Wenn Sie Opfer oder Zeuge einer Straftat werden, sollten Sie nicht zögern, eine Strafanzeige zu erstatten. In diesem ausführlichen Beitrag erklären wir, wie eine Strafanzeige funktioniert, wann Sie sie einreichen sollten und welche rechtlichen Aspekte dabei zu beachten sind. Als erfahrene Anwaltskanzlei kennen wir die verschiedenen Gesichtspunkte und Tücken, die im Zusammenhang mit einer Strafanzeige auftreten können. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Rechte wahren und die bestmöglichen Chancen für eine erfolgreiche Strafverfolgung Ihres Falls schaffen können.

Inhalt

Was ist eine Strafanzeige?

Eine Strafanzeige ist die Mitteilung einer mutmaßlichen Straftat an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaft). Mit einer Strafanzeige informieren Sie die Behörden über eine Straftat, die Sie selbst oder jemand anderer begangen haben könnte. Damit setzen Sie den Prozess der strafrechtlichen Verfolgung in Gang.

Die Strafprozessordnung (StPO) regelt im § 158 die Einreichung einer Strafanzeige:

§ 158 StPO – Anzeige bei der Staatsanwaltschaft und bei den Behörden und Beamten des Polizeidienstes

  1. Jedermann hat das Recht, auf die Verfolgung einer Straftat hinzuwirken. Hierzu kann er bei der Staatsanwaltschaft, den Behörden und Beamten des Polizeidienstes oder den Amtsgerichten Anzeige erstatten.
  2. Die Anzeige kann mündlich oder schriftlich erstattet werden. Die Behörde oder der Beamte des Polizeidienstes nimmt die Anzeige auf und leitet sie unverzüglich der Staatsanwaltschaft zu.

Wann sollte man eine Strafanzeige erstatten?

Grundsätzlich sollte man eine Strafanzeige immer dann erstatten, wenn man Kenntnis von einer möglichen Straftat erlangt hat. Nach dem Legalitätsprinzip sind die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, jeder Straftat von Amts wegen nachzugehen. Wenn Sie also Opfer oder Zeuge einer Straftat geworden sind oder bei Ihnen der begründete Verdacht besteht, dass eine Straftat begangen wurde, sollten Sie diese melden.

Beispiele für Straftaten, bei denen Sie eine Anzeige erstatten sollten, sind:

Es gibt jedoch auch sogenannte Antragsdelikte, bei denen die Strafverfolgungsbehörden nur auf Antrag des Verletzten aktiv werden. Eine Strafverfolgung erfolgt dabei nicht von Amts wegen. Zu diesen Delikten zählen z. B. Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) oder üble Nachrede (§ 186 StGB). In diesen Fällen müssen Sie zusätzlich zur Anzeige auch einen Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft stellen.

Wie erstattet man eine Strafanzeige?

Grundsätzlich kann eine Strafanzeige mündlich, schriftlich oder sogar telefonisch bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder einem Amtsgericht erstattet werden. Es ist dabei wichtig, dass Sie die Straftat möglichst genau und vollständig schildern und alle Ihnen bekannten Informationen weitergeben. Dazu zählen insbesondere:

  • Zeitpunkt und Ort der Straftat
  • Art der Straftat
  • Name und/oder Beschreibung des Täters (sofern bekannt)
  • Namen und Anschriften von Zeugen (sofern bekannt)
  • Existenz von Beweismitteln (z. B. Fotos, Videos, Schriftstücke)

Auch anonyme Strafanzeigen sind grundsätzlich möglich. Sie sollten jedoch bedenken, dass eine solche Anzeige möglicherweise weniger Gewicht besitzt und Ihre fehlende Mitwirkung im weiteren Verlauf dazu führen kann, dass das Verfahren eingestellt wird.

Rechte und Pflichten des Anzeigenden

Als Anzeigender haben Sie einerseits das Recht, die Strafverfolgungsbehörden über eine mögliche Straftat zu informieren und damit den Strafverfolgungsprozess in Gang zu setzen. Andererseits besteht auch die Pflicht zur Wahrheitsgemäßheit Ihrer Angaben. Eine unwahre oder vorsätzlich falsche Anzeige stellt unter Umständen sogar eine Straftat dar (§ 164 StGB).

Wichtig ist auch, dass Sie als Anzeigender nicht automatisch Partei im Strafverfahren werden. Sie sind zunächst nur Zeuge und können im weiteren Verlauf möglicherweise auch als Nebenkläger auftreten, wenn Sie dies möchten und die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Als Zeuge unterliegen Sie gegebenenfalls einer Aussagepflicht und müssen vor Gericht erscheinen, wenn Sie dazu geladen werden.

Das Strafverfahren: Wie geht es nach der Anzeige weiter?

Nachdem Sie die Strafanzeige erstattet haben, prüft die Staatsanwaltschaft, ob hinreichende Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen. Ist dies der Fall, leitet sie die Ermittlungen ein. Dabei kann die Staatsanwaltschaft auch die Polizei zur Durchführung der Ermittlungen einschalten.

Im Ermittlungsverfahren werden Zeugen vernommen, Beweise gesichert und Bewertungen von Sachverständigen eingeholt. Ziel ist es, den Sachverhalt aufzuklären und einen hinreichenden Tatverdacht gegen den Beschuldigten zu begründen.

Nach Abschluss der Ermittlungen kann die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob sie Anklage erhebt oder das Verfahren einstellt. Anklage wird sie nur erheben, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht, d.h. wenn es wahrscheinlich ist, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat. Andernfalls stellt sie das Verfahren ein.

Falls Anklage erhoben wird, kommt es zum Hauptverfahren vor Gericht. Hier prüft das Gericht nochmals, ob ein hinreichender Tatverdacht besteht. Ist dies der Fall, wird das Hauptverfahren eröffnet, bei dem die Beweisaufnahme durchgeführt und anschließend ein Urteil gefällt wird. Dieses kann sowohl einen Freispruch als auch eine Verurteilung des Beschuldigten umfassen.

Opferrechte im Strafverfahren

Als Opfer einer Straftat haben Sie im Strafverfahren besondere Rechte, die Ihnen zustehen. Dazu gehören unter anderem:

  • Informationen über den Verlauf des Verfahrens
  • Zeugenaussage bei Gericht oder gegenüber der Polizei/Staatsanwaltschaft
  • Erstattung von Auslagen, die Ihnen durch das Strafverfahren entstanden sind (z. B. Fahrtkosten zu Gerichtsterminen)

Je nach Art der Straftat können Sie auch Nebenkläger oder Adhäsionskläger im Verfahren werden. Als Nebenkläger haben Sie das Recht, aktiv am Prozess teilzunehmen, z. B. durch das Stellen von Anträgen, das Stellen von Fragen an Zeugen und andere Verfahrensbeteiligte oder das Halten eines eigenen Schlussvortrags. Als Nebenkläger haben Sie außerdem das Recht, an der Hauptverhandlung teilzunehmen, und auch das Recht auf einen Anwalt, der Sie während des Verfahrens unterstützt.

Die Adhäsion ermöglicht es Ihnen, zivilrechtliche Ansprüche (z. B. Schadensersatz oder Schmerzensgeld) direkt im Strafverfahren geltend zu machen, ohne dass ein separates Zivilverfahren erforderlich ist.

Wann benötigt man einen Anwalt und was kann dieser tun?

Sollten Sie Opfer einer schweren Straftat geworden sein oder wenn Sie als Nebenkläger im Strafverfahren auftreten möchten, sollten Sie einen Rechtsanwalt hinzuziehen. Ein erfahrener Anwalt kann Sie dabei unterstützen, Ihre Rechte bestmöglich zu wahren und Sie während des gesamten Strafverfahrens begleiten.

Ein Anwalt kann Ihnen dabei folgende Leistungen anbieten:

  • Prüfung der Strafanzeige bzw. des Strafantrags auf Rechtskonformität und Vollständigkeit
  • Unterstützung bei der Zusammenstellung und Beschaffung von Beweismaterial
  • Beratung über Ihre Rechte und Pflichten als Opfer bzw. Zeuge
  • Vertretung Ihrer Interessen als Nebenkläger im Verfahren
  • Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche im Wege der Adhäsion
  • Begleitung und Vertretung vor Gericht während der Hauptverhandlung

FAQs zur Strafanzeige

Nachfolgend die häufigsten Fragen für Sie auf einen Blick.

Gibt es Fristen zur Erstattung einer Strafanzeige?

Prinzipiell gibt es keine festen Fristen zur Erstattung einer Strafanzeige. Sie sollten jedoch eine Straftat so schnell wie möglich melden, um die Erfolgsaussichten der Strafverfolgung zu erhöhen. Je mehr Zeit vergeht, desto schwerer kann es sein, Beweise zu sichern und Zeugen zu finden.

Anders verhält es sich bei Antragsdelikten, bei denen Sie zusätzlich zur Anzeige einen Strafantrag stellen müssen. Hier beträgt die Antragsfrist gemäß § 77b StGB in der Regel drei Monate ab Kenntnis des Antragsberechtigten von der Tat und der Person des Täters. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Strafverfolgung nicht mehr möglich.

Was ist der Unterschied zwischen einer Strafanzeige und einem Strafantrag?

Eine Strafanzeige ist die Mitteilung einer mutmaßlichen Straftat an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Durch die Anzeige setzen Sie den Strafverfolgungsprozess in Gang. Bei Antragsdelikten müssen Sie zusätzlich einen Strafantrag stellen, damit die Behörden tätig werden. Ein Strafantrag ist somit eine persönliche Aufforderung zur Strafverfolgung und zeigt, dass der Antragsteller ein besonderes Interesse an der Strafverfolgung des Täters hat.

Können auch Minderjährige eine Strafanzeige erstatten?

Ja, grundsätzlich können auch Minderjährige eine Strafanzeige erstatten. Bei minderjährigen Anzeigenden oder Opfern kann jedoch die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter (z. B. Eltern) erforderlich sein. In diesen Fällen sollte immer das Jugendamt eingeschaltet werden.

Kann ich meine Strafanzeige zurückziehen?

Eine einmal erstattete Strafanzeige kann grundsätzlich nicht mehr zurückgezogen werden. Sie können jedoch bei der Staatsanwaltschaft bzw. der Polizei mitteilen, dass Sie von einer weiteren Verfolgung der Anzeige absehen möchten. Die Staatsanwaltschaft ist jedoch nicht verpflichtet, diesem Wunsch zu entsprechen, insbesondere wenn es sich um schwere Straftaten handelt.

Was passiert, wenn meine Anzeige zu Unrecht erstattet wurde?

Falls Sie unwissentlich eine Anzeige zu Unrecht erstattet haben, sollten Sie dies schnellstmöglich bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft mitteilen. Sofern Sie die Anzeige nicht vorsätzlich falsch erstattet haben, drohen Ihnen in der Regel keine rechtlichen Konsequenzen.

Kann ich eine Strafanzeige auch im Ausland erstatten?

Ja, grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, eine Strafanzeige im Ausland zu erstatten, wenn Sie Opfer oder Zeuge einer dort begangenen Straftat geworden sind. Beachten Sie jedoch, dass die Zuständigkeit der ausländischen Strafverfolgungsbehörden und die rechtlichen Besonderheiten des jeweiligen Landes gelten. In manchen Fällen kann es ratsam sein, auch in Ihrem Heimatland eine Anzeige zu erstatten und auf das internationale Rechtshilfeverfahren zurückzugreifen. Bei Auslandsbezug empfiehlt es sich, einen Anwalt hinzuzuziehen, der Erfahrung im internationalen Strafrecht hat.

Wann sollte ich einen Rechtsanwalt einschalten?

Die Einschaltung eines Rechtsanwalts sollte insbesondere bei schweren Straftaten, in denen Sie als Nebenkläger auftreten möchten oder wenn internationales Recht beteiligt ist, erfolgen. Ein Anwalt kann Ihnen dabei helfen, Ihre Rechte im Strafverfahren bestmöglich zu wahren und Sie bei der Durchsetzung Ihrer zivilrechtlichen Ansprüche unterstützen.

Welche Kosten entstehen bei einer Strafanzeige?

Die Erstattung einer Strafanzeige selbst ist kostenfrei. Kosten können jedoch entstehen, wenn Sie einen Rechtsanwalt hinzuziehen, etwa für die Beratung oder Vertretung im Strafverfahren. Bei einem Freispruch des Beschuldigten kann es zudem dazu kommen, dass Sie als Anzeigender für die Verfahrenskosten aufkommen müssen. In solchen Fällen kann eine Rechtsschutzversicherung sinnvoll sein.

Was tun, wenn ich selbst Beschuldigter in einem Strafverfahren bin?

Als Beschuldigter in einem Strafverfahren ist es wichtig, dass Sie sich zunächst über Ihre Rechte und Pflichten im Klaren sind. Grundsätzlich gilt für Sie die Unschuldsvermutung und das Recht zu schweigen. Sie sollten keinerlei Aussagen zur Sache machen, ohne zuvor einen Rechtsanwalt zu Rate gezogen zu haben. Ein Anwalt kann Ihnen helfen, Ihre Verteidigung im Verfahren strategisch zu planen und Ihre Rechte bestmöglich zu wahren.

Was sind die möglichen Folgen einer Verurteilung wegen einer Straftat?

Die Folgen einer Verurteilung wegen einer Straftat können vielfältig sein und umfassen unter anderem:

  • Geldstrafen
  • Freiheitsstrafen
  • Eintragungen im Bundeszentralregister oder Führungszeugnis, die sich negativ auf berufliche und soziale Chancen auswirken können
  • Entzug von Rechten und Privilegien, wie z.B. Führerschein- oder Waffenbesitzverbot
  • Reiseeinschränkungen (z. B. bei Verurteilung wegen Drogendelikten)
  • Zivilrechtliche Ansprüche, wie Schadensersatz oder Schmerzensgeld

Ein erfahrener Rechtsanwalt kann Ihnen helfen, die möglichen Folgen einer Verurteilung bestmöglich abzuwenden oder abzumildern.

Fazit

Die Strafanzeige stellt ein wichtiges Instrument der Strafverfolgung dar und ermöglicht es Ihnen, die Behörden über mögliche Straftaten zu informieren. Dabei ist es essentiell, die rechtlichen Aspekte und Voraussetzungen der Strafanzeige zu kennen und zu berücksichtigen. Im Zweifelsfall sollten Sie immer die Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwalts in Anspruch nehmen, um Ihre Rechte bestmöglich zu wahren und den Verlauf des Strafverfahrens positiv zu beeinflussen.

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