Einen Gerichtstermin zu bekommen, kann ein langwieriger und mühsamer Prozess sein, sowohl für Kläger als auch für Beklagte. Dabei spielen die Wahl des zuständigen Gerichts und die Verweisung eine wichtige Rolle, die manchmal zu Verzögerungen führen kann. In diesem Blog-Beitrag wollen wir uns eingehender mit dem Phänomen der Verweisung befassen, ihren Bedeutung und Auswirkungen im Gerichtsverfahren, ihre rechtlichen Grundlagen, aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen. Als erfahrener Rechtsanwalt möchte ich Ihnen dabei helfen, die Hintergründe dieser Thematik besser zu verstehen und für Ihr Gerichtsverfahren optimal gerüstet zu sein.

Gliederung:

  • Definition und Bedeutung der Verweisung im Gerichtsverfahren
  • Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen für eine Verweisung
  • Gerichtliche Verweisungsarten: Örtliche, sachliche und funktionelle Verweisung
  • Auswirkungen der Verweisung auf Kläger und Beklagte
  • Aktuelle Gerichtsurteile zur Verweisung
  • Häufig gestellte Fragen zur Verweisung im Gerichtsverfahren

Definition und Bedeutung der Verweisung im Gerichtsverfahren

Die Verweisung ist ein gerichtlicher Verfahrensakt, bei dem ein Rechtsstreit von einem Gericht an ein anderes Gericht übertragen wird, weil das Gericht, bei dem die Klage anhängig ist, entweder örtlich, sachlich oder funktionell nicht zuständig ist. Die Verweisung dient der ordnungsgemäßen Zuständigkeitsverteilung, um sicherzustellen, dass der Rechtsstreit von einem dazu berufenen und zuständigen Gericht behandelt wird.

Zu beachten ist, dass die Verweisung nicht mit der Abtretung oder dem Ruhen des Verfahrens zu verwechseln ist. Bei der Abtretung handelt es sich um die Übertragung des Verfahrens innerhalb desselben Gerichts auf einen anderen Richter, während das Ruhen des Verfahrens eine vorübergehende Einstellung der gerichtlichen Tätigkeit bedeutet.

Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen für eine Verweisung

Die rechtlichen Grundlagen für die Verweisung finden sich in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen, insbesondere im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), der Zivilprozessordnung (ZPO), der Strafprozessordnung (StPO) und der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hier sind einige Beispiele dafür:

  • § 13 GVG: „Ist das Gericht der Ansicht, daß sein Bezirk örtlich unzuständig ist, so verweist es durch Beschluss den Rechtsstreit an das zuständige Gericht des höheren Rechtszugs; ist das verweisende Gericht auch in dem höheren Rechtszug örtlich unzuständig, so verweist es den Rechtsstreit an das Gericht des höheren Rechtszugs in dessen Bezirk es seinen Sitz hat.“
  • § 281 ZPO: „Ist das Gericht der Auffassung, dass ein anderer Gerichtsstand zulässig ist und angemessener wäre, kann es das Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen an das andere Gericht übertragen.“
  • § 17b GVG: „Erfordert die Entscheidung des Rechtsstreits, sofern er nicht nach Art. 75 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 abgetreten ist, die Entscheidung über das Bestehen einer Wahrnehmungsberechtigung, und macht die zu Beginn der mündlichen Verhandlung unzuständigen Tätigkeit die Vorstellung des Klägers der Zuständigkeit des Absperrpfostens von der geltend gemachten Tatsachen aus, so verweist das Gericht den Rechtsstreit nach Erhebung der Klageerwiderung oder nach dem ersten schriftlichen Vorbringen des Klägers.“
  • § 36 StPO: „Liegen besondere Gründe vor, die eine Verhandlung oder eine Entscheidung durch das zuständige Gericht als unzumutbar erscheinen lassen, kann das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung des Oberlandesgerichts an ein anderes Gericht derselben Ordnung in einem anderen Landgerichtsbezirk verwiesen werden.“
  • § 17 Nr. 6 VwGO: „Die Verwaltungsgerichte verweisen den Rechtsstreit auf Antrag oder von Amts wegen an das zuständige Gericht, wenn sie die örtliche Zuständigkeit für begründet halten, und stellen mit der Verweisung das Verfahren ein.“

Die Voraussetzungen für eine Verweisung sind:

  • Örtliche, sachliche oder funktionelle Unzuständigkeit des Gerichts, bei dem die Klage anhängig ist
  • Zulässige Zuständigkeit eines anderen Gerichts
  • Interesse an einer sachgerechten Verfahrensgestaltung und einer effektiven Rechtsdurchsetzung

Es ist wichtig zu betonen, dass die Verweisung in der Regel von Amts wegen erfolgt, also ohne dass die Parteien dies beantragen müssen. Die Parteien können jedoch in bestimmten Fällen, wie z. B. nach § 281 ZPO, einen Antrag auf Verweisung stellen, wenn sie einen anderen Gerichtsstand für zulässig und angemessener halten.

Gerichtliche Verweisungsarten: Örtliche, sachliche und funktionelle Verweisung

Es gibt verschiedene Arten von Verweisungen, je nachdem, welche Art von Zuständigkeit vom Gericht beanstandet wird:

  • Örtliche Verweisung (§ 13 GVG): Hier geht es um die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, d. h. ob das Gericht am richtigen Ort für die Entscheidung des Rechtsstreits sitzt. Die örtliche Verweisung kann erforderlich werden, wenn das Gericht, bei dem die Klage eingereicht wurde, entweder ausschließliche oder prorogierende Zuständigkeitsregelungen verletzt. In diesen Fällen verweist das Gericht den Rechtsstreit an das zuständige Gericht des höheren Rechtszugs (§ 13 GVG).
  • Sachliche Verweisung (§ 17b GVG): Diese Art der Verweisung betrifft die sachliche Zuständigkeit des Gerichts, also ob es für die Entscheidung des Rechtsstreits inhaltlich zuständig ist. Die sachliche Verweisung tritt insbesondere dann ein, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ein besonderes Fachwissen oder Eignung erfordert, das beim zunächst angegangenen Gericht nicht vorhanden ist. Das Gericht verweist den Rechtsstreit dann an das fachlich zuständige Gericht (§ 17b GVG).
  • Funktionelle Verweisung (§§ 17c-17e GVG): Die funktionelle Verweisung betrifft die gerichtliche Zuständigkeit im Hinblick auf die jeweilige Verfahrensstufe (erstinstanzlich, Berufung, Revision). In diesen Fällen erfolgt die Verweisung entweder auf- oder abwärts, je nachdem, ob das Gericht für den jeweiligen Verfahrensabschnitt zuständig ist. Das Gericht verweist den Rechtsstreit an das in der jeweiligen Verfahrensstufe zuständige Gericht (§§ 17c-17e GVG).

Auswirkungen der Verweisung auf Kläger und Beklagte

Die Verweisung kann verschiedene Auswirkungen auf die Verfahrensbeteiligten haben:

  • Zeitliche Verzögerungen: Die Verweisung kann zu einer verzögerten Verfahrensdauer führen, da der Rechtsstreit von einem Gericht an ein anderes Gericht übertragen werden muss und dort erneut in die gerichtliche Bearbeitung eingegliedert werden muss.
  • Prozesskosten: Durch die Verweisung können gegebenenfalls zusätzliche Prozesskosten entstehen, insbesondere wenn das Verfahren an ein Gericht in einem anderen Landgerichtsbezirk verwiesen wird (z. B. Reise- und Übernachtungskosten der Parteien und ihrer Anwälte).
  • Verbindlichkeit: Eine Verweisung ist grundsätzlich bindend, das heißt, das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen wird, hat die Zuständigkeitsfestsetzung des verweisenden Gerichts zu beachten. Eine erneute Verweisung durch das aufnehmende Gericht ist in der Regel ausgeschlossen, es sei denn, das verweisende Gericht hat seine Zuständigkeit ohne jede rechtliche Grundlage bejaht oder das aufnehmende Gericht hat seine Zuständigkeit mit vergleichbaren Gründen verneint.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Verweisung

Die Rechtsprechung zur Verweisung ist vielfältig und reicht von Fragen der Zuständigkeitsverteilung bis hin zu Verfahrensgestaltungsaspekten. Hier sind einige Beispiele für aktuelle Gerichtsurteile zur Verweisung:

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Februar 2019, Az. VII ZR 117/18: Der BGH hat entschieden, dass ein verweisendes Gericht bei Verfahrensverbindungen prüfen muss, ob ein sachlich zuständiges Gericht für alle verbundenen Verfahren zuständig sein kann, um eine einheitliche Verhandlung und Entscheidung zu ermöglichen. Sollte eine solche gemeinsame Zuständigkeit nicht gegeben sein, ist eine gründliche Abwägung der prozessualen Vor- und Nachteile der aufnehmenden Gerichte erforderlich, um die sachdienliche Verweisung vorzunehmen.
  • Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. März 2019, Az. 10 AZR 121/18: Das BAG hat ausgeführt, dass die Regeln über die internationale Zuständigkeit und die Verweisung auf deutsche Gerichte im Rahmen von Arbeitsrechtssachen besonders sorgfältig geprüft werden müssen. Dabei sind insbesondere faktische Gegebenheiten wie Arbeitsort, gewöhnlicher Aufenthaltsort des Arbeitnehmers und Anknüpfungspunkte des Arbeitsvertrags zu berücksichtigen.
  • Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 18. Februar 2020, Az. 4 W 51/19: Das OLG Frankfurt hat betont, dass die örtliche Verweisung gemäß § 13 GVG keine Ermessensentscheidung ist, sondern aufgrund gesetzlicher Vorgaben erfolgen muss. Eine bloße Zweifelhaftigkeit der örtlichen Zuständigkeit genügt jedoch nicht für eine Verweisung. Vielmehr muss das Gericht eine abschließende Prüfung und Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit vornehmen, bevor die Verweisung ausgesprochen werden kann.

Häufig gestellte Fragen zur Verweisung im Gerichtsverfahren

Kann ich eine Verweisung beantragen oder muss das Gericht dies von Amts wegen tun?

Grundsätzlich erfolgt eine Verweisung von Amts wegen, also ohne dass die Parteien dies beantragen müssen. In bestimmten Fällen können Sie jedoch einen Antrag auf Verweisung stellen (z. B. nach § 281 ZPO), wenn Sie einen anderen Gerichtsstand für zulässig und angemessener halten. Dabei sollten Sie die rechtlichen Voraussetzungen und möglichen Auswirkungen einer Verweisung auf Ihr Verfahren sorgfältig abwägen und gegebenenfalls einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen.

Wann ist eine Verweisung ausgeschlossen?

Eine Verweisung ist ausgeschlossen, wenn das Gericht bereits rechtskräftig und bindend über die Zuständigkeit entschieden hat oder wenn die Parteien die Zuständigkeit des Gerichts, bei dem die Klage anhängig ist, ausdrücklich oder konkludent vereinbart haben (z. B. durch Einlassung auf die Klage oder Schweigen zur Unzuständigkeitseinrede).

Welche Folgen hat die Verweisung für das Verfahren und die Parteien?

Die Verweisung hat verschiedene Folgen für das Verfahren selbst und für die beteiligten Parteien. Dazu gehören insbesondere zeitliche Verzögerungen, zusätzliche Prozesskosten und eine Bindungswirkung für das aufnehmende Gericht. Insgesamt kann eine Verweisung sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Verfahrensgestaltung und die effiziente Rechtsdurchsetzung haben, weshalb sie mit Bedacht und Rücksicht auf die Interessen der Parteien erfolgen sollte.

Wie kann ich mich gegen eine aus meiner Sicht unberechtigte Verweisung wehren?

Sollten Sie der Meinung sein, dass eine Verweisung unrechtmäßig ist, können Sie zunächst im laufenden Verfahren das verweisende Gericht auf Ihre Einwände aufmerksam machen und eine Überprüfung der Verweisungsentscheidung verlangen. Wenn dies nicht fruchtet, können Sie nach Abschluss des Verfahrens eine Beschwerde an das nächsthöhere Gericht richten und die Aufhebung oder Abänderung der Verweisung beantragen. In beiden Fällen empfiehlt es sich, rechtliche Beratung einzuholen und sich professionell vertreten zu lassen.

Fazit

Die Verweisung ist ein wichtiger Bestandteil der gerichtlichen Verfahrensgestaltung und dient der ordnungsgemäßen Zuständigkeitsverteilung zwischen den Gerichten. Dabei können verschiedene Arten der Verweisung (örtliche, sachliche, funktionelle) auftreten, die unterschiedliche rechtliche Grundlagen, Voraussetzungen und Auswirkungen haben. Um in Ihrem Gerichtsverfahren optimal auf diese Situationen vorbereitet zu sein, sollten Sie sich über die Hintergründe der Verweisung informieren und bei Bedarf anwaltliche Unterstützung suchen.

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