Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Beweiswert

Sind Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen stets unangreifbar, oder existieren Umstände, welche ihre Glaubwürdigkeit infrage stellen? Dies betrifft den Kern des deutschen Arbeitsrechts. Die Bescheinigung legitimiert Entgeltfortzahlungen bei Krankheit und besitzt hohen juristischen Stellenwert. Die Frage ist nun, wie anfällig dieser Stellenwert für Anfechtungen ist.

In der Rechtspraxis existieren zahlreiche Fälle, bei denen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angezweifelt wird. Das Bundesarbeitsgericht erkennt sie zwar grundsätzlich als Beweis an. Doch das LAG Niedersachsen verdeutlichte, dass unter gewissen Umständen Zweifel angebracht sind. Oftmals werden diese durch die Beobachtung des Verhaltens der Arbeitnehmer begründet – etwa nach Kündigungen oder bei auffälligem Krankheitsverlauf.

Die

Gültigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rückt besonders dann in den Blickpunkt, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber rechtlich aneinandergeraten. Das Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und der relevanten Fallgruppen, in denen die Bescheinigung hinterfragt werden kann, ist von essenzieller Bedeutung. Hierfür sind tiefgreifende rechtliche Kenntnisse unabdingbar, um diese Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen.

Eine gründliche Dokumentation und objektive Bewertung jedes Einzelfalles sind entscheidend. Sie garantieren Transparenz und Fairness im Arbeitsverhältnis. Der Artikel bietet aufschlussreiche Ansichten und spezifische Empfehlungen zur Handhabung und Akzeptanz von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.

Die rechtliche Bedeutung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat eine zentrale Bedeutung sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Sie dient als ausschlaggebender Nachweis der Arbeitsunfähigkeit. Dies sichert die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. In Deutschland hebt die Bescheinigung das Prinzip „ohne Arbeit, kein Lohn“ auf. Sie ermöglicht Lohnfortzahlungen für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen.

Warum ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wichtig?

Die Bedeutung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung liegt in ihrer Rolle als Beweismittel. Sie bestätigt krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit readily. Arbeitnehmer müssen sie vorlegen, um Lohnfortzahlungen bei Erkrankungen zu sichern. Ohne diesen Beleg gibt es keine rechtliche Basis für Zahlungen durch den Arbeitgeber. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung garantiert somit Sicherheit für den Arbeitnehmer und rechtlichen Schutz für den Arbeitgeber.

Rechtsgrundlagen und gesetzliche Verpflichtungen

Das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) bildet die Rechtsgrundlage für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Jeder Arbeitnehmer ist verpflichtet, seine Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen für Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall. Auch Erweiterte Möglichkeiten wie telefonische Krankschreibungen bis zu sieben Tage, eingeführt am 18. Dezember 2023, ändern nichts am Stellenwert des ärztlichen Attests. Es bleibt das zentrale Beweismittel.

Das Bundesarbeitsgericht stärkte im September 2021 die Beweiskraft dieser Bescheinigungen. Dies unterstreicht die Relevanz des Nachweises durch formelle, anerkannte Dokumente. Selbst bei telemedizinischen Krankschreibungen ist die Vorlage der Bescheinigung essentiell, um Ansprüche rechtlich zu verankern.

Der hohe Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Die Anerkennung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stützt sich auf diverse juristische Grundlagen. Sowohl das Bundesarbeitsgericht als auch die Landesarbeitsgerichte sehen die Krankschreibung als hinreichenden Beleg für eine Arbeitsunfähigkeit. Dies gilt, vorausgesetzt, dass keine validen Zweifel an der Authentizität der Bescheinigung bestehen.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Am 8. September 2021 fällte das Bundesarbeitsgericht einen bedeutenden Entscheid (5 AZR 149/21), der den Stellenwert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hervorhebt. Ein beschäftigter Helfer seit März 2021 wurde krankgeschrieben, exakt am Tag seiner Kündigung, dem 2. Mai. Die Krankschreibung erstreckte sich bis zum offiziellen Kündigungsende am 31. Mai. Obwohl die Vorinstanzen für den Arbeitnehmer entschieden hatten, äußerte das Bundesarbeitsgericht ernsthafte Zweifel an der Krankmeldung, speziell nach dem 6. Mai. Daraufhin wurde der Fall zur erneuten Begutachtung an das untere Gericht verwiesen.

Fallgruppen und besondere Umstände

Ein Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (7. Mai 2024, 5 Sa 98/23) beleuchtet die Umstände, unter denen die Glaubwürdigkeit einer Krankschreibung hinterfragt werden kann. Konkret ging es um einen Fall, in dem die gesundheitliche Beeinträchtigung eines Arbeitnehmers, dessen Krankschreibung mit der Kündigungsfrist korrespondierte, in Frage gestellt wurde. Dies sowie das Ausbleiben einer alternativen Behandlungsmethode zur Minimierung von Nebenwirkungen schürten Zweifel an der Legitimität der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die Beweislast verschob sich so zum Arbeitnehmer, was oft zum Vorteil des Arbeitgebers gereicht.

Erschütterung des Beweiswerts: Wann ist dieser möglich?

Die Erschütterung des Beweiswerts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stellt eine komplexe Herausforderung dar. Sie berührt die Interessen beider Parteien im Arbeitsverhältnis. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Beweiswert einer Krankmeldung infrage gestellt werden kann, ist von zentraler Bedeutung. Zudem ist die Rechtsprechung in diesem Bereich stets im Wandel.

Arbeitgeber dürfen den Beweiswert von Krankschreibungen hinterfragen, falls begründete Zweifel an deren Echtheit bestehen. Solche Zweifel können sich aus unterschiedlichen Anzeichen ergeben. Beispielhafte Indizien umfassen die Ankündigung einer Erkrankung, wiederkehrende Abwesenheitsmuster oder eine Koinzidenz mit relevanten Fristen.

  1. Ankündigung einer Erkrankung im Voraus.
  2. Auffällige Abwesenheitsmuster.
  3. Übereinstimmung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der Kündigungsfrist.
  4. Inkonsistenzen in der Krankmeldung.

Am 13. Dezember 2023 legte das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein bedeutendes Urteil vor. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die exakt die Kündigungsfrist abdeckt, kann zweifelhaft sein. Dies wurde am Fall eines Arbeitnehmers verdeutlicht, der direkt nach seiner Krankschreibung eine neue Stelle antrat.

Das BAG stellte 2021 klar, dass der Beweiswert einer Krankschreibung erschütterbar ist. Dies gilt insbesondere, wenn die Umstände nicht zu einem plausiblen Krankheitsbild passen.

Der Arbeitgeber kann die Lohnfortzahlung ablehnen, wenn die Erkrankung unwahr erscheint. Das Gericht betonte allerdings, dass dies den Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht automatisch ausschließt. Arbeitnehmer können nämlich durch das Vorlegen konkreter Beweise ihre tatsächliche Erkrankung belegen.

Die neuesten Entwicklungen verdeutlichen eine wichtige Botschaft: Eine sorgfältige Prüfung jeder Krankmeldung ist essentiell. Arbeitgeber müssen die Umstände umfassend betrachten, um zu einer gerechten und rechtlich fundierten Entscheidung zu kommen. Die Bewertung jedes Einzelfalls ist dabei ausschlaggebend.

Aktuelle Rechtsprechung: LAG Niedersachsen und seine Entscheidung

Am 8. März 2023 fällte das Landesarbeitsgericht Niedersachsen ein entscheidendes Urteil. Es unterstrich den erheblichen Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Der Versuch des Arbeitgebers, deren Glaubwürdigkeit zu untergraben, scheiterte mangels überzeugender Beweise.

Urteil

Der konkrete Fall und seine Umstände

Ein Außendienstmitarbeiter, angestellt seit dem 1. Juli 2020 mit einem Monatslohn von 3.000 Euro brutto, reichte am 31. Mai 2023 seine Kündigung ein. Zusätzlich zu seinem Lohn erhielt er eine Provision von 1.000 Euro brutto. Im Jahr 2021 lag sein Rohertrag bei etwa 27.000 Euro, und 2022 stieg er auf circa 70.000 Euro an.

Für Mai 2023 machte er einen Gehaltsanspruch von 4.586 Euro brutto geltend, einschließlich einer Prämie für das Erreichen bestimmter Ziele. Die Beklagte widersprach und forderte, die Klage abzuweisen, argumentierend, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gegen Richtlinien verstießen und ihren Beweiswert verloren hätten.

Argumentation und Entscheidungsfindung des Gerichts

Das LAG Niedersachsen nahm zur Kenntnis, dass die direkte Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung direkt nach Kündigung Zweifel wecken könnte. Trotzdem wurden diese Bedenken wegen fehlender Beweise des Arbeitgebers abgelehnt. Der Kläger erhielt ein Urteil zu seinen Gunsten in Höhe von 173,91 Euro brutto zuzüglich Zinsen.

Die Richter stärkten die Position, dass eine ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung signifikanten Beweiswert hat. Sie betonten weiter, dass umfassende und glaubhafte Dokumentationen von Krankheitssymptomen essenziell sind, um eine anhaltende Arbeitsunfähigkeit zu beweisen.

Praktische Hinweise für Arbeitnehmer

Um den Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall zu gewährleisten, ist die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung essenziell. Arbeitnehmer müssen dabei wesentliche Richtlinien befolgen. Eine adäquate Handhabung der Bescheinigung ist entscheidend. Sie dient der Vermeidung von Missverständnissen und rechtlichen Komplikationen.

Tipps zur korrekten Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

  1. Frist einhalten: Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist erforderlich, sofern die Krankheit mehr als drei Tage anhält. Zur Wahrung des Entgeltfortzahlungsanspruchs ist eine umgehende Einreichung bei dem Arbeitgeber unerlässlich. Verzögerungen sollten vermieden werden.
  2. Ehrlichkeit und Genauigkeit: Es ist von größter Bedeutung, sämtliche geforderten Informationen präzise und vollumfänglich anzugeben. Die Authentizität hinsichtlich des Gesundheitszustands darf nicht kompromittiert werden. Dies bewahrt den substantiellen Beweiswert der Bescheinigung.
  3. Kommunikation: Die unverzügliche Information des Arbeitgebers nach einer Krankmeldung ist essentiell. Durch Transparenz und Aufrichtigkeit können Missverständnisse ausgeräumt und das gegenseitige Vertrauen gefestigt werden.
  4. Expertenrat: Bei Unsicherheiten oder außergewöhnlichen Situationen empfiehlt sich die Konsultation eines Rechtsexperten. Dies ermöglicht eine fundierte Kenntnis der eigenen Rechtsposition und erleichtert eine angemessene Handlungsweise.

Durch die Beachtung dieser Ratschläge können Arbeitnehmer sicherstellen, dass ihr Entgeltfortzahlungsanspruch effektiv durchgesetzt und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung korrekt vorgelegt wird.

Praktische Hinweise für Arbeitgeber

Arbeitgeber sollten bei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen besonders wachsam sein. Besonders gilt dies, wenn Zweifel an deren Authentizität bestehen. Eine umfassende Untersuchung der Krankschreibungsperiode ist essentiell.

Vorsichtsmaßnahmen und Vorgehensweisen bei Zweifel

Um die Glaubwürdigkeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzuzweifeln, sind nachvollziehbare Beweise erforderlich. Häufig kurze Krankheitszeiten oder regelmäßige Krankschreibungen an bestimmten Tagen wecken Zweifel. Gemäß einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 8. September 2021 (5 AZR 149/21) ist die Bescheinigung der gesetzlich anerkannte Beweis für Arbeitsunfähigkeit. Daher sind bei Zweifeln entsprechende Vorsichtsmaßnahmen nötig.

Zweifel können durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen geklärt werden. Der Arbeitgeber muss im Konfliktfall Beweise für mögliche Falschaussagen liefern. Laut § 7 Entgeltfortzahlungsgesetz kann der Arbeitgeber medizinische Bewertungen fordern. Eine sorgfältige Dokumentation ist hierbei essentiell. Es ist ratsam, stets den rechtlich abgesicherten Pfad zu wählen, um den Wert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in Frage zu stellen.

FAQ

Warum hat die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen hohen Beweiswert?

Die Urteile des Bundesarbeitsgerichts und der Landesarbeitsgerichte unterstreichen den hohen Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Sie sehen diese regelmäßig als hinreichenden Nachweis der Arbeitsunfähigkeit. Dies verdeutlicht die Bedeutung der Bescheinigung im arbeitsrechtlichen Kontext.

Wann kann der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert werden?

Falls der Arbeitgeber konkrete Anhaltspunkte vorbringen kann, die Zweifel an einer Krankschreibung wecken, kann deren Beweiswert angezweifelt werden. Vermuten, dass eine Krankheit absichtlich angekündigt oder untypische Muster von Abwesenheiten erkennbar sind, führt dies zur Überprüfung.

Wie lange ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gültig?

Die Gültigkeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ergibt sich aus dem darauf vermerkten Zeitraum. Sie legitimiert den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. In Deutschland ist dies üblicherweise auf die Dauer von bis zu sechs Wochen beschränkt.

Welche rechtlichen Grundlagen gibt es für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?

Die rechtlichen Grundlagen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung finden sich im deutschen Arbeitsrecht. Sie garantieren die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Arbeitgeber muss den Wert der Bescheinigung anerkennen, solange keine glaubhaften Zweifel existieren.

Was sollte ein Arbeitnehmer beachten, wenn er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen muss?

Es ist entscheidend, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ordnungsgemäß und zeitnah vorzulegen. Dies sichert den Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgeber unverzüglich informieren und die Bescheinigung schnell einreichen.

Welche Maßnahmen können Arbeitgeber ergreifen, wenn sie Zweifel an der Glaubwürdigkeit einer Krankschreibung haben?

Bei Zweifeln sollten Arbeitgeber die Situation genau analysieren und mögliche Inkonsistenzen dokumentieren. Berechtigte Zweifel könnten eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen rechtfertigen. Dies ist ein geregeltes Verfahren.

Wie hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen kürzlich über den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entschieden?

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat den hohen Beweiswert in einem Urteil am 8. März 2023 (Az. 8 Sa 859/22) bekräftigt. Die Einwände des Arbeitgebers wurden abgelehnt. Es lagen keine überzeugenden Beweise für eine Beeinträchtigung des Beweiswerts vor. Die Krankmeldung erfolgte vor der Übermittlung der Kündigung.

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