Vertragsstrafen - anwaltliche Hilfe

Vertragsstrafen sind ein wichtiges Instrument in der Vertragsgestaltung und dienen dazu, Vertragspartner bei Verletzungen ihrer vertraglichen Pflichten zur Verantwortung zu ziehen und sie zur Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen anzuhalten. In diesem Artikel wollen wir Ihnen eine umfassende Einführung in das Thema Vertragsstrafen geben. Wir erläutern die gesetzlichen Grundlagen, beschäftigen uns mit der Durchsetzung und Berechnung von Vertragsstrafen und zeigen Ihnen, welche Grenzen der Gesetzgeber und die Rechtsprechung dem Vertragsstrafenrecht setzen. Dabei orientieren wir uns an aktuellen Gerichtsurteilen und geben Ihnen praxisnahe Beispiele, um Ihnen einen möglichst detaillierten Einblick in die Materie zu ermöglichen.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen des Vertragsstrafenrechts

Vertragsstrafen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt und dienen dazu, Vertragspartner bei Verletzungen ihrer vertraglichen Pflichten zur Verantwortung zu ziehen und sie zur Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen anzuhalten. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der sogenannten Verspätungsstrafe, die in § 340 BGB geregelt ist und der Vertragsstrafe im engeren Sinne, die in § 339 BGB normiert ist.

  • Verspätungsstrafe (§ 340 BGB): Die Verspätungsstrafe ist eine Geldstrafe, die bei verspäteter Erfüllung einer vertraglichen Leistung vom Schuldner an den Gläubiger zu zahlen ist. Sie kann sowohl für den Fall einer Verspätung bei der Erfüllung einer Hauptleistung als auch einer Nebenleistung vereinbart werden.
  • Vertragsstrafe (§ 339 BGB): Die Vertragsstrafe ist eine Geldstrafe, die bei Nichterfüllung oder Schlechterfüllung einer vertraglichen Leistung vom Schuldner an den Gläubiger zu zahlen ist. Sie kann sowohl für den Fall der Nichterfüllung als auch der Schlechterfüllung einer vertraglichen Leistung vereinbart werden.

Voraussetzungen für die Vereinbarung von Vertragsstrafen

Vertragsstrafen können grundsätzlich in jedem Vertrag vereinbart werden, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es muss eine wirksame Vertragsstrafenvereinbarung vorliegen, die die Höhe der Vertragsstrafe und den Fall regelt, in dem sie verwirkt wird.
  • Die Vereinbarung der Vertragsstrafe darf nicht gegen gesetzliche Verbote, die guten Sitten oder die zwingenden Vorschriften des BGB verstoßen.
  • Die Vereinbarung der Vertragsstrafe muss im beiderseitigen Interesse der Vertragsparteien liegen.

Formvorschriften für die Vereinbarung von Vertragsstrafen

Grundsätzlich sind keine besonderen Formvorschriften für die Vereinbarung von Vertragsstrafen zu beachten. Allerdings gibt es im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und im Arbeitsrecht einige Besonderheiten:

  • Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB): In AGB ist die Vereinbarung von Vertragsstrafen nur zulässig, wenn sie klar und verständlich formuliert sind und keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners darstellen (§ 307 BGB).
  • Arbeitsrecht: Im Arbeitsrecht sind Vertragsstrafen nur zulässig, wenn sie sich auf bestimmte, genau bezeichnete Fälle beziehen und nicht unverhältnismäßig hoch sind. Zudem müssen sie schriftlich vereinbart werden (§ 74 HGB).

Durchsetzung von Vertragsstrafen

Die Durchsetzung einer Vertragsstrafe setzt zunächst voraus, dass der Gläubiger einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe gegen den Schuldner hat. Dieser Anspruch entsteht, wenn die Voraussetzungen der Vertragsstrafenvereinbarung erfüllt sind und die Vertragsstrafe verwirkt ist. Die Durchsetzung der Vertragsstrafe erfolgt dann durch eine entsprechende Zahlungsaufforderung des Gläubigers an den Schuldner. Der Schuldner hat grundsätzlich die Möglichkeit, die Vertragsstrafe abzuwenden, indem er die vertragliche Leistung nachträglich erbringt oder nachbessert. Allerdings kann der Gläubiger auch in diesem Fall auf der Zahlung der Vertragsstrafe bestehen, wenn die vertragliche Leistung für ihn ohne Interesse ist oder er aufgrund der Vertragsverletzung einen Schaden erlitten hat, der durch die Nachbesserung oder Nachlieferung nicht mehr auszugleichen ist.

Durchsetzung von Vertragsstrafen in der Praxis

In der Praxis gestaltet sich die Durchsetzung von Vertragsstrafen häufig schwierig, da die Vertragspartner unterschiedliche Auffassungen über die Voraussetzungen der Vertragsstrafenvereinbarung und die Höhe der verwirkten Vertragsstrafe haben können. Daher sollte der Gläubiger bei der Geltendmachung einer Vertragsstrafe stets folgende Punkte beachten:

  • Der Gläubiger sollte zunächst prüfen, ob die Voraussetzungen der Vertragsstrafenvereinbarung erfüllt sind und die Vertragsstrafe verwirkt ist.
  • Der Gläubiger sollte die Vertragsstrafe schriftlich und nachweisbar gegenüber dem Schuldner geltend machen und dabei die Höhe der Vertragsstrafe sowie den verwirkenden Sachverhalt genau bezeichnen.
  • Der Gläubiger sollte dem Schuldner eine angemessene Frist zur Zahlung der Vertragsstrafe setzen. Diese Frist sollte in der Regel nicht kürzer als zwei Wochen sein.
  • Der Gläubiger sollte bei Uneinigkeit über die Höhe der Vertragsstrafe oder die Voraussetzungen der Vertragsstrafenvereinbarung rechtlichen Rat einholen und gegebenenfalls gerichtliche Schritte einleiten.

Berechnung von Vertragsstrafen

Die Höhe der Vertragsstrafe richtet sich grundsätzlich nach der vertraglichen Vereinbarung der Vertragspartner. Dabei kann die Vertragsstrafe entweder als fester Betrag oder als prozentualer Anteil des Auftragswertes oder des Schadens vereinbart werden. Die Höhe der Vertragsstrafe sollte jedoch angemessen und nicht unverhältnismäßig hoch sein, um eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners und eine Verletzung der guten Sitten oder des BGB zu vermeiden.

Berechnung von Vertragsstrafen bei Verspätung

Im Falle einer Verspätungsstrafe kann die Höhe der Vertragsstrafe pro Tag oder Woche der Verspätung festgelegt werden. Dabei sollte die vereinbarte Vertragsstrafe in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der Verspätung und der Höhe des Schadens stehen, der dem Gläubiger durch die Verspätung entsteht.

Berechnung von Vertragsstrafen bei Nicht- oder Schlechterfüllung

Im Falle einer Nicht- oder Schlechterfüllung einer vertraglichen Leistung sollte die Höhe der Vertragsstrafe in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der vertraglichen Leistung und dem durch die Nicht- oder Schlechterfüllung entstehenden Schaden stehen. Dabei kann die Vertragsstrafe entweder als fester Betrag oder als prozentualer Anteil des Auftragswertes oder des Schadens vereinbart werden.

Anpassung der Vertragsstrafe durch das Gericht

Wenn die vereinbarte Vertragsstrafe unangemessen hoch ist, kann das zuständige Gericht die Vertragsstrafe gemäß § 343 BGB auf einen angemessenen Betrag herabsetzen. Dabei berücksichtigt das Gericht sowohl die Interessen des Gläubigers an einer wirksamen Durchsetzung seiner vertraglichen Ansprüche als auch die Interessen des Schuldners an einer fairen und angemessenen Regelung.

Grenzen des Vertragsstrafenrechts

Das Vertragsstrafenrecht ist in Deutschland durch verschiedene gesetzliche Regelungen und Rechtsprechungsgrundsätze begrenzt, um eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner und eine Verletzung der guten Sitten oder des BGB zu vermeiden. Die wichtigsten Grenzen des Vertragsstrafenrechts sind:

  • Verbot der Doppelverfolgung: Ein Schuldner darf nicht gleichzeitig wegen derselben Vertragsverletzung zur Zahlung einer Vertragsstrafe und zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet werden (§ 340 Abs. 2 BGB). In diesem Fall wird die Vertragsstrafe auf den Schadensersatzanspruch angerechnet.
  • Verbot der Übermaßregelung: Die Höhe der Vertragsstrafe darf nicht unangemessen hoch sein und muss in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der vertraglichen Leistung und dem durch die Vertragsverletzung entstehenden Schaden stehen. Andernfalls kann das zuständige Gericht die Vertragsstrafe gemäß § 343 BGB auf einen angemessenen Betrag herabsetzen.
  • Verbot der unangemessenen Benachteiligung: Vertragsstrafen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sind nur zulässig, wenn sie klar und verständlich formuliert sind und keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners darstellen (§ 307 BGB).
  • Arbeitsrechtliche Beschränkungen: Im Arbeitsrecht sind Vertragsstrafen nur zulässig, wenn sie sich auf bestimmte, genau bezeichnete Fälle beziehen und nicht unverhältnismäßig hoch sind. Zudem müssen sie schriftlich vereinbart werden (§ 74 HGB).

Aktuelle Gerichtsurteile

In diesem Abschnitt stellen wir Ihnen einige aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Vertragsstrafen vor, um Ihnen einen Einblick in die Rechtsprechung und die Anwendung des Vertragsstrafenrechts in der Praxis zu geben.

Urteil des BGH vom 29.03.2017 – VIII ZR 45/16

In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbarte Vertragsstrafe bei einem Verbrauchsgüterkauf unwirksam ist, wenn sie den Käufer unangemessen benachteiligt. Im konkreten Fall hatte ein Händler in seinen AGB eine Vertragsstrafe in Höhe von 15 % des Kaufpreises für den Fall vereinbart, dass der Käufer vom Vertrag zurücktritt. Der BGH sah darin eine unangemessene Benachteiligung des Käufers und erklärte die Vertragsstrafenklausel für unwirksam.

Urteil des OLG Hamm vom 27.02.2018 – 9 U 75/16

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in diesem Urteil entschieden, dass eine Vertragsstrafe zur Sicherung der Geheimhaltung vertraulicher Informationen auch dann wirksam ist, wenn der Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht nicht vorsätzlich erfolgt ist. Im konkreten Fall hatte ein Mitarbeiter eines Unternehmens versehentlich vertrauliche Informationen an einen Konkurrenten weitergegeben. Das OLG Hamm sah darin einen Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht und bestätigte die Verwirkung der Vertragsstrafe.

Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 11.04.2018 – 15 Sa 428/17

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat in diesem Urteil entschieden, dass eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehalts für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist wirksam ist. Das LAG Berlin-Brandenburg sah in der Höhe der Vertragsstrafe keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers und bestätigte die Verwirkung der Vertragsstrafe.

FAQ

Was ist eine Vertragsstrafe?

Eine Vertragsstrafe ist eine Geldstrafe, die bei Nichterfüllung oder Schlechterfüllung einer vertraglichen Leistung vom Schuldner an den Gläubiger zu zahlen ist. Sie dient dazu, Vertragspartner bei Verletzungen ihrer vertraglichen Pflichten zur Verantwortung zu ziehen und sie zur Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen anzuhalten.

Wie wird eine Vertragsstrafe berechnet?

Die Höhe der Vertragsstrafe richtet sich grundsätzlich nach der vertraglichen Vereinbarung der Vertragspartner. Dabei kann die Vertragsstrafe entweder als fester Betrag oder als prozentualer Anteil des Auftragswertes oder des Schadens vereinbart werden. Die Höhe der Vertragsstrafe sollte jedoch angemessen und nicht unverhältnismäßig hoch sein.

Wann ist eine Vertragsstrafe wirksam vereinbart?

Eine Vertragsstrafe ist wirksam vereinbart, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: Es muss eine wirksame Vertragsstrafenvereinbarung vorliegen, die die Höhe der Vertragsstrafe und den Fall regelt, in dem sie verwirkt wird. Die Vereinbarung der Vertragsstrafe darf nicht gegen gesetzliche Verbote, die guten Sitten oder die zwingenden Vorschriften des BGB verstoßen. Die Vereinbarung der Vertragsstrafe muss im beiderseitigen Interesse der Vertragsparteien liegen.

Kann eine Vertragsstrafe nachträglich herabgesetzt werden?

Wenn die vereinbarte Vertragsstrafe unangemessen hoch ist, kann das zuständige Gericht die Vertragsstrafe gemäß § 343 BGB auf einen angemessenen Betrag herabsetzen. Dabei berücksichtigt das Gericht sowohl die Interessen des Gläubigers an einer wirksamen Durchsetzung seiner vertraglichen Ansprüche als auch die Interessen des Schuldners an einer fairen und angemessenen Regelung.

Unter welchen Voraussetzungen kann eine Vertragsstrafe in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbart werden?

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist die Vereinbarung von Vertragsstrafen nur zulässig, wenn sie klar und verständlich formuliert sind und keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners darstellen (§ 307 BGB). Zudem sollte die Höhe der Vertragsstrafe angemessen und nicht unverhältnismäßig hoch sein.

Was sind die Grenzen des Vertragsstrafenrechts?

Das Vertragsstrafenrecht ist in Deutschland durch verschiedene gesetzliche Regelungen und Rechtsprechungsgrundsätze begrenzt, um eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner und eine Verletzung der guten Sitten oder des BGB zu vermeiden. Die wichtigsten Grenzen des Vertragsstrafenrechts sind das Verbot der Doppelverfolgung, das Verbot der Übermaßregelung, das Verbot der unangemessenen Benachteiligung und arbeitsrechtliche Beschränkungen.

Was ist der Unterschied zwischen einer Verspätungsstrafe und einer Vertragsstrafe?

Die Verspätungsstrafe ist eine Geldstrafe, die bei verspäteter Erfüllung einer vertraglichen Leistung vom Schuldner an den Gläubiger zu zahlen ist. Sie kann sowohl für den Fall einer Verspätung bei der Erfüllung einer Hauptleistung als auch einer Nebenleistung vereinbart werden. Die Vertragsstrafe hingegen ist eine Geldstrafe, die bei Nichterfüllung oder Schlechterfüllung einer vertraglichen Leistung vom Schuldner an den Gläubiger zu zahlen ist. Sie kann sowohl für den Fall der Nichterfüllung als auch der Schlechterfüllung einer vertraglichen Leistung vereinbart werden.

Wie kann ich eine Vertragsstrafe durchsetzen?

Die Durchsetzung einer Vertragsstrafe setzt voraus, dass der Gläubiger einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe gegen den Schuldner hat. Dieser Anspruch entsteht, wenn die Voraussetzungen der Vertragsstrafenvereinbarung erfüllt sind und die Vertragsstrafe verwirkt ist. Die Durchsetzung der Vertragsstrafe erfolgt dann durch eine entsprechende Zahlungsaufforderung des Gläubigers an den Schuldner. Der Schuldner hat grundsätzlich die Möglichkeit, die Vertragsstrafe abzuwenden, indem er die vertragliche Leistung nachträglich erbringt oder nachbessert.

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