Provisionsanspruch im Arbeitsrecht ist ein entscheidender Faktor für motivierte und erfolgreiche Vertriebsmitarbeiter. Dennoch birgt dieses Thema zahlreiche Fragestellungen und Unklarheiten, insbesondere wenn es um den Fortbestand des Provisionsanspruchs bei Krankheit, Urlaub oder Freistellung geht.

In diesem Beitrag wollen wir Ihnen ein umfassendes Verständnis zum Provisionsanspruch im Arbeitsrecht vermitteln und Ihnen aufzeigen, was Sie als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer in verschiedenen Situationen beachten sollten.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Grundzüge und gesetzliche Grundlagen
  2. Der Provisionsanspruch im Arbeitsvertrag
  3. Provisionsanspruch bei Krankheit
  4. Provisionsanspruch während des Urlaubs
  5. Auswirkungen einer Freistellung auf den Provisionsanspruch
  6. FAQ zum Provisionsanspruch im Arbeitsrecht
  7. Checkliste für einen rechtssicheren Provisionsanspruch

Grundzüge und gesetzliche Grundlagen

Der Provisionsanspruch im Arbeitsrecht bezieht sich auf eine variable, erfolgsabhängige Vergütung innerhalb eines Arbeitsverhältnisses. Hierbei handelt es sich um den Teil des Entgelts, der erfolgsabhängig ist und zusätzlich zum fixen Grundgehalt gezahlt wird. Die gesetzlichen Regelungen hierzu finden sich primär in § 87 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und in den §§ 611a, 612 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Diese Regelungen betreffen zum einen den Anspruch auf Provisionen für Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Tätigkeit am Zustandekommen von Verträgen mitwirken (§ 87 Abs. 1 BetrVG), sowie für Arbeitnehmer, deren Vergütung ganz oder teilweise auf Provisionsbasis erfolgt (§§ 611a, 612 BGB).

Der Provisionsanspruch im Arbeitsvertrag

Um Rechtsunsicherheiten oder Streitigkeiten zu vermeiden, sollte der Provisionsanspruch im Arbeitsvertrag ausführlich und präzise geregelt sein. Hierzu gehören insbesondere:

  • Die Höhe der Provision bzw. die Berechnungsgrundlage (z.B. Umsatz, Gewinn, Verkaufszahlen);
  • Die Fälligkeit des Provisionsanspruchs;
  • Die Abrechnungs- und Auszahlungstermine;
  • Die Kriterien für die Anrechenbarkeit von Provisionen auf das Grundgehalt (dies ist insbesondere dann wichtig, wenn die Provision auch in Zeiten ohne Arbeitsleistung, z.B. im Krankheitsfall oder im Urlaub, gezahlt werden soll);
  • Die Regelungen zur Anpassung des Provisionsanspruchs bei Änderungen im Arbeitsverhältnis (z.B. Reduzierung der Arbeitszeit, Wechsel in ein anderes Tätigkeitsfeld);
  • Die Handhabung des Provisionsanspruchs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses;
  • Gegebenenfalls etwaige Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers bei Stornierung von Geschäften oder Warenrückgaben durch Kunden.

Provisionsanspruch bei Krankheit

Ein brisantes Thema im Zusammenhang mit dem Provisionsanspruch ist die Frage, ob und inwieweit ein Anspruch auf Provisionen auch während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit besteht. Grundsätzlich gilt hier:

  • Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz, EFZG) umfasst gemäß § 4 Abs. 1 EFZG auch Provisionen, sofern diese eine regelmäßige und nicht nur gelegentliche Vergütung darstellen und somit zum durchschnittlichen Arbeitsentgelt zählen.
  • Für die Berechnung des durchschnittlichen Arbeitsentgelts nach § 4 Abs. 1 EFZG sind die letzten drei Monate vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit maßgeblich. In dieser Zeit erzielte Provisionen sind auf den entsprechenden Zeitraum umzurechnen und dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt hinzuzurechnen.
  • Aufgrund der Erfolgsabhängigkeit der Provisionen kann es im Einzelfall jedoch auch zu abweichenden Regelungen im Arbeitsvertrag kommen, z.B. wenn dort festgelegt ist, dass während Zeiten der Arbeitsunfähigkeit keine Provisionen anfallen oder diese gekürzt werden.
  • In jedem Fall empfiehlt es sich, eine klare Regelung im Arbeitsvertrag über den Provisionsanspruch während Krankheitszeiten vorzusehen, um Streitigkeiten oder Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.

Provisionsanspruch während des Urlaubs

Auch im Zusammenhang mit dem Erholungsurlaub kommt häufig die Frage auf, ob und in welchem Umfang Provisionen während dieser Zeit zu zahlen sind. Hierbei gilt:

  • Der Anspruch auf Urlaubsentgelt nach § 11 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) umfasst alle Bestandteile des Lohns bzw. Gehalts, also auch Provisionen, sofern sie zum durchschnittlichen Entgelt zählen.
  • Die Berechnung des Urlaubsentgelts erfolgt gemäß § 11 Abs. 1 BUrlG auf der Grundlage des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes der letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs. Auf diese Weise werden auch Provisionen berücksichtigt, die in diesem Zeitraum erzielt wurden.
  • Wichtig ist jedoch, dass der Arbeitgeber keine neuen Provisionsansprüche während des Urlaubs erwerben kann, da der arbeitsrechtliche Grundsatz des „Kein Entgelt ohne Arbeit“ auch in diesem Fall Anwendung findet. Somit ist es möglich, dass der tatsächliche Provisionsverdienst während des Urlaubs geringer ausfällt als der Durchschnittsverdienst aus den letzten 13 Wochen vor dem Urlaub, welcher dann für die Berechnung des Urlaubsentgelts relevant ist.
  • Um Rechtsunsicherheiten oder Missverständnisse zu vermeiden, ist es ratsam, eine klare Regelung im Arbeitsvertrag über den Anspruch auf Provisionen während des Urlaubs vorzusehen.

Auswirkungen einer Freistellung auf den Provisionsanspruch

Bei einer Freistellung, sei es eine einvernehmliche oder eine angeordnete Freistellung durch den Arbeitgeber, stellt sich ebenfalls die Frage nach dem Bestehen eines Provisionsanspruchs. Hierzu ist Folgendes zu beachten:

  • Grundsätzlich bleibt bei einer Freistellung das Arbeitsverhältnis und die daraus resultierenden Hauptleistungspflichten (Entgeltzahlung durch den Arbeitgeber, Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer) bestehen.
  • Bei einer einvernehmlichen Freistellung kann vertraglich geregelt werden, inwieweit ein Provisionsanspruch während der Freistellung besteht.
  • Bei einer angeordneten Freistellung unter Fortzahlung des Entgelts (sogenannte bezahlte Freistellung) behält der Arbeitnehmer grundsätzlich seinen Anspruch auf Provisionen. Hierbei ist jedoch entscheidend, ob die Freistellung aufgrund von Gründen erfolgt, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen (z. B. aufgrund einer Kündigung oder disziplinarischen Gründen) oder ob sie aufgrund von Umständen erfolgt, die nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitnehmer stehen (z. B. betriebsbedingte Gründe).
  • Im ersten Fall (personen- oder verhaltensbedingte Gründe) kann der Provisionsanspruch während der Freistellung entfallen oder gekürzt werden, da der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum keine Arbeitsleistung erbringt. Im zweiten Fall (betriebsbedingte Gründe) ist der Provisionsanspruch während der Freistellung in der Regel zu zahlen, da der Arbeitnehmer hier nicht aus eigenem Verschulden von der Arbeit freigestellt ist.
  • Es empfiehlt sich auch hier, Regelungen zum Provisionsanspruch in Zeiten der Freistellung explizit im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, um Missverständnisse oder rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

FAQ zum Provisionsanspruch im Arbeitsrecht

  • Wann entsteht der Provisionsanspruch? Der Provisionsanspruch entsteht grundsätzlich mit dem Erfolgseintritt, der durch die vertraglich definierten Kriterien bestimmt wird (z. B. Zustandekommen eines Geschäfts oder Erreichen eines bestimmten Umsatzes).
  • Wie wird der Provisionsanspruch berechnet? Die Berechnung des Provisionsanspruchs richtet sich nach der vertraglich vereinbarten Provisionssatz und der jeweiligen Bemessungsgrundlage (z. B. Umsatz, Gewinn, Verkaufszahlen).
  • Wann verfallen Provisionsansprüche? Provisionsansprüche können beispielsweise verfallen, wenn der Arbeitnehmer selbständig storniert hat oder bei Verzicht des Arbeitnehmers auf einen Provisionsanspruch während bestimmter Zeiträume (z. B. Elternzeit, Bildungsurlaub).
  • Kann der Arbeitgeber Provisionsansprüche zurückfordern? Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitgeber Provisionsansprüche zurückfordern, beispielsweise wenn diese aufgrund falscher Angaben des Arbeitnehmers entstanden sind oder wenn provisionierte Geschäfte später storniert oder Waren von Kunden zurückgegeben werden.

Checkliste für einen rechtssicheren Provisionsanspruch

Um einen rechtssicheren Provisionsanspruch im Arbeitsrecht zu gewährleisten, sollten die folgenden Punkte beachtet werden:

  • Vertragliche Regelungen über die Höhe der Provision, die Berechnungsgrundlage und den Abrechnungszeitraum im Arbeitsvertrag treffen;
  • Regelungen für den Provisionsanspruch bei Krankheit, Urlaub oder Freistellung klar und eindeutig im Arbeitsvertrag formulieren;
  • Die handels- und arbeitsrechtlichen Grundlagen für den Provisionsanspruch kennen und beachten;
  • Gegebenenfalls individuelle Abreden im Einzelfall treffen und schriftlich festhalten (z. B. im Rahmen von Betriebs- oder Dienstvereinbarungen);
  • Regelmäßig die Rechtsprechung zu aktuellen Fällen im Bereich des Provisionsanspruchs verfolgen, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben und gegebenenfalls Anpassungen im eigenen Arbeitsverhältnis vornehmen zu können;
  • Im Zweifelsfall juristischen Rat durch einen Rechtsanwalt einholen.

Abschließend lässt sich festhalten, dass der Provisionsanspruch im Arbeitsrecht eine komplexe Thematik ist, die sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer zahlreiche Herausforderungen und Fragestellungen birgt. Eine gute Vorbereitung und eine klare, rechtssichere Regelung im Arbeitsvertrag sind daher unerlässlich, um Streitigkeiten oder Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Nutzen Sie dieses Wissen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und die Sicherung Ihrer rechtlichen und finanziellen Interessen.

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