Der Erbschaftskauf ist für viele Menschen eine Möglichkeit, Streitigkeiten unter Erben zu vermeiden und gleichzeitig Vermögenswerte zu erwerben. In diesem umfassenden Blog-Beitrag werden wir uns mit dem Erbschaftskauf, dem Verkauf von Erbanteilen sowie den rechtlichen Aspekten und aktuellen Urteilen beschäftigen. Als erfahrene Kanzlei für Erbrecht werden wir Ihnen die nötigen Informationen, Beispiele und Gesetze liefern, um die verschiedenen Szenarien und Lösungen für Erben und Käufer zu verstehen.

Inhaltsverzeichnis

Definition: Erbschaftskauf und Verkauf von Erbanteilen

Der Erbschaftskauf bezeichnet den Verkauf von Erbanteilen eines Erben an einen Dritten, der nicht zwangsläufig ein Miterbe sein muss. Der Dritte erwirbt durch den Kauf sämtliche Rechte und Pflichten, die mit dem Erbanteil verbunden sind. Der Verkauf von Erbanteilen kann sowohl im Rahmen einer Erbengemeinschaft als auch bei Alleinerben erfolgen.

Gründe für den Verkauf von Erbanteilen

Es gibt verschiedene Gründe, warum Erben ihre Erbanteile verkaufen möchten:

  • Streitigkeiten unter Miterben: In einer Erbengemeinschaft können unterschiedliche Vorstellungen über den Umgang mit dem Nachlass zu Konflikten führen. Durch den Verkauf von Erbanteilen kann eine einvernehmliche Lösung gefunden werden.
  • Liquiditätsbedarf: Oftmals besteht bei Erben ein akuter Bedarf an Geld, etwa zur Deckung von Schulden oder zur Finanzierung anderer Projekte. Durch den Verkauf von Erbanteilen können sie ihre finanzielle Situation verbessern.
  • Risikominimierung: Einige Erben möchten nicht die Verantwortung für die Verwaltung eines Nachlasses übernehmen oder die damit verbundenen Risiken tragen. Der Verkauf von Erbanteilen ermöglicht ihnen, diese Risiken abzugeben.
  • Unkenntnis über den Wert des Nachlasses: Häufig sind Erben nicht in der Lage, den Wert des Nachlasses korrekt einzuschätzen. Ein Verkauf von Erbanteilen kann hier eine Lösung bieten, um einen fairen Preis für den Erbanteil zu erzielen.

Voraussetzungen für den Erbschaftskauf

Der Verkauf von Erbanteilen unterliegt bestimmten Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen:

  • Der Verkäufer muss Erbe sein: Nur wer tatsächlich Erbe ist, kann seinen Erbanteil verkaufen. Hierzu muss der Verkäufer seinen Erbenstatus nachweisen, beispielsweise durch einen Erbschein oder ein Testament.
  • Einigung über den Kaufpreis: Der Verkaufspreis für den Erbanteil muss zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart werden. In der Regel erfolgt die Bewertung des Erbanteils durch einen Gutachter oder aufgrund von Vergleichswerten.
  • Einigung über die Abwicklung: Die Vertragsparteien müssen sich über die Abwicklung des Verkaufs einigen, insbesondere über die Übertragung der Rechte und Pflichten sowie die Zahlungsmodalitäten.
  • Notarielle Beurkundung: Der Verkauf von Erbanteilen muss in Deutschland grundsätzlich notariell beurkundet werden (§ 2371 BGB). Hierdurch wird die Rechtssicherheit für beide Parteien gewährleistet.

Abwicklung des Verkaufs von Erbanteilen

Die Abwicklung des Verkaufs von Erbanteilen erfolgt in mehreren Schritten:

  1. Vereinbarung über die Veräußerung: Zunächst müssen sich Verkäufer und Käufer über die grundsätzliche Veräußerung des Erbanteils einigen. Hierzu gehört auch die Festlegung des Kaufpreises und der Zahlungsmodalitäten.
  2. Prüfung der Erbenstellung: Vor der notariellen Beurkundung sollte der Verkäufer seinen Erbenstatus nachweisen, etwa durch einen Erbschein oder ein Testament.
  3. Notarielle Beurkundung: Der Verkauf von Erbanteilen muss notariell beurkundet werden. Der Notar prüft die Identität der Vertragsparteien, klärt sie über die rechtlichen Folgen des Vertrags auf und verliest den Vertrag. Anschließend unterschreiben beide Parteien den Vertrag.
  4. Zahlung des Kaufpreises: Der Käufer zahlt den vereinbarten Kaufpreis an den Verkäufer, meist durch Überweisung auf ein Treuhandkonto oder direkt auf das Konto des Verkäufers.
  5. Übertragung der Rechte und Pflichten: Nach Zahlung des Kaufpreises werden die Rechte und Pflichten aus dem Erbanteil auf den Käufer übertragen. Hierzu gehören insbesondere die Vermögenswerte und etwaige Schulden des Nachlasses.
  6. Eintragung im Grundbuch: Sofern der Erbanteil auch Grundstücke oder Immobilien umfasst, muss der Käufer als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden. Hierfür ist eine sogenannte Auflassungsvormerkung erforderlich, die ebenfalls notariell beurkundet wird.
  7. Mitteilung an die Erbengemeinschaft: Der Verkauf von Erbanteilen sollte den übrigen Mitgliedern der Erbengemeinschaft mitgeteilt werden, damit sie über den neuen Miterben informiert sind und gegebenenfalls ihre Zustimmung zur Veräußerung geben können.

Rechte und Pflichten der Beteiligten

Der Erbschaftskauf hat für die beteiligten Parteien verschiedene rechtliche Folgen:

  • Rechte des Käufers: Der Käufer erwirbt sämtliche Rechte, die mit dem Erbanteil verbunden sind, insbesondere das Recht auf den Vermögenswert des Nachlasses sowie etwaige Ansprüche gegenüber den übrigen Mitgliedern der Erbengemeinschaft.
  • Pflichten des Käufers: Gleichzeitig übernimmt der Käufer auch die Pflichten, die mit dem Erbanteil verbunden sind. Dazu gehören insbesondere die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten, wie z. B. Schulden oder Steuern, sowie die Pflicht zur Abwicklung des Nachlasses gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern der Erbengemeinschaft.
  • Rechte des Verkäufers: Der Verkäufer hat das Recht, den vereinbarten Kaufpreis für seinen Erbanteil zu erhalten. Darüber hinaus wird er von sämtlichen Rechten und Pflichten, die mit dem Erbanteil verbunden sind, befreit.
  • Pflichten des Verkäufers: Der Verkäufer ist verpflichtet, den Käufer über sämtliche Umstände aufzuklären, die für den Erwerb des Erbanteils von Bedeutung sind. Dazu gehören insbesondere Informationen über den Wert des Nachlasses und etwaige Nachlassverbindlichkeiten. Bei einer schuldhaften Verletzung dieser Pflicht kann der Verkäufer zum Schadensersatz verpflichtet sein.

Steuerliche Aspekte des Erbschaftskaufs

Der Erbschaftskauf hat auch steuerliche Folgen für die beteiligten Parteien:

  • Erbrechtliche Freibeträge: Beim Erbschaftskauf können die erbrechtlichen Freibeträge, die für den Erbanfall gelten, nicht in Anspruch genommen werden. Der Verkauf von Erbanteilen wird als privates Veräußerungsgeschäft behandelt, weshalb der Käufer den Kaufpreis in voller Höhe versteuern muss.
  • Spekulationssteuer: Sofern der Käufer den Erbanteil innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb wieder veräußert und dabei einen Gewinn erzielt, kann die sogenannte Spekulationssteuer anfallen. Diese beträgt den persönlichen Einkommensteuersatz des Käufers, zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer.
  • Grunderwerbsteuer: Beim Erwerb von Grundstücken oder Immobilien im Rahmen des Erbschaftskaufs fällt in der Regel Grunderwerbsteuer an. Der Steuersatz variiert je nach Bundesland und beträgt zwischen 3,5 % und 6,5 % des Kaufpreises.
  • Umsatzsteuer: Sofern der Verkäufer gewerblich tätig ist und der Erbschaftskauf in den Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit fällt, kann Umsatzsteuer auf den Kaufpreis anfallen. In diesem Fall beträgt der Umsatzsteuersatz in Deutschland 19 %.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Erbschaftskauf

Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile zum Erbschaftskauf vorgestellt, die die Rechtsprechung in diesem Bereich verdeutlichen:

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Juli 2017, Az. IV ZR 535/15: In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Verkauf von Erbanteilen grundsätzlich zulässig ist, auch wenn der Verkäufer seine Erbenstellung noch nicht endgültig geklärt hat. Voraussetzung ist jedoch, dass der Verkäufer im Zeitpunkt des Verkaufs bereits als Erbe feststeht oder zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 19. September 2016, Az. I-3 Wx 179/16: Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, dass ein Erbanteil auch dann verkauft werden kann, wenn der Erblasser in einem Testament eine sogenannte Testamentsvollstreckung angeordnet hat. Die Testamentsvollstreckung dient dazu, die Abwicklung des Nachlasses durch eine unabhängige Person zu regeln und die Erben vor Streitigkeiten zu schützen. Das Gericht hat jedoch klargestellt, dass der Verkauf von Erbanteilen in diesem Fall nur mit Zustimmung des Testamentsvollstreckers zulässig ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Januar 2011, Az. IV ZR 235/10: Der Bundesgerichtshof hat in diesem Urteil entschieden, dass der Verkäufer eines Erbanteils grundsätzlich dafür haftet, dass der Erbanteil frei von Mängeln ist. Dies bedeutet, dass der Verkäufer den Käufer über alle Umstände aufklären muss, die für den Erwerb des Erbanteils von Bedeutung sind, insbesondere über den Wert des Nachlasses und etwaige Nachlassverbindlichkeiten. Bei einer schuldhaften Verletzung dieser Pflicht kann der Verkäufer zum Schadensersatz verpflichtet sein.

FAQs zum Erbschaftskauf

Im Folgenden finden Sie einige häufig gestellte Fragen zum Erbschaftskauf und deren Antworten:

  1. Wie kann der Wert eines Erbanteils ermittelt werden?
    Die Bewertung des Erbanteils kann durch einen Gutachter oder aufgrund von Vergleichswerten erfolgen. Bei Immobilien kann beispielsweise ein Sachverständiger hinzugezogen werden, um den aktuellen Marktwert zu ermitteln. Bei Wertpapieren oder Bankguthaben kann der aktuelle Kurs- bzw. Kontostand als Grundlage dienen.
  2. Wie lange dauert die Abwicklung eines Erbschaftskaufs?
    Die Dauer der Abwicklung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. der Größe und Komplexität des Nachlasses oder der Verfügbarkeit von notwendigen Unterlagen. In der Regel sollte man jedoch mit einer Dauer von mehreren Wochen bis Monaten rechnen.
  3. Welche Kosten fallen beim Erbschaftskauf an?
    Beim Erbschaftskauf fallen verschiedene Kosten an, wie z. B. Notarkosten für die Beurkundung des Kaufvertrags oder Grunderwerbsteuer bei Immobilien. Darüber hinaus können Kosten für die Bewertung des Erbanteils oder die Eintragung im Grundbuch anfallen.
  4. Kann der Verkauf eines Erbanteils rückgängig gemacht werden?
    Grundsätzlich ist der Verkauf eines Erbanteils bindend und kann nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden. In bestimmten Fällen, beispielsweise bei arglistiger Täuschung oder Irrtümern, kann jedoch ein Rücktritt vom Vertrag oder eine Anfechtung möglich sein. In solchen Fällen sollte rechtlicher Rat eingeholt werden.
  5. Was passiert, wenn der Erbanteil überschuldet ist?
    Ist der Erbanteil überschuldet, d. h. die Schulden übersteigen den Wert des Nachlasses, kann der Käufer den Kaufpreis mindern oder vom Vertrag zurücktreten, sofern der Verkäufer ihn nicht über die Überschuldung aufgeklärt hat. In jedem Fall sollte der Käufer vor dem Erwerb eines Erbanteils dessen Wert und Verbindlichkeiten genau prüfen.

Erbschaftskauf: Der richtige Weg?

Der Erbschaftskauf bietet Erben und Käufern eine Möglichkeit, Erbanteile zu veräußern und damit Streitigkeiten unter Erben zu vermeiden oder finanzielle Bedürfnisse zu decken. Allerdings sind bei einem Erbschaftskauf zahlreiche rechtliche und steuerliche Aspekte zu beachten. Eine sorgfältige Prüfung des Erbanteils, eine angemessene Bewertung und eine notarielle Beurkundung des Kaufvertrags sind unerlässlich, um Rechtssicherheit für beide Parteien zu gewährleisten. Bei Unsicherheiten oder Fragen sollte immer der Rat eines erfahrenen Rechtsanwalts für Erbrecht eingeholt werden.

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