Die Möglichkeit, Schulden einzutreiben und offene Forderungen geltend zu machen, ist ein wesentlicher Bestandteil jedes Rechtssystems. In Deutschland sieht das Vollstreckungsrecht, welches im Wesentlichen durch die Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt ist, verschiedene Verfahren und Maßnahmen vor, um die Durchsetzung von Ansprüchen zu gewährleisten. Dabei kommt es jedoch auch immer wieder zu Schutzbedürftigkeit der Schuldner. Aus diesem Grund gibt es im deutschen Recht verschiedene Instrumente, um Vollstreckungsschutz zu gewährleisten.

In diesem umfangreichen Leitfaden erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen, um sich und Ihre Vermögenswerte vor ungerechter oder unangemessener Vollstreckung zu schützen. Dabei werden Gesetzesgrundlagen erläutert, Gerichtsurteile als Beispiele herangezogen und häufige Fragen geklärt. Folgen Sie diesem Leitfaden und navigieren Sie sicher durch das deutsche Vollstreckungsrecht.

Was ist Vollstreckungsschutz?

Vollstreckungsschutz ist ein rechtliches Instrument, das darauf abzielt, Schuldner in bestimmten Situationen vor einer übermäßigen Vollstreckung zu schützen. In Deutschland gibt es verschiedene Mechanismen, die Schuldner vor Vollstreckungsmaßnahmen schützen sollen. Dazu gehören unter anderem:

  • Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO)
  • Vollstreckungsgegenklage (§ 768 ZPO)
  • Einstweilige Einstellung der Vollstreckung (§§ 769, 775 Nr. 1 ZPO)
  • Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO)
  • Schutz vor Zwangsräumung (§ 765a ZPO)
  • Steuerliche Freibeträge und Pfändungsfreigrenzen (§§ 850 ff. ZPO)
  • Insolvenzverfahren und Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO)

In den folgenden Abschnitten werden die verschiedenen Schutzmechanismen näher erläutert und anhand von Beispielen und Gerichtsurteilen veranschaulicht.

Vollstreckungsschutzantrag einreichen: Ein Rettungsanker von Ihrem Anwalt

Vollstreckungsschutzantrag – In kritischen Situationen, in denen der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung anstrebt, erweist sich der Vollstreckungsschutzantrag als ein maßgebliches Rettungsseil. Dieser rechtliche Aspekt ermöglicht es dem Schuldner, vorübergehend Schutz vor der Vollstreckung zu erlangen, sich finanziell zu stabilisieren und seine Schulden auf eine tragbare und praktikable Weise abzuarbeiten. Es handelt sich hierbei um ein facettenreiches Thema von immenser Bedeutung sowohl für die Schuldner, Gläubiger, als auch für die Rechtspraktiker, das genaueres juristisches Licht erfordert.

Was ist ein Vollstreckungsschutzantrag?

Der Vollstreckungsschutzantrag ist ein rechtliches Instrument, das in erster Linie dazu dient, eine drohende Vollstreckungsmaßnahme abzuwenden oder zumindest zeitlich zu verschieben. In gewisser Weise erlaubt es die Wahrung der persönlichen Würde und das soziale Überleben des Schuldners. Dabei kann der Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 765a der Zivilprozessordnung (ZPO) gestellt werden, wenn eine drohende Zwangsvollstreckung für den Schuldner eine erhebliche Härte darstellen würde.

Fallbeispiel – Ein praktischer Einblick in die Materie

Hier ist ein Fallbeispiel: Ein Mandant, Herr Müller, ein alleinerziehender Vater von drei Kindern, hat sich in finanzielle Schwierigkeiten geraten und hat umfangreiche Schulden. Die Gläubiger drängen auf die Pfändung seines Gehalts und seines Eigentums. Bei einer maximalen Pfändung könnte die Existenz seiner Familie ernsthaft bedroht sein. In diesem Fall könnten wir als seine Anwälte den Vollstreckungsschutzantrag einreichen, um die drohende Gefahr abzuwenden. Wird der Antrag vom Gericht genehmigt, wird die Vollstreckungsmaßnahme zumindest zeitlich hinausgezögert, sodass Herr Müller etwas mehr Zeit bekommt, um seine Schulden abzuzahlen, ohne in eine existentielle Bedrohung zu geraten.

Wann und wie kann man Vollstreckungsschutz beantragen?

Der Vorteil eines Vollstreckungsschutzantrags liegt auf der Hand: Er kann in äußerst dringenden und kritischen Situationen einen wirksamen Schutz gegen eine drohende Vollstreckung bieten. Hier ist eine einfache Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie man einen solchen Antrag stellen kann:

  • Schritt 1: Versicherung an Eides statt – Der Schuldner muss zuerst seine finanzielle Situation klipp und klar darstellen und versichern, dass die Zwangsvollstreckung für ihn eine unzumutbare Härte darstellen würde.
  • Schritt 2: Ausfüllen des Antrags – Der Antrag auf Vollstreckungsschutz muss dann gründlich und vollständig ausgefüllt werden. Es ist ratsam, sich dabei von einem erfahrenen Anwalt unterstützen zu lassen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Punkte berücksichtigt werden.
  • Schritt 3: Antrag beim Amtsgericht einreichen – Der Antrag muss dann beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden.
  • Schritt 4: Widerspruch nach Eingang des Bescheids – Im Falle einer Ablehnung kann der Schuldner gegen den Bescheid Widerspruch einlegen. Hierbei gilt es eindeutig zu argumentieren und zu begründen, warum der Antrag gerechtfertigt ist.

Die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO)

Die Vollstreckungsabwehrklage (auch Negatorische Klage oder Klage auf Feststellung der Nichtvollstreckbarkeit genannt) ist ein Mittel, um die Vollstreckung einer titulierten Forderung abzuwehren. Dabei bestreitet der Schuldner die Forderung selbst und beantragt beim Gericht, dass die Vollstreckung als unzulässig erklärt wird.

Gründe für eine Vollstreckungsabwehrklage

Für eine Vollstreckungsabwehrklage kommen verschiedene Angriffspunkte in Betracht:

  • Die Forderung wurde bereits beglichen (Tilgung, Aufrechnung, oder Erfüllung durch Zeitablauf).
  • Die titulierte Forderung ist fehlerhaft oder nichtig (z.B. weil der Titel auf einer falschen oder unbegründeten Forderung beruht).
  • Der Titel ist verjährt (§§ 197 ff. BGB).

Beispiele für Vollstreckungsabwehrklagen

Einige Gerichtsurteile illustrieren die Voraussetzungen und Wirkung von Vollstreckungsabwehrklagen:

  • BGH, Urteil vom 28.11.2019 – IX ZR 5/19: Ein Titel kann auch dann angegriffen werden, wenn der Schuldner nachträglich auf Grundlage neuer Informationen von der Fehlerhaftigkeit der titulierten Forderung Kenntnis erlangt.
  • OLG Koblenz, Beschluss vom 13.02.2018 – 3 W 6/18: Die Vollstreckungsabwehrklage kann auch bei vorliegenden Vollstreckungsvoraussetzungen erhoben werden, solange sich der Schuldner auf eine neue Sachlage berufen kann.
  • BGH, Urteil vom 20.01.2011 – IX ZR 156/09: Bei Streitigkeiten über die Wirksamkeit einer titulierten Forderung muss der Schuldner den Beweis erbringen, dass die Forderung nicht mehr besteht oder unberechtigt ist.

Die Vollstreckungsgegenklage (§ 768 ZPO)

Die Vollstreckungsgegenklage zielt darauf ab, die Vollstreckung einer Forderung in der Sache selbst zu bekämpfen. Im Unterschied zur Vollstreckungsabwehrklage steht hier nicht die fehlerhafte Titulierung der Forderung im Vordergrund, sondern die Forderung selbst. Der Schuldner bestreitet, dass die Forderung überhaupt (jemals) bestand oder in der titulierten Höhe gerechtfertigt ist.

Gründe für eine Vollstreckungsgegenklage

Eine Vollstreckungsgegenklage kann unter folgenden Voraussetzungen erhoben werden:

  • Die Forderung beruht auf einer fehlerhaften Rechtsgrundlage (z.B. einer unwirksamen Vertragsbestimmung).
  • Der geltend gemachte Anspruch entspricht nicht den tatsächlichen Vereinbarungen der Parteien.
  • Der geltend gemachte Anspruch ist in seiner Höhe ungerechtfertigt oder überhöht.

Beispiele für Vollstreckungsgegenklagen

Einige Gerichtsurteile veranschaulichen die Voraussetzungen und Wirkung von Vollstreckungsgegenklagen:

  • BGH, Urteil vom 19.11.2014 – IV ZR 124/13: Eine Vollstreckungsgegenklage kann erfolgreich sein, wenn der Schuldner nachweisen kann, dass die titulierte Forderung auf einer fehlerhaften Rechtsgrundlage beruht und daher ungerechtfertigt ist.
  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.07.2017 – I-10 U 52/16: Der Schuldner kann im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage erfolgreich Argumente gegen die Berechtigung der Forderung vorbringen, welche bislang nicht berücksichtigt wurden (z.B. weil sie erst nach Titulierung der Forderung bekannt wurden).
  • BGH, Urteil vom 23.02.2006 – VII ZR 349/04: Eine Vollstreckungsgegenklage kann auch darauf gestützt werden, dass die Forderung in ihrer Höhe überhöht ist, etwa weil ein abweichendes Leistungsverzeichnis zugrunde lag.

Einstweilige Einstellung der Vollstreckung (§§ 769, 775 Nr. 1 ZPO)

Eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung kann beantragt werden, wenn eine berechtigte Verfahrensrüge vorliegt und die Vollziehung der Vollstreckungsmaßnahme unbillig wäre. Diese Möglichkeit bietet dem Schuldner eine schnelle und effektive Abwehr gegen eine unmittelbar bevorstehende oder bereits begonnene Vollstreckung, bevor in der Hauptsache entschieden wurde.

Gründe für eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung

Eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung kann auf folgenden Gründen beruhen:

  • Vereinbarte Stundung der Forderung
  • Aufgrund eines Vergleichs oder eines Anerkenntnisses wurde eine aufschiebende Bedingung vereinbart
  • Erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vollstreckung (z.B. weil die titulierte Forderung auf einer falschen rechtlichen Grundlage beruht)
  • Eine Gefährdung des Lebens, der Gesundheit oder der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners oder seiner Familie wäre zu besorgen

Beispiele für die einstweilige Einstellung der Vollstreckung

Im Folgenden sind einige Gerichtsentscheidungen aufgeführt, welche die Anwendung von § 769 ZPO bzw. § 775 Nr. 1 ZPO verdeutlichen:

  • LG Hamburg, Beschluss vom 12.11.2013 – 318 T 63/13: Die einstweilige Einstellung der Vollstreckung wurde hier angeordnet, weil eine Vereinbarung zwischen den Parteien über eine Stundung der Forderung vorlag, die eine Vollstreckung im Vollstreckungsverfahren unzulässig machte.
  • BGH, Beschluss vom 29.06.2008 – IX ZB 168/07: Hier wurde die Einstellung der Vollstreckung ausnahmsweise angeordnet, weil die Vollstreckungsmaßnahme eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit des Schuldners oder seiner Familie hätte bewirken können.
  • OLG Hamm, Beschluss vom 30.01.2013 – I-34 W 38/13: Die einstweilige Einstellung der Vollstreckung wurde bejaht, weil die titulierte Forderung auf einer offensichtlich fehlerhaften rechtlichen Grundlage beruhte.

Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO)

Eine Vollstreckungserinnerung kann der Schuldner einlegen, wenn er geltend macht, dass die Vollstreckung in einer bestimmten Form oder Weise unzulässig ist. Das kann zum Beispiel bei Formfehlern der Fall sein oder wenn die Vollstreckung auf unrichtigen Tatsachen beruht. Bei der Vollstreckungserinnerung handelt es sich also um eine rein prozessuale Rüge.

Gründe für eine Vollstreckungserinnerung

Einige Gründe für eine Vollstreckungserinnerung sind:

  • Die Vollstreckung beruht auf einem unvollständigen, unrichtigen oder ungültigen Vollexekutionstitel (z. B. Vollstreckungsbescheid).
  • Die Zustellung des Vollstreckungstitels oder eine sonstige gesetzlich vorgeschriebene Zustellung (z. B. der Vollstreckungsklausel nach § 750 ZPO) ist nicht in der vorgeschriebenen Form erfolgt.
  • Die Vollstreckung wird entgegen den gesetzlichen Vorschriften oder Bestimmungen des Vollstreckungstitels betrieben (z. B. Pfändung unpfändbarer Gegenstände).
  • Die Vollstreckung wurde ohne Einhaltung einer gesetzlich vorgeschriebenen Frist oder einer gerichtlichen Anordnung eingeleitet.

Beispiele für Vollstreckungserinnerungen

Einige Gerichtsurteile veranschaulichen die Voraussetzungen und Wirkung von Vollstreckungserinnerungen:

  • LG Wuppertal, Beschluss vom 28.11.2006 – 2 T 430/06: Eine Vollstreckungserinnerung hatte hier Erfolg, weil der Vollstreckungstitel unvollständig war und die Vollstreckung auf einer unrichtigen Tatsachengrundlage beruhte.
  • KG Berlin, Beschluss vom 19.07.2012 – 1 W 39/12: In diesem Fall focht der Schuldner erfolgreich die Zustellung des Vollstreckungstitels an, weil diese in einer gesetzlich unzulässigen Form erfolgt war.
  • OLG Dresden, Beschluss vom 27.06.2013 – 3 W 385/13: Die Vollstreckungserinnerung wurde in diesem Fall stattgegeben, weil die Vollstreckung ohne Einhaltung einer durch das Gericht angeordneten Frist erfolgte.

Schutz vor Zwangsräumung (§ 765a ZPO)

§ 765a ZPO dient dem Schutz des Schuldners vor einer unbilligen Härte durch eine Zwangsräumung. Der Schuldner kann sich in besonders gelagerten Fällen auf diese Norm berufen, um die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück oder seine Wohnung abzuwenden. Hierbei handelt es sich allerdings um eine sogenannte „Ultima-Ratio-Regelung“, die nur dann greift, wenn alle anderen Vollstreckungsabwehr- und Schutzmöglichkeiten ausgeschöpft sind.

Gründe für einen Schutz vor Zwangsräumung

Ein Schutz vor Zwangsräumung kann aus folgenden Gründen gewährt werden:

  • Die Zwangsräumung würde zur Obdachlosigkeit des Schuldners und seiner Familie führen.
  • Eine Räumung ist mehreren Mitgliedern des Haushalts in ihrer gesundheitlichen Verfassung nicht zumutbar und es besteht keine alternative, zumutbare Unterkunft.
  • Die Zwangsräumung liegt im Falle eines gutgläubigen Erwerbs sog. „besitzloseses Eigentum“ vor.
  • Die Zwangsräumung wäre unverhältnismäßig, weil das Vorgehen des Gläubigers treuwidrig ist oder die Interessen des Gläubigers an der Räumung hinter dem Schutzbedürfnis des Schuldners zurückstehen.

Beispiele für Schutz vor Zwangsräumung

Einige Gerichtsurteile erläutern die Voraussetzungen und Wirkung des § 765a ZPO:

  • BGH, Beschluss vom 24.07.2014 – V ZB 192/13: In diesem Fall wurde der Schutz vor Zwangsräumung bejaht, weil die Zwangsräumung zu einer erheblichen gesundheitlichen Gefährdung von Familienmitgliedern des Schuldners geführt hätte.
  • OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.06.2011 – I-10 W 39/11: Hier wurde die Zwangsräumung einer Wohnung im Hinblick auf die drohende Obdachlosigkeit des Schuldners und seiner Familie als unzumutbar abgelehnt.
  • BGH, Beschluss vom 28.05.2015 – IX ZB 341/14: Der Bundesgerichtshof entschied, dass § 765a ZPO grundsätzlich auch im Fall eines Erwerbs besitzlosen Eigentums anwendbar ist, sofern die Zwangsräumung eine unbillige Härte darstellen würde.

Freibeträge und Pfändungsfreigrenzen (§§ 850 ff. ZPO)

Die gesetzlichen Freibeträge und Pfändungsfreigrenzen stellen einen weiteren Schutzmechanismus im Vollstreckungsrecht dar: Sie sollen sicherstellen, dass dem Schuldner bei der Zwangsvollstreckung ein angemessenes Existenzminimum verbleibt und er nicht vollständig entreichert wird.

Freibeträge bei der Pfändung von Arbeitseinkommen

Durch die Pfändungstabelle (§ 850c ZPO) sind Pfändungsfreigrenzen festgelegt, welche abhängig von der Höhe des Arbeitseinkommens und der Zahl der unterhaltsberechtigten Personen variieren. Überschreitet das Einkommen eines Schuldners die Pfändungsfreigrenze, bleibt dennoch der unpfändbare Teil des Einkommens erhalten.

Pfändungsschutz für Girokonten (§ 850k ZPO)

Seit 2010 gibt es in Deutschland die Möglichkeit, ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto (P-Konto) einzurichten, auf dem der Schuldner einen monatlichen Freibetrag zur Verfügung hat. Dieser Freibetrag steht dem Schuldner auch im Falle einer Kontopfändung ungeschmälert zu. Somit wird sichergestellt, dass dem Schuldner immer ein gesetzlicher Mindestbetrag (aktuell 1.178,59 Euro) zur Verfügung steht. Der Freibetrag kann je nach Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen erhöht werden.

Unpfändbare Gegenstände im Vollstreckungsrecht

Im Vollstreckungsrecht ist eine Reihe von Gegenständen von einer Zwangsvollstreckung generell ausgenommen (§ 811 ZPO). Dazu gehören unter anderem:

  • Lebensmittel, Hausrat und Kleidung für den Schuldner und seine Familie.
  • Arbeitsmittel, soweit sie zur Berufsausübung unentbehrlich sind.
  • Notwendige Gegenstände für die Haus- und Landwirtschaft, etwa Nutztiere und landwirtschaftliches Gerät.
  • Heil- oder Hilfsmittel, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung notwendig sind.

Insolvenzverfahren und Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO)

Das Insolvenzverfahren ist für den Schuldner eine Möglichkeit, sich im Fall von einer hohen Verschuldung mittelfristig von finanziellen Lasten zu befreien. Im Rahmen der Insolvenzordnung (InsO) ist auch die Restschuldbefreiung vorgesehen, welche dem Schuldner bei einer erfolgreichen Durchführung des Verfahrens (gegebenenfalls nach einer phase sog. „Wohlverhaltensperiode“) die Entschuldung ermöglicht.

Ein Insolvenzverfahren kann von einem Privatschuldner beantragt werden und dient dazu, die bestehenden Schulden durch geordnete Zahlungspläne und gegebenenfalls eine Restschuldbefreiung (§ 301 InsO) ganz oder teilweise abzubauen.

Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren

Ein Insolvenzverfahren setzt zunächst voraus, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist oder eine drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Zudem sind gewisse Verfahrensvoraussetzungen einzuhalten, um eine Restschuldbefreiung zu gewährleisten:

  • Durchführung eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens (§§ 305 ff. InsO)
  • Einreichung eines stimmigen und schlüssigen Insolvenzantrags beim zuständigen Insolvenzgericht
  • Anforderungen an das Verfahren selbst (u. a. Treuhänderbestellung, Zahlungsplanerstellung, Vollzug von Vollstreckungsabwehrmaßnahmen)

Beispiel für ein Insolvenzverfahren und Restschuldbefreiung

Ein selbstständiger Kleinunternehmer gerät aufgrund des Wegbrechens von Aufträgen während der Corona-Krise in finanzielle Schieflage. Trotz Anpassungen kann er seine laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen, so dass eine Zahlungsunfähigkeit droht. Der Schuldner durchläuft daher zunächst ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren und stellt schließlich einen Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens werden seine Vermögenswerte verwertet und die realisierbaren Forderungen an die Gläubiger verteilt. Nach der Wohlverhaltensperiode wird dem Schuldner gemäß § 301 InsO die Restschuldbefreiung gewährt.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Vollstreckungsschutz

Nachfolgend die häufigsten Fragen für Sie auf einen Blick.

Welche Möglichkeiten habe ich, um mich gegen eine ungerechtfertigte Vollstreckung zu wehren?

Dafür gibt es verschiedene Instrumente, wie etwa die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO), die Vollstreckungsgegenklage (§ 768 ZPO), die einstweilige Einstellung der Vollstreckung (§§ 769, 775 Nr. 1 ZPO), die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) oder auch der Schutz vor Zwangsräumung (§ 765a ZPO). Eine ausführliche Erläuterung dieser Instrumente finden Sie in den obigen Abschnitten dieses Leitfadens.

Wie kann ich mich gegen eine Pfändung meines Gehalts oder meines Kontos wehren?

Hier greifen insbesondere die gesetzlichen Freibeträge und Pfändungsfreigrenzen, etwa bei der Pfändung von Arbeitseinkommen nach § 850c ZPO oder bei der Pfändung von Kontoguthaben durch die Einrichtung eines P-Kontos (§ 850k ZPO). Zudem kann eine Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) oder eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung (§ 769 ZPO) in Betracht kommen.

Kann ich eine Zwangsräumung meiner Wohnung verhindern?

In besonders gelagerten Einzelfällen kann der Schutz vor Zwangsräumung nach § 765a ZPO greifen. Hierbei handelt es sich allerdings um eine Ultima-Ratio-Regelung, die nur dann angewendet wird, wenn alle anderen Abwehr- und Schutzinstrumente ausgeschöpft sind.

Was ist die Restschuldbefreiung und wie kann ich sie erreichen?

Die Restschuldbefreiung ist ein Instrument des Insolvenzverfahrens, welches dem Schuldner bei einer erfolgreichen Durchführung des Verfahrens (inklusive einer Wohlverhaltensperiode) die Entschuldung ermöglicht. Um eine Restschuldbefreiung zu erreichen, müssen zunächst die Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren erfüllt sein und dieses erfolgreich durchgeführt werden (siehe Abschnitt 8 dieses Leitfadens).

Welche Rechtsmittel habe ich, wenn die Vollstreckung auf einem fehlerhaften Titel beruht?

In solchen Fällen kann eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) oder eine Vollstreckungsgegenklage (§ 768 ZPO) Erfolg haben. Dabei muss der Schuldner die Fehlerhaftigkeit des Titels (z. B. das Fehlen einer Forderung oder die Nichtigkeit eines Vertrags, auf dem der Titel beruht) nachweisen. Eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung (§ 769 ZPO) wäre ebenfalls denkbar, wenn die Vollstreckung auf einer offenkundig fehlerhaften Tatsachengrundlage beruht.

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