Das Scheingeschäft ist ein Thema, das in der Welt des Rechts immer wieder auf der Agenda steht. In diesem Blog-Beitrag werden wir uns ausführlich mit dem Begriff des Scheingeschäftes, seinen rechtlichen Aspekten sowie den möglichen straf- und zivilrechtlichen Folgen auseinandersetzen. Außerdem werde ich aktuelle Gerichtsurteile und interessante Beispiele vorstellen, um Ihnen einen tiefen Einblick in die Materie zu ermöglichen.

Definition eines Scheingeschäftes

Im Allgemeinen versteht man unter einem Scheingeschäft einen Vertrag, der rechtlich gültig erscheint, jedoch in seiner tatsächlichen Bedeutung eine andere Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien verbirgt. Im § 117 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wird ein Scheingeschäft folgendermaßen definiert:

„Ein Rechtsgeschäft, das einen anderen Rechtserfolg vorgibt, als beabsichtigt ist, hat keinen Bestand, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein erwecken wollen.“

Kern darin ist, dass die Vertragsparteien eine verdeckte Absicht haben, die sie durch das Scheingeschäft verbergen möchten. Dies kann aus verschiedenen Gründen geschehen, beispielsweise um steuerliche Vergünstigungen zu erlangen, den Anschein einer rechtmäßigen Handlung zu erwecken oder um rechtliche Bestimmungen zu umgehen. Die tatsächliche Absicht der Parteien wird in solchen Fällen als „zielendes Geschäft“ bezeichnet.

Abgrenzung von anderen Geschäften

Um ein Scheingeschäft von anderen Geschäftsarten abzugrenzen, sollte man insbesondere die Unterschiede zu einem heimlichen Einverständnis und zu einem simulierten Geschäft kennen:

  • Heimliches Einverständnis: Hier haben die Vertragsparteien eine Regelung getroffen, die von dritten Personen nicht erkannt werden kann. Allerdings besteht keine Abweichung zwischen dem äußeren Purus (Schein) und der tatsächlichen Handlungsabsichten (Sein). Daher liegt kein Scheingeschäft vor.
  • Simuliertes Geschäft: Bei einem simulierten Geschäft sind zwar die Absichten der Vertragsparteien ebenfalls einvernehmlich, jedoch wollen sie das Geschäft in Teilfragen – häufig rechtswidrig – umgestalten. Dennoch sind die Vertragsparteien, anders als beim Scheingeschäft, grundsätzlich an das Geschäft gebunden.

Für die Abgrenzung des Scheingeschäftes von diesen Geschäftsarten ist entscheidend, ob die Vertragsparteien eine ernsthafte Verpflichtungsabsicht beziehungsweise die Bindung an das Rechtsgeschäft haben oder nur den äußeren Schein erwecken wollen.

Rechtliche Folgen eines Scheingeschäftes

Ein Scheingeschäft ist rechtlich gesehen grundsätzlich unwirksam. Das bedeutet, dass die beteiligten Parteien nicht an das äußere Geschäft gebunden sind. Dies ergibt sich aus § 117 Abs. 1 BGB, wonach ein Rechtsgeschäft, das einen anderen Rechtserfolg vorgibt, als beabsichtigt ist, keinen Bestand hat. Allerdings bedeutet die Unwirksamkeit des Geschäftes nicht automatisch die Unwirksamkeit des zugrunde liegenden Geschäftes. Hierzu ist eine gesonderte Prüfung erforderlich. Kann das zugrunde liegende Geschäft aufgedeckt werden und ist es rechtskonform, so hat dieses Bestand, unabhängig von der Unwirksamkeit des Scheingeschäftes.

Strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen eines Scheingeschäftes

Ein Scheingeschäft kann sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Folgen für die beteiligten Parteien haben. Dies ist insbesondere von deren jeweiligen Rolle im Zusammenhang mit dem Scheingeschäft abhängig:

Strafrechtliche Folgen

Vor allem dann, wenn das Scheingeschäft dazu genutzt wird, um rechtliche Vorschriften zu umgehen oder sich unberechtigt Vorteile zu verschaffen, kann dies weitreichende strafrechtliche Folgen haben. Eine Reihe von Straftatbeständen können hierbei erfüllt werden:

  • Betrug (§ 263 StGB): Erfüllt das Scheingeschäft den Tatbestand des Betrugs, kann dies nicht nur für den Scheingeschäftstäter, sondern auch für den Betreiber strafbar sein.
  • Steuerhinterziehung (§ 370 AO): Scheingeschäfte können strafbar sein, wenn sie mit der Absicht, Steuern zu hinterziehen, geschlossen werden.
  • Untreue (§ 266 StGB): Sind die Parteien eines Scheingeschäfts in einer Treuepflicht, kann eine Untreue vorliegen, wenn sie die ihnen anvertrauten Vermögensinteressen verletzen.

Zivilrechtliche Folgen

Die Unwirksamkeit eines Scheingeschäftes kann auch zivilrechtliche Folgen haben. Insbesondere können daraus Schadensersatzansprüche resultieren:

  • Schadensersatzansprüche: Ist ein Scheingeschäft unwirksam, können sich insbesondere für den benachteiligten Vertragspartner Schadensersatzansprüche ergeben. Hierzu muss diesem jedoch ein Schaden entstanden sein und ein Verschulden der Gegenseite liegen.
  • Aufklärungspflicht: Eine weitere zivilrechtliche Folge kann die Verpflichtung zur Aufklärung über das zugrunde liegende Geschäft sein.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Scheingeschäft

In der jüngeren Vergangenheit gab es einige Gerichtsurteile, die sich mit der Thematik des Scheingeschäftes beschäftigt haben. Im Folgenden stelle ich Ihnen drei interessante Entscheidungen vor:

  • Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 05.10.2017 – IX ZR 332/16: Das BGH hat in dieser Entscheidung geurteilt, dass ein Kaufvertrag über bewegliche Sachen, der lediglich zum Schein abgeschlossen wurde, um eine Zwangsvollstreckung des zuständigen Finanzamts abzuwenden, unwirksam ist. Für die beteiligten Personen bedeutet das, dass sie sich über das zurückliegende Scheingeschäft nicht vom eigenen Vermögen haben trennen wollen und behalten gegebenenfalls ihren bisherigen Besitzstand.
  • Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urteil vom 11.06.2019 – 3 U 144/18: Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Arbeitsvertrag unwirksam ist, wenn er nur dazu geschlossen wurde, um einen Hauptwohnsitz für die Betreffende Person zu erlangen und sie hierüber Steuervorteile beziehen möchte. Für das betroffene Arbeitsverhältnis hatte das zur Folge, dass es nicht bestand und die Arbeitgeberin nunmehr Schadensersatz für entgangene Steuervorteile geltend machen kann.
  • Finanzgericht (FG) Münster, Urteil vom 18.11.2019 – 11 K 2957/16 U: In diesem Fall urteilte das FG Münster, dass ein Scheingeschäft im Zusammenhang mit der steuerlichen Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen unwirksam ist und diese somit nicht als Betriebsausgaben absetzbar sind. Die Klägerin hatte vergeblich versucht, die steuerlichen Nachteile ihres Scheingeschäfts durch die Vorsteuerabzugsberechtigung zu umgehen.

Beispiele

Im Folgenden werden einige Beispiele vorgestellt, um das Verständnis für Scheingeschäfte zu vertiefen:

  • Arbeitsvertrag: Eine Person geht einen Arbeitsvertrag nur zum Schein ein, um aufgrund der Beschäftigung einen Aufenthaltstitel zu erhalten. Die tatsächliche Absicht ist es jedoch, gar nicht arbeiten zu wollen. Es handelt sich hierbei um ein Scheingeschäft.
  • Kaufvertrag über eine Immobilie: Eine Person möchte den Eindruck erwecken, dass sie finanziell gut aufgestellt ist und einen Kredit aufnehmen kann. Deshalb schließt sie einen Kaufvertrag über eine Immobilie ab, obwohl sie tatsächlich diese Immobilie gar nicht erwerben möchte. Wenn beide Parteien dies wissen und nur den äußeren Schein erwecken wollen, liegt ein Scheingeschäft vor.
  • Ehe: Eine aufenthaltsrechtliche Regelung besagt, dass Drittstaatsangehörige bei einer Eheschließung mit einer deutschen Staatsbürgerin oder einem deutschen Staatsbürger ein Bleiberecht erhalten. Wenn eine solche Eheschließung nur zum Schein vorgenommen wird, um diese Regelung auszunutzen, liegt ein Scheingeschäft vor.

FAQs

Warum sollte man ein Scheingeschäft eingehen?

Ein Scheingeschäft wird in der Regel mit der Absicht eingegangen, bestimmte rechtliche oder wirtschaftliche Vorteile zu erlangen, die man bei einem regulären Geschäft nicht erreichen würde. Dazu gehören etwa steuerliche Vergünstigungen, das Umgehen gesetzlicher Regelungen oder das Erwecken eines bestimmten Eindrucks bei Dritten. Wichtig ist hierbei zu beachten, dass die beteiligten Personen oftmals rechtliche Risiken eingehen und möglicherweise strafrechtlichen Sanktionen ausgesetzt sind.

Wie unterscheidet man ein Scheingeschäft von einem heimlichen Einverständnis?

Ein heimliches Einverständnis liegt vor, wenn die Vertragsparteien eine Regelung getroffen haben, die von Dritten nicht erkannt werden kann, jedoch keine Abweichung zwischen dem äußeren Schein und der tatsächlichen Handlungsabsicht besteht. Im Gegensatz dazu wird bei einem Scheingeschäft ein Vertrag abgeschlossen, der nur zum Schein gültig ist und in Wirklichkeit eine andere Vereinbarung verbirgt. Im Wesentlichen hängt die Unterscheidung davon ab, ob die Vertragsparteien eine ernsthafte Verpflichtungsabsicht haben oder nur den äußeren Schein erwecken wollen.

Kann ein Scheingeschäft auch unabsichtlich entstehen?

Ein Scheingeschäft setzt voraus, dass die Vertragsparteien einvernehmlich nur den äußeren Schein erwecken wollen und keine ernsthafte Verpflichtungsabsicht verfolgen. Insofern ist es unwahrscheinlich, dass ein Scheingeschäft unabsichtlich entsteht. Allerdings ist es denkbar, dass bestimmte Umstände im Nachhinein als Scheingeschäft gewertet werden, obwohl dies nicht beabsichtigt war. Eine solche Situation kann etwa vorliegen, wenn ein Vertrag zunächst in gutem Glauben geschlossen wurde, sich später jedoch herausstellt, dass einer der Vertragspartner die Vereinbarung nur zum Schein eingegangen ist.

Was sind die rechtlichen Folgen eines Scheingeschäftes?

Ein Scheingeschäft ist grundsätzlich unwirksam, was bedeutet, dass die beteiligten Parteien nicht an das äußere Geschäft gebunden sind. Allerdings bedeutet die Unwirksamkeit des Scheingeschäftes nicht automatisch die Unwirksamkeit des zugrunde liegenden Geschäftes. Hierzu ist eine gesonderte Prüfung erforderlich. Darüber hinaus können strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen aus einem Scheingeschäft resultieren. Insbesondere können Schadensersatzansprüche entstehen und strafrechtliche Tatbestände wie Betrug, Steuerhinterziehung oder Untreue erfüllt sein.

Wie erkennt man ein Scheingeschäft?

Ein Scheingeschäft zu erkennen, kann schwierig sein, insbesondere wenn es gut getarnt ist. Grundsätzlich sollte man auf Indizien achten, die auf eine Abweichung zwischen dem äußeren Schein und der tatsächlichen Absicht der Vertragsparteien hindeuten. Solche Anzeichen können beispielsweise Ungereimtheiten in der Vertragsgestaltung, ungewöhnliche Vereinbarungen oder ein auffälliges Verhalten der beteiligten Personen sein. In Zweifelsfällen ist es ratsam, juristischen Rat einzuholen, um die möglichen rechtlichen Folgen eines Scheingeschäftes abschätzen zu können.

Was sollte man tun, wenn man auf ein Scheingeschäft reingefallen ist?

Wenn man auf ein Scheingeschäft reingefallen ist oder den Verdacht hat, an einem solchen beteiligt zu sein, sollte man sich zunächst an einen erfahrenen Rechtsanwalt wenden. Dieser kann die Sachlage prüfen und eine rechtliche Einschätzung der Situation vornehmen. Abhängig von den Ergebnissen dieser Prüfung können unterschiedliche rechtliche Schritte erforderlich sein, etwa die Anfechtung des betreffenden Rechtsgeschäfts oder die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. In jedem Fall ist es wichtig, sich entsprechende rechtliche Unterstützung zu suchen, um die eigenen Interessen effektiv durchzusetzen.

Fazit

Als abschließende Zusammenfassung ist festzuhalten, dass das Scheingeschäft ein interessantes, aber juristisch komplexes Thema ist, bei dem viele rechtliche Fragen und Probleme auftreten können. Sowohl aus zivilrechtlicher als auch aus strafrechtlicher Sicht sind die potenziellen Folgen und Risiken für die beteiligten Personen erheblich. Wenn Sie glauben, mit einem Scheingeschäft konfrontiert zu sein, ist es wichtig, sich frühzeitig anwaltlichen Rat einzuholen, um die weiteren Schritte richtig zu planen und mögliche negative Folgen zu minimieren. In jedem Fall ist es ratsam, beim Eingehen von Rechtsgeschäften stets auf eine reguläre und rechtskonforme Vertragsgestaltung zu achten.

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