Das Erschleichen von Leistungen ist ein Ärgernis für Unternehmen und ehrliche Kunden gleichermaßen. Dieser umfangreiche Blog-Beitrag widmet sich dem rechtlichen Umgang mit dem Erschleichen von Leistungen in Deutschland und stellt strafrechtliche Konsequenzen dar. Erfahren Sie mehr über die verschiedenen Formen des Erschleichens von Leistungen, einschließlich Schwarzfahren, Betrug und anderer Delikte. Die Analyse basiert auf dem deutschen Strafgesetzbuch (StGB) sowie aktuellen Gerichtsurteilen und wird von einem erfahrenen Anwalt verfasst.

Inhalt

  1. Definition: Erschleichen von Leistungen
  2. Gesetzliche Grundlagen
  3. Schwarzfahren und Beförderungserschleichung
  4. Aktuelle Urteile und Streitfälle
  5. Strafen und Folgen
  6. Prävention und Reaktion auf das Erschleichen von Leistungen
  7. FAQs zum Erschleichen von Leistungen
  8. Fazit: Ein fairer Umgang – für ein gerechtes Miteinander

Definition: Erschleichen von Leistungen

Das Erschleichen von Leistungen bezieht sich auf Handlungen, bei denen Personen unrechtmäßig Waren, Dienstleistungen oder Vorteile erhalten, ohne dafür eine gutgläubige Gegenleistung zu erbringen. Hierbei handelt es sich um einen Verstoß gegen das Strafgesetzbuch (StGB) sowie gegen zivilrechtliche Pflichten und Normen. Das Erschleichen von Leistungen kann vielfältige Formen annehmen, einschließlich:

  • Schwarzfahren (Beförderungserschleichung)
  • Betrug
  • Steuerhinterziehung
  • Computerbetrug
  • Diebstahl im Amt

Gesetzliche Grundlagen

Das Erschleichen von Leistungen ist im deutschen Recht durch § 265a StGB geregelt. Die Vorschrift stellt sicher, dass Personen, die bewusst und rechtswidrig Leistungen in Anspruch nehmen, ohne dafür eine fällige Gegenleistung zu erbringen, strafrechtlich verfolgt werden können. Der Tatbestand des § 265a StGB umfasst unter anderem:

  • Mitwirkungsdelikte (Beihilfe und Anstiftung)
  • Organisierte Gruppen, die Leistungen erschleichen
  • Unerlaubte Nutzung von Daten oder Datenträgern

Die Strafbarkeit erstreckt sich nicht nur auf das individuelle Erschleichen von Leistungen, sondern auch auf die Mitwirkung und Organisation des Erschleichens.

Schwarzfahren und Beförderungserschleichung

Schwarzfahren, auch bekannt als Beförderungserschleichung, ist eine der häufigsten Formen des Erschleichens von Leistungen in Deutschland. Dabei werden öffentliche Verkehrsmittel genutzt, ohne das erforderliche Ticket oder die entsprechende Berechtigung zu besitzen oder vorzuweisen. Das Schwarzfahren wird durch § 265a StGB ausdrücklich als Erschleichen von Leistungen definiert:

  • Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Beim Schwarzfahren ist die Täuschungshandlung entscheidend. Eine bloße Nutzung eines Verkehrsmittels ohne Gültigkeit des Tickets begründet noch keine Strafbarkeit. Erst durch das Verschweigen des fehlenden Tickets oder das Vortäuschen eines gültigen Tickets liegt eine Täuschung vor.

Aktuelle Urteile und Streitfälle

Im Folgenden sind einige aktuelle Gerichtsurteile und Streitfälle zum Thema Erschleichen von Leistungen aufgeführt, die ein breites Spektrum von Situationen und Strafen abdecken:

Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Januar 2014, Az. 4 StR 431/13: In diesem Fall entschied der Bundesgerichtshof, dass das Einsteigen in einen Zug mit dem Vorsatz, kein Ticket zu kaufen, bereits einen versuchten Betrug darstellt, selbst wenn keine Kontrolle erfolgt. Die Strafbarkeit besteht also bereits ab dem eigenen Vorsatz.

Landgericht Berlin, Urteil vom 6. März 2013, Az. 526 Qs 130/12: Das Gericht urteilte, dass das gedankenlose Vergessen oder Nichtvorzeigen einer Jahreskarte keine Strafbarkeit begründet. Die subjektive Absicht, ein Ticket zu nutzen, macht den Tatbestand der Beförderungserschleichung nicht strafbar.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 19. August 2008, Az. 3 Ws 398/08: Der Beschluss befasste sich mit der Frage, ob das Erschleichen von Leistungen rücktrittsfeindlich ist. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass auch nach dem Entschluss zur Tat noch ein Rücktritt möglich ist, beispielsweise, indem man sich freiwillig vor der Fahrkartenkontrolle meldet und danach das Entgelt entrichtet.

Strafen und Folgen

Die Strafen für das Erschleichen von Leistungen variieren je nach Umfang und Art des Erschleichens und können sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Folgen haben.

  • Strafrecht: § 265a StGB sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. Die Geldstrafe bemisst sich nach Tagessätzen – hierbei wird die persönliche und wirtschaftliche Lage des Täters berücksichtigt. Wiederholungstäter müssen mit empfindlicheren Strafen rechnen.
  • Zivilrecht: Im Zivilrecht können Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, beispielsweise das erhöhte Beförderungsentgelt, das vom Verkehrsunternehmen gefordert werden kann. Hierbei handelt es sich in der Regel um das 60-fache des Normalpreises. Darüber hinaus können Unternehmen Hausverbote oder Beförderungsverbote aussprechen, um weitere Erschleichungen zu verhindern.
  • Eintrag in das polizeiliche Führungszeugnis: Bei Verurteilungen zu einer Geldstrafe von mindestens 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten kann ein Eintrag ins Führungszeugnis erfolgen. Dies kann negative Auswirkungen auf die berufliche Zukunft und das soziale Ansehen haben.

Prävention und Reaktion auf das Erschleichen von Leistungen

Anbieter von Waren, Dienstleistungen und öffentlichen Verkehrsmitteln können verschiedene Maßnahmen ergreifen, um das Erschleichen von Leistungen zu verhindern oder zumindest einzuschränken:

Technische Sicherheitsvorkehrungen: Automaten und Systeme, die Tickets ausstellen, sollten stets auf dem neuesten Stand der Technik sein, um Fälschungen und Manipulationen zu erschweren. Zum Beispiel können Ticket-Verifikationssysteme, Kameras oder elektronische Lesegeräte zur Kontrolle eingesetzt werden.

Regelmäßige Kontrollen:
Durchführung häufiger Kontrollen – sowohl angekündigt als auch unangekündigt – schreckt potenzielle Täter ab und erhöht die Chance, Personen zu erwischen, die Leistungen erschleichen wollen.

Aufklärung und Information: Kunden sollten klar und verständlich über die Regeln und möglichen Folgen des Erschleichens von Leistungen informiert werden. Somit wird das Bewusstsein für das Thema geschärft und das Risiko einer versehentlichen Strafbarkeit reduziert.

Zusammenarbeit mit Behörden: Eine enge Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht es Unternehmen, etwaige Delikte schnell und effektiv zu ahnden.

Wer in eine Situation gerät, in der strafrechtliche oder zivilrechtliche Folgen wegen des Erschleichens von Leistungen drohen, sollte sich anwaltlich beraten lassen. Eine frühzeitige, sachkundige Beratung kann helfen, schwerwiegende Folgen abzuwenden oder zumindest abzumildern.

FAQs zum Erschleichen von Leistungen

Im Folgenden finden Sie eine Liste häufig gestellter Fragen zum Thema Erschleichen von Leistungen und die dazugehörigen Antworten:

  1. Was bedeutet „Leistungen erschleichen“?
    Das Erschleichen von Leistungen bezieht sich auf Handlungen, bei denen Personen unrechtmäßig Waren, Dienstleistungen oder Vorteile erhalten, ohne dafür eine gutgläubige Gegenleistung zu erbringen. Das Erschleichen von Leistungen ist gemäß § 265a StGB strafbar.
  2. Wie erkenne ich, ob ich Leistungen erschlichen habe?
    Grundsätzlich handelt es sich um das Erschleichen von Leistungen, wenn bewusst und rechtswidrig eine Gegenleistung nicht erbracht wurde, obwohl hierfür eine Pflicht besteht. Hierzu zählt unter anderem das Schwarzfahren in öffentlichen Verkehrsmitteln. Wichtig ist dabei das Vorliegen einer Täuschungshandlung.
  3. Welche Strafe droht mir, wenn ich beim Schwarzfahren erwischt werde?
    Beim Schwarzfahren droht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr laut § 265a StGB. Zivilrechtlich kann zudem das erhöhte Beförderungsentgelt gefordert werden, meist das 60-fache des Normalpreises.
  4. Ich habe ein gültiges Ticket, habe es aber vergessen. Bin ich strafbar?
    Sofern das Vergessen des Tickets unabsichtlich und nicht vorsätzlich geschehen ist, liegt keine Strafbarkeit vor. Allerdings kann das erhöhte Beförderungsentgelt verlangt werden, bis das gültige Ticket vorgezeigt wird.
  5. Ich wurde beim Schwarzfahren erwischt, aber es war das erste Mal. Droht mir trotzdem eine Strafe?
    Ja, selbst Ersttäter können für das Erschleichen von Leistungen bestraft werden. Jedoch ist es möglich, dass die Strafe milder ausfällt. Dies hängt von den Umständen des Einzelfalls und der persönlichen und wirtschaftlichen Lage des Täters ab.
  6. Kann das Erschleichen von Leistungen in mein Führungszeugnis eingetragen werden?
    Ein Eintrag ins Führungszeugnis erfolgt bei einer Geldstrafe von mindestens 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten. In weniger schwerwiegenden Fällen ist ein Eintrag unwahrscheinlich.

Fazit: Ein fairer Umgang – für ein gerechtes Miteinander

Das Erschleichen von Leistungen bringt sowohl für Betroffene als auch für die Allgemeinheit unangenehme Folgen mit sich. Die gesetzlichen Regelungen, aktuellen Gerichtsentscheidungen und möglichen Strafen verdeutlichen, dass der Gesetzgeber bemüht ist, Anreize für ehrliches Verhalten zu schaffen und das Erschleichen von Leistungen zu bekämpfen. Die Zusammenarbeit von Unternehmen, Strafverfolgungsbehörden und der Bevölkerung ist hierbei entscheidend, um effektive Maßnahmen zur Prävention und Reaktion auf solche Delikte umzusetzen.

Ein fairer Umgang miteinander und ein respektvoller Austausch von Leistungen schaffen letztendlich eine gerechtere und sicherere Gesellschaft für alle. Jeder Einzelne ist dazu aufgerufen, seinen Teil beizutragen und die konkreten Regelungen sowie Rechte und Pflichten immer im Blick zu behalten. In schwierigen Situationen ist es wichtig, den Rat eines erfahrenen Rechtsanwalts einzuholen, um die bestmöglichen Lösungen für alle Beteiligten zu finden.

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