Als erfahrener Rechtsanwalt im Zivilrecht weiß ich, dass die Kosten für einen Rechtsstreit für viele Menschen eine erhebliche Belastung darstellen können. In diesem umfangreichen Blog-Beitrag möchte ich Ihnen alles Wissenswerte zur Prozesskostenhilfe im Zivilrecht erläutern, einschließlich der Voraussetzungen, der Beantragung und der Berechnung, damit Sie bestmöglich informiert sind und Ihre Chancen auf finanzielle Unterstützung im Rechtsstreit erhöhen können.

Einführung in die Prozesskostenhilfe

Die Prozesskostenhilfe (PKH) ist eine staatliche Unterstützung für bedürftige Personen, die sich die Kosten eines Zivilprozesses nicht leisten können. Sie soll sicherstellen, dass auch einkommensschwache Bürgerinnen und Bürger Zugang zum Recht haben und ihre Rechte vor Gericht durchsetzen können. Die PKH deckt jedoch nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die Kosten für einen Rechtsanwalt.

Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe

Um Prozesskostenhilfe zu erhalten, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:

Bedürftigkeit

Die Bedürftigkeit ist gegeben, wenn die Partei aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ist, die Prozesskosten selbst zu tragen. Dabei werden das Einkommen, das Vermögen und die finanziellen Verpflichtungen der Partei berücksichtigt. Die Bedürftigkeit wird im Rahmen einer sogenannten Bedürftigkeitsprüfung festgestellt.

Prozessaussicht

Die Prozessaussicht bezeichnet die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits. Die Prozesskostenhilfe wird nur gewährt, wenn die Klage oder die Verteidigung gegen eine Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Dabei wird das Gericht eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage vornehmen.

Zumutbarkeit der Rechtsverfolgung

Die Zumutbarkeit der Rechtsverfolgung bedeutet, dass die Partei auch ohne Prozesskostenhilfe den Rechtsstreit führen würde, wenn sie die Kosten selbst tragen müsste. Hierbei wird geprüft, ob die Kosten des Rechtsstreits in einem angemessenen Verhältnis zum Streitwert stehen und ob die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht mutwillig oder aus taktischen Gründen erfolgt.

Beantragung der Prozesskostenhilfe

Die Beantragung der Prozesskostenhilfe erfolgt schriftlich bei dem zuständigen Gericht. In der Regel wird der Antrag zusammen mit der Klage oder der Klageerwiderung eingereicht. Der Antragsteller muss dazu das amtliche Formular „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ ausfüllen und unterschreiben. Dieses Formular ist bei den Gerichten erhältlich oder kann online heruntergeladen werden.

Die Angaben im Formular müssen wahrheitsgemäß und vollständig sein, da das Gericht die Angaben prüft und gegebenenfalls Belege anfordert. Falsche oder unvollständige Angaben können zur Ablehnung des Antrags oder späteren Rückforderungen führen.

Berechnung der Prozesskostenhilfe

Die Höhe der Prozesskostenhilfe richtet sich nach den tatsächlichen Prozesskosten und dem Einkommen und Vermögen der Partei. Dabei wird unterschieden zwischen:

  • vollständiger Übernahme der Prozesskosten
  • teilweiser Übernahme der Prozesskosten
  • Ratenzahlung

Die vollständige Übernahme der Prozesskosten ist möglich, wenn die Partei aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ist, die Kosten selbst zu tragen. In diesem Fall werden die Gerichtskosten und die Anwaltskosten vollständig vom Staat getragen.

Die teilweise Übernahme der Prozesskosten erfolgt, wenn die Partei zwar nicht in der Lage ist, die gesamten Kosten zu tragen, aber einen Teil der Kosten selbst übernehmen kann. In diesem Fall wird ein sogenannter „Eigenanteil“ festgesetzt, den die Partei selbst tragen muss. Der restliche Betrag wird vom Staat übernommen.

Die Ratenzahlung ist eine Möglichkeit, die Prozesskostenhilfe in monatlichen Raten zurückzuzahlen. Die Höhe der Raten richtet sich nach dem Einkommen und den finanziellen Verhältnissen der Partei. Dabei gilt, dass die Ratenzahlung angemessen und zumutbar sein muss.

Kann ein Anwalt Prozesskostenhilfe ablehnen?

Jedem Bürger sollte, unabhängig von seiner finanziellen Situation, Zugang zu diesem juristischen System ermöglicht werden. Hier stellt sich die wegweisende Frage: Kann ein Anwalt Prozesskostenhilfe ablehnen?

Die Rolle des Anwalts in Verbindung mit Prozesskostenhilfe

Nachdem wir nun geklärt haben, wer sie in Anspruch nehmen kann, wollen wir uns der konkreten Rollendefinition des Anwalts zuwenden. In erster Linie ist es natürlich die Aufgabe des Anwalts, den Mandanten rechtlich zu beraten und ihn im Prozess kompetent zu vertreten. Doch was geschieht, wenn der Mandant Prozesskostenhilfe beantragt und dieser Antrag genehmigt wird?

Grundsätzlich ändert sich für den Anwalt erst einmal nichts. Seine Pflichten und die Bezahlung seiner Leistungen bleiben gleich. Es ist lediglich so, dass der Staat – genauer gesagt der Bund – die Kosten des Rechtsstreits über das Amtsgericht an den Anwalt überweist.

Darf ein Anwalt die Prozesskostenhilfe ablehnen?

Hier beginnt der wirklich interessante Teil unserer Auseinandersetzung mit dem Thema. Wo genau liegt das Problem, wenn ein Anwalt die Prozesskostenhilfe ablehnen würde? Sehen wir uns das einmal genauer an.

Ein Anwalt verpflichtet sich durch die Übernahme eines Mandats dazu, die Interessen seines Klienten nach bestem Wissen und Gewissen zu vertreten, sofern er das Mandat vorliegen hat und keine Befangenheit im Spiel ist. Eine Ablehnung der Prozesskostenhilfe auf Seiten des Anwalts könnte theoretisch dazu führen, dass er seinem Mandanten nicht mehr in gleicher Weise zur Seite stehen kann.

Ergibt das ganze Sinn? In der Praxis ist der geschilderte Fall allerdings selten. Ein Anwalt lehnt in der Regel nur dann die Vertretung ab, wenn auf Seiten des Mandanten das notwendige Vertrauen fehlt oder wenn es einen belastbaren Grund gibt, der ihm die Weiterführung des Mandats unmöglich oder dem Anwalt als unzumutbar erscheinen lässt – z.B. bei offenkundiger Falschdarstellung der Sachlage durch den Mandanten.

Ein Anwalt darf Prozesskostenhilfe nicht ablehnen

Zusammenfassend lässt sich bemerken: Ein Anwalt darf die Prozesskostenhilfe eines Mandanten nicht ablehnen. Eine Ablehnung aus Kostengründen steht in klarem Widerspruch zu den Berufspflichten eines Anwalts und kann weitreichende negative Folgen für den Mandanten haben. Es ist demnach jedem ans Herz zu legen, sein Recht auf Prozesskostenhilfe wahrzunehmen und sich nicht durch die eventuelle Ablehnung eines Anwalts davon abbringen zu lassen.

Was tun, wenn die Prozesskostenhilfe abgelehnt wird und der Anwalt sein Geld will?

Ein potenziell beängstigendes und verwirrendes Szenario, das einige unserer Mandanten durchgehen, ist die Ablehnung ihres Antrags auf Prozesskostenhilfe. Prozesskostenhilfe ist eine finanzielle Unterstützung, die einem Rechtssuchenden dabei hilft, die Kosten für sein Verfahren zu decken und ohne die eine anwaltliche Vertretung vor Gericht oft unmöglich wäre.

Bei Ablehnung der Prozesskostenhilfe, stehen Mandanten jedoch oft vor der Frage, wie sie die Kosten für ihren Anwalt decken sollen.

Wieso wird ein Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt?

Es gibt verschiedene Gründe, weshalb ein Antrag auf PKH abgelehnt werden kann. Hier sind einige davon:

  • Die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung werden vom Gericht als zu gering eingestuft;
  • Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers übersteigen die gesetzlich festgelegten Grenzen;
  • Der Antragsteller hat den Antrag falsch oder unvollständig ausgefüllt.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Ablehnung der Prozesskostenhilfe oft nicht das Ende der Straße bedeutet – es gibt viele Möglichkeiten, diesen Rückschlag zu überwinden.

Was tun, wenn die Prozesskostenhilfe abgelehnt wird?

Wenn Ihr Antrag auf PKH abgelehnt wird, haben Sie mehrere Möglichkeiten. Hier sind ein paar davon:

  • Einen begründeten Widerspruch einlegen: Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr Antrag auf PKH zu Unrecht abgelehnt wurde, können Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt des Ablehnungsbescheids Widerspruch einlegen. In Ihrem Widerspruch müssen Sie genau erläutern, warum Sie glauben, dass die Entscheidung falsch ist.
  • Einen neuen Antrag stellen: Wenn sich Ihre finanziellen Verhältnisse seit der Ablehnung verändert haben, können Sie einen neuen Antrag stellen. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn Sie vorher aufgrund Ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse abgelehnt wurden.
  • Einen Anwalt engagieren: Ein Anwalt kann Ihnen dabei helfen, Ihren Antrag auf PKH effektiv zu gestalten und Ihre Argumente vor Gericht darzulegen. Seine Kosten können jedoch erheblich sein.

Es ist wichtig, dass Sie sich nicht entmutigen lassen und Ihre Möglichkeiten genau überprüfen. Die Ablehnung der PKH ist oft nur ein vorübergehender Rückschlag und mit der richtigen Strategie können Sie Ihre Chance auf eine genehmigte PKH deutlich erhöhen.

FAQ zur Prozesskostenhilfe

Abschließend möchte ich noch einige häufig gestellte Fragen zur Prozesskostenhilfe beantworten:

Kann ich Prozesskostenhilfe auch rückwirkend beantragen?

Ja, eine rückwirkende Beantragung von Prozesskostenhilfe ist grundsätzlich möglich, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Allerdings sollte der Antrag so früh wie möglich gestellt werden, um Verzögerungen und mögliche Nachteile zu vermeiden.

Muss ich die Prozesskostenhilfe zurückzahlen, wenn ich den Prozess gewinne?

Grundsätzlich muss die Prozesskostenhilfe nicht zurückgezahlt werden. Allerdings kann das Gericht anordnen, dass die gewährte Prozesskostenhilfe zurückzuzahlen ist, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei innerhalb von vier Jahren ab dem Ende des Verfahrens wesentlich verbessert haben.

Was passiert, wenn ich die Prozesskostenhilfe zu Unrecht erhalten habe?

Wenn sich herausstellt, dass die Prozesskostenhilfe zu Unrecht gewährt wurde, kann das Gericht die Bewilligung aufheben und die bereits gezahlten Beträge zurückfordern. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Partei falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat oder wenn sich die Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nachträglich geändert haben.

Gilt die Prozesskostenhilfe auch für Berufungs- und Revisionsverfahren?

Ja, die Prozesskostenhilfe kann auch für Berufungs- und Revisionsverfahren gewährt werden, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind und eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht. In diesem Fall muss ein neuer Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt werden.

Wie lange dauert die Bearbeitung des Antrags auf Prozesskostenhilfe?

Die Bearbeitungsdauer des Antrags auf Prozesskostenhilfe ist von Gericht zu Gericht unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise der Arbeitsbelastung des Gerichts und der Komplexität des Falles. In der Regel sollte mit einer Bearbeitungszeit von mehreren Wochen bis zu mehreren Monaten gerechnet werden.

Wie lange muss ich Prozesskostenhilfe zurückzahlen?

Prozesskostenhilfe muss in Deutschland nur zurückgezahlt werden, wenn sich Ihre finanzielle Situation innerhalb von vier Jahren nach Abschluss des Verfahrens wesentlich verbessert. Die Rückzahlung ist auf maximal 48 Monatsraten begrenzt und Sie zahlen nie mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten. Nach vier Jahren besteht in der Regel keine Rückzahlungspflicht mehr.

Fazit

Die Prozesskostenhilfe im Zivilrecht ist eine wichtige staatliche Unterstützung für bedürftige Personen, die sich die Kosten eines Rechtsstreits nicht leisten können. Sie gewährleistet den Zugang zum Recht und ermöglicht es, dass auch einkommensschwache Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte vor Gericht durchsetzen können. Um Prozesskostenhilfe zu erhalten, müssen die Voraussetzungen der Bedürftigkeit, Prozessaussicht und Zumutbarkeit der Rechtsverfolgung erfüllt sein. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe sollte sorgfältig und wahrheitsgemäß ausgefüllt und so früh wie möglich beim zuständigen Gericht eingereicht werden.

Als erfahrener Rechtsanwalt im Zivilrecht stehe ich Ihnen gerne zur Seite, um Sie bei der Beantragung von Prozesskostenhilfe zu unterstützen und Ihre Erfolgsaussichten im Rechtsstreit zu erhöhen. Kontaktieren Sie mich für eine individuelle Beratung und gemeinsam werden wir die besten Möglichkeiten für Ihren Fall erörtern.

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