Diskriminierung ist in vielen Lebensbereichen leider immer noch präsent. Ob aufgrund von Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder sexueller Orientierung – Betroffene leiden oft unter den Folgen diskriminierender Handlungen und Entscheidungen und suchen nach Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Eine Möglichkeit ist der Schadensersatzanspruch bei Diskriminierung. In diesem umfangreichen Blog-Beitrag beleuchten wir das Thema Schadensersatz bei Diskriminierung aus verschiedenen Perspektiven, zeigen Ihnen Ihre Rechte und Ansprüche auf und erklären, wie Sie vorgehen können, um Ihre Interessen durchzusetzen.

Der Beitrag gliedert sich in die folgenden Abschnitte:

  • Rechtliche Grundlagen für Schadensersatzansprüche bei Diskriminierung
  • Arten von Diskriminierung und Schadensersatzansprüche
  • Rechtsprechung zu Schadensersatzansprüchen bei Diskriminierung
  • Wie Sie vorgehen können, um Schadensersatz bei Diskriminierung zu erhalten
  • FAQs: Häufig gestellte Fragen zum Thema Schadensersatz bei Diskriminierung

Rechtliche Grundlagen für Schadensersatzansprüche bei Diskriminierung

Um Schadensersatz bei Diskriminierung geltend machen zu können, ist es wichtig, die rechtlichen Grundlagen für solche Ansprüche zu kennen. In diesem Abschnitt stellen wir Ihnen die maßgeblichen Gesetze und Regelungen vor, die für Schadensersatzansprüche bei Diskriminierung relevant sind.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist das zentrale Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung in Deutschland. Es trat im Jahr 2006 in Kraft und setzt verschiedene EU-Richtlinien zum Diskriminierungsschutz um. Das AGG verbietet Diskriminierungen aus folgenden Gründen:

  • Rasse oder ethnische Herkunft
  • Geschlecht
  • Religion oder Weltanschauung
  • Behinderung
  • Alter
  • Sexuelle Identität

Das AGG findet Anwendung in verschiedenen Lebensbereichen, insbesondere im Arbeitsleben, bei Sozialleistungen, beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen sowie im Bereich der Bildung.

§ 15 AGG: Anspruch auf Schadensersatz

Die zentrale Vorschrift für Schadensersatzansprüche bei Diskriminierung ist § 15 AGG. Diese Regelung sieht vor, dass Betroffene Schadensersatz verlangen können, wenn sie aufgrund einer der oben genannten Diskriminierungsgründe benachteiligt wurden. Dabei können sowohl materielle Schäden (z. B. entgangener Gewinn, Kosten für Bewerbungen) als auch immaterielle Schäden (z. B. Schmerzensgeld) geltend gemacht werden.

Weitere gesetzliche Grundlagen

Neben dem AGG gibt es noch weitere gesetzliche Regelungen, die für Schadensersatzansprüche bei Diskriminierung relevant sein können, z. B.:

  • § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Rechten oder Rechtsgütern (z. B. Persönlichkeitsrechte, Eigentum)
  • § 249 BGB: Anspruch auf Schadensersatz in Natur (z. B. Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands)
  • § 840 BGB: Anspruch auf Schadensersatz bei mehreren Schädigern
  • § 3a Arbeitszeitgesetz (ArbZG): Anspruch auf Schadensersatz bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz
  • § 16 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Anspruch auf Schadensersatz bei Verstößen gegen die Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten

Arten von Diskriminierung und Schadensersatzansprüche

Im Folgenden gehen wir auf die verschiedenen Arten von Diskriminierung ein, die zu Schadensersatzansprüchen führen können, und geben Beispiele für mögliche Schadensersatzforderungen.

Diskriminierung aufgrund von Rasse oder ethnischer Herkunft

Beispiele für Diskriminierung aufgrund von Rasse oder ethnischer Herkunft sind:

  • Ein Arbeitgeber stellt einen Bewerber nicht ein, weil dieser eine dunkle Hautfarbe hat.
  • Ein Vermieter vermietet eine Wohnung nicht an eine Familie mit Migrationshintergrund.
  • Ein Club verweigert einer Person den Zutritt, weil sie einer bestimmten ethnischen Gruppe angehört.

Mögliche Schadensersatzansprüche:

Diskriminierung aufgrund des Geschlechts

Beispiele für Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sind:

  • Ein Arbeitgeber zahlt einer Mitarbeiterin weniger Gehalt als ihren männlichen Kollegen bei gleicher Arbeit.
  • Ein Sportverein schließt Frauen von bestimmten Sportangeboten aus.
  • Ein Unternehmen bevorzugt bei Beförderungen männliche Mitarbeiter.

Mögliche Schadensersatzansprüche:

  • Entgangener Gewinn (z. B. Differenz des Gehalts)
  • Kosten für die Suche nach einem alternativen Sportangebot
  • Immaterielle Schäden (z. B. Schmerzensgeld)

Diskriminierung aufgrund von Religion oder Weltanschauung

Beispiele für Diskriminierung aufgrund von Religion oder Weltanschauung sind:

  • Ein Arbeitgeber kündigt einer Mitarbeiterin, weil sie ein Kopftuch trägt.
  • Ein Hotelbesitzer verweigert einer Person die Buchung eines Zimmers, weil sie einer bestimmten Glaubensgemeinschaft angehört.
  • Ein Unternehmen schließt Bewerber mit bestimmten religiösen Überzeugungen von der Teilnahme an einem Auswahlverfahren aus.

Mögliche Schadensersatzansprüche:

  • Entgangener Gewinn (z. B. nicht erhaltener Lohn)
  • Kosten für die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle
  • Immaterielle Schäden (z. B. Schmerzensgeld)

Diskriminierung aufgrund von Behinderung

Beispiele für Diskriminierung aufgrund von Behinderung sind:

  • Ein Arbeitgeber stellt einen Bewerber nicht ein, weil dieser im Rollstuhl sitzt.
  • Ein Restaurantbesitzer verweigert einem blinden Gast den Zutritt mit seinem Blindenhund.
  • Ein Unternehmen stellt keine barrierefreien Zugänge für Menschen mit Behinderungen zur Verfügung.

Mögliche Schadensersatzansprüche:

  • Entgangener Gewinn (z. B. nicht erhaltener Lohn)
  • Kosten für die Suche nach einer alternativen Beschäftigung oder Freizeitmöglichkeit
  • Immaterielle Schäden (z. B. Schmerzensgeld)

Diskriminierung aufgrund des Alters

Beispiele für Diskriminierung aufgrund des Alters sind:

  • Ein Arbeitgeber stellt einen Bewerber nicht ein, weil dieser älter als 50 Jahre ist.
  • Ein Fitnesscenter bietet keine Mitgliedschaften für Personen über 60 Jahre an.
  • Ein Unternehmen bevorzugt bei Beförderungen jüngere Mitarbeiter.

Mögliche Schadensersatzansprüche:

  • Entgangener Gewinn (z. B. nicht erhaltener Lohn)
  • Kosten für die Suche nach einer alternativen Arbeitsstelle oder Freizeitmöglichkeit
  • Immaterielle Schäden (z. B. Schmerzensgeld)

Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität

Beispiele für Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität sind:

  • Ein Arbeitgeber kündigt einem Mitarbeiter, weil dieser seine Homosexualität offenbart.
  • Ein Vermieter vermietet eine Wohnung nicht an ein gleichgeschlechtliches Paar.
  • Ein Club verweigert einer transsexuellen Person den Zutritt.

Mögliche Schadensersatzansprüche:

  • Entgangener Gewinn (z. B. nicht erhaltener Lohn)
  • Kosten für die Wohnungssuche
  • Immaterielle Schäden (z. B. Schmerzensgeld)

Rechtsprechung zu Schadensersatzansprüchen bei Diskriminierung

Im Folgenden stellen wir Ihnen einige aktuelle Gerichtsurteile vor, die Schadensersatzansprüche bei Diskriminierung betreffen. Diese Urteile geben Ihnen einen Einblick in die Rechtsprechung und zeigen, wie Gerichte in solchen Fällen entscheiden.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. April 2013 – 8 AZR 287/08

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass ein Arbeitgeber, der bei der Auswahl von Bewerbern das Lebensalter als Kriterium heranzieht, gegen das AGG verstößt und Schadensersatz zahlen muss. In diesem Fall hatte ein Unternehmen in einer Stellenanzeige die Altersspanne „25 bis 35 Jahre“ angegeben. Ein 43-jähriger Bewerber, der nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, klagte erfolgreich auf Schadensersatz.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. November 2018 – 7 Sa 963/18

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg sprach einer Lehrerin, die aufgrund ihres Kopftuchs nicht eingestellt wurde, Schadensersatz in Höhe von zwei Monatsgehältern zu. Das Gericht sah in der Nichtberücksichtigung der Bewerberin wegen ihres Kopftuchs eine Diskriminierung aufgrund der Religion und damit einen Verstoß gegen das AGG.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 5. August 2015 – 2 Sa 517/14

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg verurteilte einen Arbeitgeber zur Zahlung von Schadensersatz an eine transsexuelle Bewerberin. Die Bewerberin, die sich von einem Mann zu einer Frau hatte umwandeln lassen, war nach einem Vorstellungsgespräch nicht eingestellt worden. Das Gericht sah darin eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität und sprach der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 Euro zu.

Wie Sie vorgehen können, um Schadensersatz bei Diskriminierung zu erhalten

Wenn Sie glauben, diskriminiert worden zu sein und Schadensersatzansprüche geltend machen möchten, sollten Sie folgende Schritte unternehmen:

  1. Dokumentieren Sie die Diskriminierung: Sammeln Sie Beweise für die diskriminierenden Handlungen oder Entscheidungen, z. B. Schriftverkehr, Zeugenaussagen oder Fotos.
  2. Suchen Sie rechtlichen Rat: Konsultieren Sie einen Rechtsanwalt, der auf Diskriminierung spezialisiert ist und lassen Sie sich über Ihre Ansprüche und Erfolgsaussichten beraten.
  3. Setzen Sie Fristen: Beachten Sie, dass Schadensersatzansprüche nach § 15 AGG innerhalb von zwei Monaten geltend gemacht werden müssen.
  4. Führen Sie ein Bewerbungsverfahren durch: Wenn Sie aufgrund einer diskriminierenden Stellenausschreibung oder eines diskriminierenden Auswahlverfahrens abgelehnt wurden, sollten Sie zunächst versuchen, sich außergerichtlich mit dem Arbeitgeber zu einigen. Fordern Sie eine Stellungnahme an und setzen Sie eine angemessene Frist für eine Reaktion.
  5. Erheben Sie Klage: Wenn eine außergerichtliche Einigung nicht möglich ist, können Sie Klage beim zuständigen Gericht erheben. Ihr Rechtsanwalt wird Ihnen dabei helfen, die richtige Klageart und -strategie zu wählen.

FAQs: Häufig gestellte Fragen zum Thema Schadensersatz bei Diskriminierung

Wann habe ich einen Anspruch auf Schadensersatz bei Diskriminierung?

Sie haben einen Anspruch auf Schadensersatz bei Diskriminierung, wenn Sie aufgrund eines der im AGG genannten Diskriminierungsgründe (Rasse, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter, sexuelle Identität) benachteiligt wurden und dadurch einen Schaden erlitten haben.

Welche Schäden kann ich geltend machen?

Sie können sowohl materielle Schäden (z. B. entgangener Gewinn, Kosten für Bewerbungen) als auch immaterielle Schäden (z. B. Schmerzensgeld) geltend machen.

Wie lange habe ich Zeit, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen?

Nach § 15 AGG müssen Schadensersatzansprüche innerhalb von zwei Monaten geltend gemacht werden. Diese Frist beginnt mit der Kenntnis von der Benachteiligung.

Kann ich auch Schadensersatz verlangen, wenn ich nicht direkt betroffen bin?

In der Regel können nur direkt betroffene Personen Schadensersatzansprüche geltend machen. In bestimmten Fällen können aber auch indirekt betroffene Personen, z. B. Angehörige oder Erben, Ansprüche auf Schadensersatz haben.

Muss ich einen Rechtsanwalt beauftragen, um Schadensersatz bei Diskriminierung zu erhalten?

Es ist nicht zwingend erforderlich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Allerdings ist es ratsam, sich von einem erfahrenen Anwalt beraten und vertreten zu lassen, um Ihre Ansprüche bestmöglich durchzusetzen.

Welche Gerichte sind für Schadensersatzklagen bei Diskriminierung zuständig?

Die Zuständigkeit der Gerichte hängt von der Art der Diskriminierung ab. Bei Diskriminierung im Arbeitsleben sind die Arbeitsgerichte zuständig, bei Diskriminierung im Zivilrecht die ordentlichen Gerichte (Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte).

Wir hoffen, dass Ihnen dieser umfassende Blog-Beitrag zum Thema Schadensersatz bei Diskriminierung einen guten Überblick über Ihre Rechte und Ansprüche gegeben hat. Wenn Sie weitere Fragen haben oder rechtliche Unterstützung benötigen, empfehlen wir Ihnen, sich an einen erfahrenen Rechtsanwalt zu wenden, der Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Interessen helfen kann. Diskriminierung ist ein ernstes Problem, das niemand hinnehmen sollte. Es ist wichtig, sich seiner Rechte bewusst zu sein und sich dagegen zur Wehr zu setzen.

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