Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind gleichermaßen von Mobbing am Arbeitsplatz betroffen: Es beeinträchtigt das Arbeitsklima, die Produktivität und das Wohlbefinden der Mitarbeiter. In diesem umfangreichen Blog-Beitrag befasse ich mich als erfahrener Rechtsanwalt mit den juristischen Aspekten des Themas und erläutere, wie Mobbing am Arbeitsplatz erkannt, verhindert und bekämpft werden kann.

Dabei stütze ich mich auf Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und Beispiele aus der Praxis. Dieser Artikel soll Ihnen dabei helfen, ein besseres Verständnis für dieses wichtige arbeitsrechtliche Thema zu entwickeln und Ihnen Ansätze zur Lösung aufzeigen.

Definition des Begriffs „Mobbing“

Mobbing bezeichnet eine systematische, wiederholte und oft über einen längeren Zeitraum andauernde Diskriminierung, Schikane oder Ausgrenzung einer Person oder Gruppe von Personen durch andere Personen. Am Arbeitsplatz umfasst dies konkret Angriffe auf die Ehre, den Leumund, die Gesundheit, die Leistungsfähigkeit oder die soziale Stellung dieser Person bzw. Gruppe.

Zu den Mobbing-Handlungen zählen unter anderem:

  • Beleidigungen, üble Nachrede, Verleumdung
  • Ständiges Kritisieren und Herabsetzen von Leistungen
  • Ignorieren und Schweigen als Kommunikationsstrategie
  • Verbreiten von Gerüchten und Falschinformationen
  • Drohungen, Einschüchterungen oder Stalking
  • Zuweisung sinnloser oder unzumutbarer Arbeitsaufgaben
  • Vorenthalten von wichtigen Informationen oder Arbeitsmaterialien

Gesetzliche Verankerung des Mobbingschutzes

Mobbing ist in Deutschland nicht ausdrücklich als Straftatbestand im Straf- oder Arbeitsrecht verankert. Allerdings gibt es verschiedene gesetzliche Regelungen, die einem Mobbingschutz nahekommen und auf die sich Betroffene berufen können.

§ 75 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Dieser Paragraf verpflichtet Arbeitgeber und Arbeitnehmer dazu, im Betriebsverfassungsrecht die Grundrechte und das Gebot der Fürsorge zu achten

§ 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Hier ist der Grundsatz von Treu und Glauben festgelegt, der eine Schutz- und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer definiert

§ 3 Abs. 3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Der Mobbingakt sollte aufgrund eines der in diesem Paragrafen genannten Gründe (z.B. Herkunft, Geschlecht, Religion, etc.) erfolgen, um einen Anspruch aufgrund dieser Regelung geltend zu machen

Darüber hinaus können sich Betroffene auf das Persönlichkeitsrecht oder auf § 823 BGB (Schadensersatzansprüche) berufen, wenn sie Schäden durch Mobbing erlitten haben.

Erkennen von Mobbing am Arbeitsplatz

Um Mobbing am Arbeitsplatz frühzeitig zu erkennen, sollten sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber auf bestimmte Anzeichen achten:

  • Verändertes Verhalten von Kollegen oder Vorgesetzten, beispielsweise plötzliche Zurückhaltung oder offene Feindseligkeit
  • Verschlechterte Arbeitsatmosphäre, insbesondere in Bezug auf die Kommunikation
  • Auffallend häufige Krankheitsmeldungen oder Fluktuation
  • Ausgrenzung einzelner Mitarbeiter bei Entscheidungen, Gesprächen oder sozialen Aktivitäten
  • Mangelnde Loyalität oder Zusammenarbeit innerhalb eines Teams

Handlungsmöglichkeiten für Betroffene

Wenn Sie selbst Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz sind oder einem solchen Verdacht nachgehen möchten, stehen Ihnen verschiedene Handlungsoptionen zur Verfügung:

  1. Gespräche und Gegenwehr: Versuchen Sie zuerst, das Problem direkt mit den mobbenden Personen oder Ihrem Vorgesetzten anzusprechen. Dies erfordert oft Mut, kann aber manchmal schon ausreichen, um das Mobbing zu stoppen.
  2. Dokumentation: Halten Sie konkrete Vorfälle schriftlich fest, um eine möglichst lückenlose Darstellung der Mobbing-Handlungen zu gewährleisten. Diese Dokumentation kann Ihnen dabei helfen, Ihren Fall auch juristisch zu untermauern.
  3. Gespräche mit vertrauenswürdigen Kollegen oder der Personalabteilung: Suchen Sie das Gespräch mit neutralen Kollegen oder der Personalabteilung, um mehr Informationen zu erhalten und Unterstützung zu finden.
  4. Beratung durch einen Rechtsanwalt: Scheuen Sie sich nicht, professionelle juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein erfahrener Rechtsanwalt für Arbeitsrecht kann Ihre Situation analysieren und Ihnen mögliche rechtliche Schritte aufzeigen.
  5. Meldung an die zuständigen Behörden: In Extremfällen können Sie eine Strafanzeige wegen Verleumdung, übler Nachrede oder Körperverletzung erstatten.

Präventionsmöglichkeiten für Arbeitgeber

Arbeitgeber können ihrer Verantwortung gegenüber den Arbeitnehmern gerecht werden, indem sie präventive Maßnahmen ergreifen, um Mobbing am Arbeitsplatz von vornherein zu verhindern:

  • Erstellung von betrieblichen Regelungen, die ein respektvolles Miteinander und ein Konfliktmanagement gewährleisten
  • Etablierung einer offenen und transparenten Kommunikationskultur
  • Regelmäßige Fortbildungen und Sensibilisierung der Mitarbeiter für das Thema Mobbing
  • Angebote von Mediation und Supervision bei Konflikten
  • Unterstützung von vertrauenswürdigen internen oder externen Konfliktberatern

Aktuelle Gerichtsurteile und Beispiele zum Thema Mobbing

Zur Vertiefung des Verständnisses für die rechtlichen Aspekte von Mobbing am Arbeitsplatz möchte ich einige aktuelle Gerichtsurteile und relevante Beispiele nennen:

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 19.03.2020 – 17 Sa 46/19: In diesem Fall wurde der Arbeitgeber zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 25.000 Euro verurteilt, da er seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen war und es im laufe von zwei Jahren zu massivem Mobbing einer Mitarbeiterin durch Kollegen gekommen war. Diese Entscheidung verdeutlicht die finanziellen Folgen für Arbeitgeber, die bei Mobbing in ihrem Unternehmen nicht angemessen handeln.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.06.2018 – 8 AZR 265/17: Im vorliegenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin gegen ihren Arbeitgeber geklagt, weil sie sich gemobbt und diskriminiert fühlte. Das Bundesarbeitsgericht gab der Klägerin teilweise Recht, weil ein zureichender Zusammenhang zwischen den Vorfällen und den Anspruchsgrundlagen aus dem AGG erkennbar war. Hierbei wurde betont, dass die Beweislast für das Mobbing in solchen Fällen generell beim Kläger liegt.

Beispiel für eine außergerichtliche Einigung: In einem Unternehmen kam es zu massivem Mobbing zwischen verschiedenen Mitarbeitern der Abteilungen. Nach erfolgter Mediation und Konfliktklärung einigten sich alle Parteien auf eine Wiederaufnahme der gemeinsamen Zusammenarbeit. Hier zeigt sich, dass außergerichtliche Lösungen in Fällen von Mobbing häufig zielführender sind und das Arbeitsklima nachhaltig verbessern können.

FAQs zum Thema Mobbing am Arbeitsplatz

Kann ich einen Arbeitsplatzwechsel verlangen, wenn ich gemobbt werde?

Ein Arbeitsplatzwechsel kann unter bestimmten Umständen in Betracht gezogen werden, etwa wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Allerdings kann ein Anspruch auf einen Arbeitsplatzwechsel nur dann geltend gemacht werden, wenn ein entsprechend freier Arbeitsplatz verfügbar ist und dies arbeitsvertraglich möglich ist. Eine sorgfältige arbeitsrechtliche Prüfung ist hierbei ratsam.

Muss ich mir Mobbing gefallen lassen, um meinen Arbeitsplatz nicht zu verlieren?

Nein, Sie müssen sich Mobbing am Arbeitsplatz nicht gefallen lassen. Mobbing beeinträchtigt Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden und untergräbt die für die Fortführung eines Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauensbasis. Sie sollten in diesem Fall rechtzeitig handeln und Unterstützung suchen, um Ihre Rechte wahrzunehmen.

Wie kann ich nachweisen, dass ich am Arbeitsplatz gemobbt wurde?

Um Mobbing nachzuweisen, ist eine lückenlose und aussagekräftige Dokumentation der jeweiligen Vorfälle notwendig. Dabei können beispielsweise E-Mails, Gesprächsprotokolle oder Zeugenaussagen helfen. Zudem kann es sinnvoll sein, sich rechtlichen Beistand zu suchen, um die Beweisführung optimal zu gestalten.

Was muss ich als Arbeitgeber tun, wenn ich von Mobbing unter meinen Mitarbeitern erfahre?

Als Arbeitgeber sind Sie verpflichtet, Ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen und für ein respektvolles Arbeitsklima zu sorgen. Bei Kenntnis von Mobbingvorfällen sollten Sie umgehend handeln, indem Sie Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern führen, konkrete Maßnahmen zur Konfliktlösung ergreifen und präventive Strategien für die Zukunft entwickeln.

Mobbing am Arbeitsplatz: Aktiv verhindern

Mobbing am Arbeitsplatz ist für alle Beteiligten eine schwierige und belastende Situation. Arbeitnehmer sollten ihre Rechte kennen und entsprechende Handlungsoptionen in Betracht ziehen. Arbeitgeber sind gut beraten, Mobbingproblematiken ernst zu nehmen und präventive Maßnahmen zu ergreifen, um ein positives Arbeitsklima sicherzustellen. In vielen Fällen empfiehlt es sich, frühzeitig anwaltlichen Rat einzuholen, um rechtliche Schritte zu prüfen und gegebenenfalls einzuleiten. Dieser Blog-Beitrag soll Ihnen dabei helfen, sich mit dem Thema Mobbing am Arbeitsplatz auseinanderzusetzen und mögliche Hilfestellungen für die Bewältigung dieser sensiblen Thematik aufzuzeigen.

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