Ein Strafzettel kann jeden Autofahrer betreffen und ist ärgerlich – ob berechtigt oder nicht. Doch welche rechtlichen Mittel stehen Ihnen zur Verfügung, um gegen einen Strafzettel vorzugehen? In diesem Blog-Beitrag erfahren Sie alles Wissenswerte rund um das Thema Strafzettel: rechtliche Grundlagen, Einspruchsmöglichkeiten, aktuelle Gerichtsurteile und vieles mehr.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Grundlagen

Bei Strafzetteln, auch Verwarnungen genannt, handelt es sich in der Regel um einen bürokratischen und rechtlichen Vorstoß, um bestimmte Verstöße im Straßenverkehr zu ahnden. In diesem Kontext sind verschiedene Gesetze und Verordnungen von Relevanz:

  1. Grundgesetz (GG): Das Grundgesetz garantiert grundlegende Rechte und Freiheiten, die auch im Falle von Strafzetteln relevant sind. Dazu zählen etwa das Recht auf Freizügigkeit (Art. 11 GG) oder das Eigentumsrecht (Art. 14 GG).
  2. Straßenverkehrsgesetz (StVG): Das StVG regelt verschiedene Aspekte des Straßenverkehrs, einschließlich der Haftung bei Verkehrsunfällen und der Verkehrszulassung von Fahrzeugen. Das StVG enthält auch Vorschriften zur Ahndung von Verstößen, einschließlich Bußgeldern und Verwarnungen.
  3. Verwarnungsgeldkatalog (BKat): Der Verwarnungsgeldkatalog („BKat“ oder „BKatV“) gibt den zuständigen Behörden verbindliche Richtlinien für die Festsetzung von Verwarnungsgeldern und Bußgeldern bei Verkehrsverstößen an die Hand.
  4. Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG): Das OWiG regelt das Verfahren zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, darunter auch bestimmte Verkehrsverstöße, welche mit einer Verwarnung belegt werden können. Es enthält Regelungen zur Feststellung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten sowie zur Bemessung der Sanktionen.

Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit Strafzetteln

Der Erhalt eines Strafzettels geht mit einer Reihe von Rechten und Pflichten einher, sowohl für den Betroffenen als auch für die zuständigen Behörden. In diesem Abschnitt geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit Strafzetteln.

Rechte von Betroffenen

  1. Recht auf Akteneinsicht: Als Betroffener eines Strafzettelverfahrens haben Sie das Recht auf Akteneinsicht. Das bedeutet, dass Sie Einsicht in die gesamten Ermittlungsakten nehmen dürfen, um sich ein Bild von den gegen Sie erhobenen Vorwürfen zu verschaffen.
  2. Recht auf Anhörung: Vor Erlass eines Bußgeldbescheids haben Sie das Recht, zu den gegen Sie erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die Behörde ist verpflichtet, Ihnen Gelegenheit zur Anhörung zu geben und diese auch zu dokumentieren.
  3. Recht auf einen fairen Prozess: Bei einem Einspruch gegen einen Strafzettel steht Ihnen das Recht auf einen fairen Prozess zu. Dazu gehört unter anderem, dass Sie rechtliches Gehör erhalten und dass das Gericht unvoreingenommen über Ihren Fall entscheidet.
  4. Recht auf rechtliches Gehör: Gemäß Art. 103 GG steht Ihnen das Recht auf rechtliches Gehör zu. Dies bedeutet, dass Sie sich in jeder Phase des Verfahrens zu den gegen Sie erhobenen Vorwürfen äußern dürfen.

Pflichten von Betroffenen

  1. Mitwirkungspflicht: Bei einem Strafzettelverfahren besteht grundsätzlich eine Mitwirkungspflicht des Betroffenen. Dies bedeutet, dass Sie angeforderte Auskünfte erteilen und ggf. erforderliche Bescheide entgegennehmen müssen.
  2. Wahrheitspflicht: Im Rahmen eines Strafzettelverfahrens sind Sie dazu verpflichtet, wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Falls Sie vorsätzlich oder fahrlässig falsche Angaben machen, kann dies zu weiteren Sanktionen führen.
  3. Beachtung gesetzlicher Fristen: Bei einem Einspruch gegen einen Strafzettel ist es wichtig, die gesetzlichen Fristen einzuhalten. Achten Sie daher darauf, dass Sie Ihren Einspruch fristgerecht einreichen.

Pflichten der Behörden

  1. Einhaltung der Ermittlungsgrundsätze: Bei der Feststellung eines Verkehrsverstoßes müssen die Behörden die gesetzlichen Ermittlungsgrundsätze einhalten. Dazu gehört unter anderem die Unschuldsvermutung und das Gebot der Verhältnismäßigkeit.
  2. Einräumung gesetzlicher Rechte: Die zuständigen Behörden müssen alle im Verfahren gewährten gesetzlichen Rechte der Betroffenen beachten und einräumen. Dazu gehört zum Beispiel das Recht auf Akteneinsicht und Anhörung.
  3. Beachtung formeller Anforderungen: Bei der Ausstellung von Strafzetteln und Bußgeldbescheiden müssen die Behörden verschiedene formelle Anforderungen beachten. So müssen z.B. bestimmte Informationen auf dem Strafzettel enthalten sein und die Behörde muss ihre Zuständigkeit darlegen.

Verfahren der Einspruchs- und Klageeinreichung

Wenn Sie einen Strafzettel erhalten haben und damit nicht einverstanden sind, stehen Ihnen verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung, um dagegen vorzugehen. In den folgenden Abschnitten zeigen wir Ihnen die verschiedenen Verfahrensschritte, die Sie bei einem Einspruch gegen einen Strafzettel beachten sollten.

Prüfung des Strafzettels

Bevor Sie einen Einspruch gegen einen Strafzettel einlegen, sollten Sie den Bescheid gründlich prüfen. Dabei ist es wichtig, sowohl die formellen als auch die inhaltlichen Aspekte des Bescheids zu betrachten. Folgende Punkte sollten Sie überprüfen:

  • Sind alle erforderlichen Angaben auf dem Strafzettel enthalten (z. B. Angaben zum Verstoß, Ort, Datum, Uhrzeit, Fahrzeugdaten)?
  • Wurde der Verstoß korrekt dargestellt und bewertet?
  • Stimmen die berechneten Sanktionen (z. B. Verwarnungs- oder Bußgeld, Punkte) mit den gesetzlichen Vorschriften überein?
  • Hat die zuständige Behörde ihre Zuständigkeit dargelegt?
  • Wurden Fristen korrekt angegeben und eingehalten?

Einspruch gegen den Strafzettel einlegen

Wenn Sie nach Prüfung des Strafzettels der Ansicht sind, dass dieser fehlerhaft oder unberechtigt ist, können Sie innerhalb einer Frist von 14 Tagen ab Zustellung Einspruch einlegen. Der Einspruch kann schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Behörde erfolgen. Dabei sollten Sie unbedingt die folgenden Aspekte beachten:

  • Halten Sie die gesetzliche Einspruchsfrist ein.
  • Legen Sie dar, aus welchen Gründen Sie den Strafzettel für fehlerhaft oder unberechtigt halten.
  • Fügen Sie gegebenenfalls Beweismittel (z. B. Fotos, Zeugenaussagen) bei.

Behördliche Entscheidung über den Einspruch

Nachdem die Behörde Ihren Einspruch erhalten hat, wird sie diesen prüfen und darüber entscheiden, ob sie dem Einspruch stattgibt oder ihn zurückweist. In der Regel gibt es drei mögliche Ergebnisse:

  1. Der Strafzettel wird aufgehoben: Wenn die Behörde Ihrem Einspruch stattgibt, wird der Strafzettel aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
  2. Der Strafzettel wird geändert: Die Behörde kann auch feststellen, dass der Strafzettel zwar fehlerhaft, aber nicht vollständig unbegründet ist. In diesem Fall kann sie den Strafzettel entsprechend ändern (z. B. Höhe des Bußgelds reduzieren).
  3. Der Einspruch wird zurückgewiesen: Wenn die Behörde der Auffassung ist, dass Ihr Einspruch unbegründet ist, wird sie den Einspruch zurückweisen und den Strafzettel bestätigen.

Klage vor dem Verwaltungsgericht

Wenn die Behörde Ihren Einspruch zurückgewiesen hat und Sie weiterhin der Meinung sind, dass der Strafzettel fehlerhaft oder unberechtigt ist, können Sie Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Hierbei sollten Sie folgende Schritte beachten:

  • Die Klage muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Ablehnungsbescheids beim zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht werden.
  • Die Klageschrift sollte von einem Rechtsanwalt verfasst werden, um alle rechtlichen Aspekte und Erfordernisse abzudecken.
  • Im Klageverfahren werden sowohl formelle als auch materielle (inhaltliche) Aspekte des Strafzettels geprüft.
  • Das Gericht entscheidet nach Prüfung des Klagevorbringens und einer mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit des Strafzettels.

Aktuelle Gerichtsurteile rund um das Thema Strafzettel

In diesem Abschnitt möchten wir Ihnen einige aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Strafzettel vorstellen. Diese Urteile verdeutlichen die rechtlichen Fragestellungen, die im Zusammenhang mit Strafzetteln auftreten können und zeigen auf, wie Gerichte in konkreten Einzelfällen entschieden haben. Beachten Sie jedoch, dass sich Gerichtsentscheidungen stets auf den Einzelfall beziehen und nicht automatisch auf andere Fälle übertragbar sind.

Urteil 1: Kein Verwarnungsgeld bei unzureichender Beschilderung (VG Neustadt, Urteil vom 24.07.2019 – 1 K 100/19.NW)

In diesem Fall hatte ein Autofahrer einen Strafzettel wegen Parkens auf einem Gehweg erhalten. Der Betroffene legte jedoch Einspruch gegen den Strafzettel ein und argumentierte, dass die Beschilderung unzureichend sei, da sie lediglich auf eine Seite des Gehwegs gerichtet sei. Das Verwaltungsgericht Neustadt gab dem Einspruch statt und hob das Verwarnungsgeld auf. Das Gericht stellte fest, dass die Beschilderung tatsächlich unzureichend war und der Betroffene daher nicht auf das Verbot hingewiesen wurde.

Urteil 2: Kein Bußgeld ohne eindeutige Identifikation des Fahrers (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.02.2018 – IV-2 RBs 24/18)

Dem Betroffenen wurde ein Bußgeldbescheid zugestellt, weil er die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hatte. Auf dem Beweisfoto war jedoch nur ein Bruchteil seines Gesichts zu erkennen. Das OLG Düsseldorf entschied, dass ein Bußgeld in diesem Fall nicht verhängt werden darf, da der Fahrer nicht eindeutig identifiziert werden kann und die Beweisführung nicht ausreicht, um den Betroffenen als Fahrer zu überführen.

Urteil 3: Private Parkplatzkontrolleure dürfen keine Strafzettel ausstellen (AG München, Urteil vom 09.03.2017 – 1115 OWi 300 Js 161411/16)

In diesem Fall hatte ein privater Parkplatzbetreiber einen Autofahrer aufgefordert, ein „Vertragsstrafegeld“ in Höhe von 30 Euro zu zahlen, weil er ohne gültiges Parkticket geparkt hatte. Das Amtsgericht München entschied jedoch, dass der Parkplatzbetreiber nicht dazu befugt ist, solche Strafzettel auszustellen. Solche Forderungen, die Ähnlichkeit mit staatlichen Sanktionen besitzen, seien rechtswidrig und müssen nicht gezahlt werden.

Häufig gestellte Fragen

Im Folgenden finden Sie einige häufig gestellte Fragen (FAQs) rund um das Thema Strafzettel. Dazu geben wir Ihnen kurze und prägnante Antworten auf rechtliche Fragen und Unsicherheiten, die in der Praxis regelmäßig auftreten.

Kann ich gegen einen Strafzettel aus dem Ausland Einspruch einlegen?

Grundsätzlich können Sie auch gegen Strafzettel aus dem Ausland Einspruch einlegen. Das Verfahren und die Erfolgsaussichten hängen jedoch vom jeweiligen Land und dessen gesetzlichen Regelungen ab. In vielen Fällen ist es ratsam, sich anwaltlich beraten zu lassen, um die richtige Vorgehensweise und mögliche Risiken abzuschätzen.

Kann ich gegen einen Strafzettel vorgehen, wenn ich das Bußgeld bereits gezahlt habe?

Nachdem das Bußgeld gezahlt wurde, gilt das Verfahren in der Regel als abgeschlossen und ein Einspruch ist nicht mehr möglich. In Ausnahmefällen kann jedoch eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt werden, wenn dies im Interesse der Rechtsstaatlichkeit geboten ist. Die Erfolgsaussichten sind in solchen Fällen jedoch meist gering.

Wie lange darf die Behörde sich Zeit lassen, um einen Strafzettel zuzustellen?

Die Zustellung eines Strafzettels unterliegt der Verjährungsfrist. Eine Ordnungswidrigkeit verjährt grundsätzlich nach drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Begehung, es gibt jedoch Ausnahmeregelungen. Die Behörde hat jedoch während der Bearbeitung verschiedene Möglichkeiten, die Verjährung zu unterbrechen oder zu hemmen. Hier spielen Faktoren wie die Komplexität des Falls, die Belastung der Behörden und möglicherweise vorliegende Verzögerungen durch die Beteiligten eine Rolle.

Darf ich gegen einen Strafzettel vorgehen, wenn die Verkehrsschilder schlecht sichtbar waren?

Die Sichtbarkeit von Verkehrsschildern ist ein wichtiger Aspekt für die Rechtmäßigkeit von Strafzetteln. Bei schlecht sichtbaren Schildern kann unter Umständen ein Einspruch gegen den Strafzettel erfolgreich sein. Hierfür ist jedoch eine genaue Prüfung des Einzelfalls und der Umstände erforderlich, zum Beispiel hinsichtlich der Position und Beschilderung, der Verkehrssituation oder möglicherweise eingetretener Veränderungen (z. B. durch Unwetter oder Vandalismus).

Wie lange habe ich Zeit, um gegen einen Strafzettel Einspruch einzulegen?

Die Frist für den Einspruch gegen einen Strafzettel beträgt in der Regel 14 Tage ab Zustellung des Strafzettels. Versäumen Sie diese Frist, sind Ihre Möglichkeiten zur Anfechtung in der Regel erloschen. Es ist daher wichtig, sich rechtzeitig mit dem Strafzettel auseinanderzusetzen und die Frist im Auge zu behalten. Bei wichtigen Gründen, die ein Versäumen der Frist erklären (z. B. Krankheit), kann in Ausnahmefällen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden.

Kontakt zu unserer Anwaltskanzlei

Wenn Sie einen Strafzettel erhalten haben und rechtliche Unterstützung benötigen, stehen wir Ihnen als kompetente und erfahrene Rechtsanwaltskanzlei zur Verfügung. Wir beraten Sie umfassend und individuell zu Ihren rechtlichen Möglichkeiten und vertreten Sie in Widerspruchs-, Einspruchs- und Klageverfahren vor den zuständigen Behörden und Gerichten.

Zögern Sie nicht, Kontakt mit uns aufzunehmen – ob per E-Mail, Telefon oder persönlich in unserer Kanzlei. Gerne bieten wir Ihnen ein unverbindliches Erstgespräch an, in dem wir Ihren Fall besprechen und gemeinsam die beste Vorgehensweise festlegen können.

Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme und darauf, Ihnen im Umgang mit Strafzetteln und allen damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen zur Seite zu stehen!

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