gibt es immer wieder neue Gerichtsentscheidungen und rechtliche Entwicklungen, die für Unternehmen und Arbeitnehmer von Bedeutung sind. Im Folgenden finden Sie eine Auswahl aktueller Urteile und Entwicklungen:

  • Bundesarbeitsgericht, 30.06.2021 – 5 AZR 422/20: Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass ein Arbeitnehmer für die Berechnung des Jahresurlaubs nur einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen hat, wenn die vereinbarte Arbeitszeit verschlechterungsneutral auf weniger als fünf Tage pro Woche reduziert wird (z. B. im Rahmen von Kurzarbeit).
  • Bundessozialgericht, 25.11.2020 – B 11 AL 5/19 R: Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass für die Berechnung des Kurzarbeitergeldes grundsätzlich das Arbeitsentgelt maßgeblich ist, das im Bezugsmonat der Kurzarbeit erzielt worden wäre, ohne dass es zur Arbeitszeitverkürzung gekommen wäre. Erfolgt die Berechnung anhand eines anderen Arbeitsentgelts, ist dies sozialrechtswidrig.
  • ArbG Siegburg, 25.11.2020 – 4 Ca 1240/20: Das Arbeitsgericht Siegburg hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der bei einer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche fünf Tage pro Woche arbeitet, während der Kurzarbeit grundsätzlich nur einen Anspruch auf anteiligen Urlaub hat.

FAQs zur Kurzarbeit

Im Folgenden beantworte ich einige häufig gestellte Fragen zum Thema Kurzarbeit:

Wie lange darf Kurzarbeit dauern?

Kurzarbeit ist grundsätzlich auf eine vorübergehende Dauer beschränkt. Das Kurzarbeitergeld kann aktuell für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten gezahlt werden.

Muss ich während der Kurzarbeit erreichbar sein?

Während der Kurzarbeit müssen Sie als Arbeitnehmer grundsätzlich nur in dem Umfang erreichbar sein, wie es die tatsächlich vereinbarte, reduzierte Arbeitszeit erfordert.

Was passiert, wenn ich während der Kurzarbeit krank werde?

Wenn Sie während der Kurzarbeit krank werden, haben Sie grundsätzlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die vereinbarte, reduzierte Arbeitszeit – sofern diese während der Krankheit anfallen würde – und einen Anspruch auf Krankengeld für die restlichen ausgefallenen Arbeitsstunden.

Kann ich während der Kurzarbeit gekündigt werden?

Grundsätzlich bleibt das Kündigungsrecht während der Kurzarbeit bestehen, sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Eine betriebsbedingte Kündigung während der Kurzarbeit ist jedoch nach aktueller Rechtsprechung nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich.

Muss ich während der Kurzarbeit Urlaubstage verbrauchen?

Der Arbeitgeber kann verlangen, dass Sie während der Kurzarbeit Ihren bereits geplanten Urlaub nehmen. Allerdings besteht kein genereller Zwang, den gesamten Urlaub während der Kurzarbeit zu verbrauchen.

Was passiert mit meinem Urlaubsanspruch, wenn ich während der Kurzarbeit ausscheide?

Beim Ausscheiden aus dem Unternehmen während der Kurzarbeit haben Sie Anspruch auf Abgeltung des noch nicht genommenen anteiligen Urlaubs, der sich auf Grundlage der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit während der Kurzarbeit errechnet.

Darf ich während der Kurzarbeit eine Nebentätigkeit aufnehmen?

Während der Kurzarbeit ist die Aufnahme einer Nebentätigkeit grundsätzlich erlaubt, allerdings unterliegt sie der Meldepflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber hat in bestimmten Fällen ein Widerspruchsrecht gegen die Nebentätigkeit.

Kann ich während der Kurzarbeit in Elternzeit gehen?

Die Inanspruchnahme von Elternzeit während der Kurzarbeit ist grundsätzlich möglich. Der Beginn der Elternzeit ist dem Arbeitgeber spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich anzuzeigen. Die Höhe des Elterngeldes kann jedoch durch die Kurzarbeit und das dadurch reduzierte Gehalt beeinflusst werden.

Kann ich während der Kurzarbeit einen Aufhebungsvertrag abschließen?

Ein Aufhebungsvertrag während der Kurzarbeit ist grundsätzlich zulässig und kann einvernehmlich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschlossen werden. Beachten Sie, dass ein Aufhebungsvertrag das Ende des Arbeitsverhältnisses regelt und Auswirkungen auf Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld haben kann.

Gibt es während der Kurzarbeit weiterhin Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen?

Während der Kurzarbeit erhalten Arbeitnehmer grundsätzlich nicht automatisch vermögenswirksame Leistungen, wenn diese an das Entgelt gekoppelt sind. Es kann jedoch sein, dass tarifvertragliche Regelungen, Betriebsvereinbarungen oder der Arbeitsvertrag solche Leistungen auch während der Kurzarbeit vorsehen.

Fazit

Die Kurzarbeit ist ein wichtiges Instrument in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, um Arbeitsplätze zu erhalten und Unternehmen bei der Bewältigung von Herausforderungen zu unterstützen. Es ist jedoch entscheidend zu wissen, welche Rechte, Ansprüche und Auswirkungen damit verbunden sind, um sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber eine faire und rechtssichere Umsetzung zu gewährleisten.

Die vorliegenden Informationen und Beispiele sollen als Leitfaden dienen und Sie bei Ihren Fragen rund um das Thema Kurzarbeit unterstützen. Bei individuellen Fragen und Anliegen empfiehlt es sich jedoch immer, eine rechtliche Beratung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht in Anspruch zu nehmen.

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