Der Kaufvertrag ist eine der am häufigsten abgeschlossenen Vertragsarten im Alltag. Doch was passiert, wenn ein gekauftes Produkt Mängel aufweist? In diesem umfangreichen Blog-Beitrag beleuchten wir die Gewährleistungsfristen im Zivilrecht und klären Sie über Regelungen, Rechte und Pflichten für Käufer und Verkäufer auf. Wir zeigen Ihnen auch aktuelle Gerichtsurteile und beantworten die am häufigsten gestellten Fragen zum Thema Gewährleistung.

Was ist Gewährleistung und wie unterscheidet sie sich von der Garantie?

Die Gewährleistung ist eine gesetzliche Verpflichtung des Verkäufers, für die mangelfreie Beschaffenheit der verkauften Sache einzustehen. Sie schützt den Käufer vor Sach- und Rechtsmängeln und ist in den §§ 434 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Im Gegensatz dazu ist die Garantie eine freiwillige Zusatzleistung des Verkäufers oder Herstellers, die über die gesetzliche Gewährleistung hinausgeht und in der Regel für eine bestimmte Dauer abgeschlossen wird.

Welche Gewährleistungsfristen gelten im Zivilrecht?

Die gesetzlichen Gewährleistungsfristen betragen für Neuware zwei Jahre und für gebrauchte Waren ein Jahr ab Übergabe der Kaufsache. Diese Fristen können jedoch im Einzelfall vertraglich abgekürzt oder verlängert werden, wobei eine Verkürzung auf unter ein Jahr bei gebrauchten Sachen und auf unter zwei Jahre bei neuen Sachen gegenüber Verbrauchern unzulässig ist (§ 475 Abs. 2 BGB).

Wann beginnt die Gewährleistungsfrist?

Die Gewährleistungsfrist beginnt grundsätzlich mit der Übergabe der Kaufsache an den Käufer, also mit dem Zeitpunkt, zu dem der Käufer die tatsächliche Sachherrschaft über das erworbene Produkt erlangt (§ 438 Abs. 2 BGB). Dies kann beispielsweise der Moment sein, in dem der Käufer die Ware im Laden in die Hand nimmt oder die Übergabe durch einen Paketdienstleister erfolgt.

Welche Rechte hat der Käufer bei Mängeln?

Stellt der Käufer innerhalb der Gewährleistungsfrist einen Mangel fest, hat er zunächst das Recht auf Nacherfüllung (§ 437 Nr. 1 BGB). Die Nacherfüllung kann durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung erfolgen, wobei der Käufer ein Wahlrecht hat (§ 439 Abs. 1 BGB). Scheitert die Nacherfüllung oder verweigert der Verkäufer sie, stehen dem Käufer weitere Rechte zu:

Wann liegt ein Mangel vor?

Ein Mangel liegt vor, wenn die Kaufsache nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und einen Wert oder eine Tauglichkeit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich sind und vom Käufer erwartet werden können (§ 434 Abs. 1 BGB). Dabei sind auch öffentliche Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder von deren Gehilfen, insbesondere in der Werbung, über bestimmte Eigenschaften der Sache zu berücksichtigen (§ 434 Abs. 1 S. 3 BGB).

Was sind die Voraussetzungen für die Haftung des Verkäufers?

Der Verkäufer haftet nur dann für Mängel, wenn diese bereits bei Übergabe der Kaufsache vorlagen (§ 434 Abs. 2 BGB). Dies muss der Käufer im Streitfall beweisen. Allerdings gilt im Zivilrecht eine Beweislastumkehr innerhalb der ersten sechs Monate ab Übergabe: Wird der Mangel innerhalb dieser Frist festgestellt, wird vermutet, dass er bereits bei Übergabe vorlag (§ 476 BGB). In diesem Fall ist der Verkäufer in der Beweispflicht, dass die Sache mangelfrei übergeben wurde.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Gewährleistung

Im Folgenden stellen wir Ihnen einige aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Gewährleistung vor:

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Oktober 2016, Az. VIII ZR 103/15: Ein Gebrauchtwagenhändler haftet auch dann für Mängel, wenn er den Kaufvertrag im Namen eines Dritten abschließt.
  • Landgericht Koblenz, Urteil vom 23. Mai 2017, Az. 2 O 360/16: Der Verkäufer eines gebrauchten Wohnmobils haftet für einen Sachmangel, wenn er in der Artikelbeschreibung verschweigt, dass das Fahrzeug mehrere Jahre ungenutzt abgestellt war.
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 7. März 2017, Az. 28 U 89/16: Ein Verkäufer muss bei einem Online-Kaufvertrag keine Gewährleistung für die Kompatibilität von Computerhardware übernehmen, wenn er darauf hinweist, dass die Ware nur für bestimmte Geräte geeignet ist.

FAQ zur Gewährleistung im Zivilrecht

Im Folgenden beantworten wir die am häufigsten gestellten Fragen zur Gewährleistung im Zivilrecht:

Kann ich als Käufer bei einem Privatverkauf Gewährleistungsansprüche geltend machen?

Grundsätzlich ja, denn auch bei einem Privatverkauf gelten die gesetzlichen Gewährleistungsregelungen. Allerdings können die Gewährleistungsansprüche im Kaufvertrag ausgeschlossen werden, sofern der Verkäufer nicht arglistig handelt (§ 444 BGB).

Wie lange kann ich als Käufer meine Gewährleistungsrechte geltend machen?

Die Gewährleistungsfrist beträgt bei Neuware zwei Jahre und bei gebrauchten Waren ein Jahr ab Übergabe der Kaufsache. Innerhalb dieser Frist können Sie als Käufer Ihre Gewährleistungsrechte geltend machen.

Kann ich als Verkäufer die Gewährleistungsfrist verlängern oder verkürzen?

Ja, die Gewährleistungsfrist kann vertraglich verlängert oder verkürzt werden. Allerdings ist eine Verkürzung auf unter ein Jahr bei gebrauchten Sachen und auf unter zwei Jahre bei neuen Sachen gegenüber Verbrauchern unzulässig (§ 475 Abs. 2 BGB).

Was ist, wenn der Mangel erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist auftritt?

Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist können keine Gewährleistungsansprüche mehr geltend gemacht werden. In diesem Fall kann der Käufer möglicherweise auf eine Garantie zurückgreifen, sofern eine solche vereinbart wurde.

Muss ich als Käufer den Mangel sofort anzeigen?

Ein Verbraucher sollte einen Mangel unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, anzeigen (§ 121 BGB). Bei einem Kaufvertrag zwischen Unternehmern muss der Käufer den Mangel innerhalb einer angemessenen Frist, in der Regel zwei Wochen, rügen (§ 377 HGB).

Kann ich als Käufer direkt vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern?

Bevor Sie als Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern können, müssen Sie dem Verkäufer zunächst die Möglichkeit zur Nacherfüllung einräumen (§ 437 Nr. 1 BGB). Erst wenn diese scheitert oder verweigert wird, können Sie weitere Rechte geltend machen.

Was ist, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung verweigert?

Verweigert der Verkäufer die Nacherfüllung, können Sie als Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder Schadensersatz bzw. Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen (§ 437 Nr. 2 und 3 BGB).

Kann ich als Käufer Schadensersatz verlangen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat?

Ja, bei einer arglistigen Täuschung durch den Verkäufer kann der Käufer Schadensersatz verlangen (§ 282 BGB). Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Verkäufer den Mangel kennt und bewusst verschweigt oder sogar falsche Angaben macht.

Kann ich als Käufer einen Mangel selbst beheben und die Kosten vom Verkäufer ersetzt verlangen?

Die Selbstvornahme der Mängelbeseitigung ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung verweigert oder diese fehlgeschlagen ist (§ 437 Nr. 3, § 281 BGB). In diesem Fall können Sie als Käufer Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen (§ 284 BGB).

Wie lange dauert die Beweislastumkehr zugunsten des Käufers?

Die Beweislastumkehr zugunsten des Käufers dauert sechs Monate ab Übergabe der Kaufsache (§ 476 BGB). Innerhalb dieser Frist wird vermutet, dass ein festgestellter Mangel bereits bei Übergabe vorlag, und der Verkäufer muss das Gegenteil beweisen.

Fazit

Die Gewährleistungsfristen im Zivilrecht sind von großer Bedeutung für Käufer und Verkäufer. Sie regeln die Rechte und Pflichten beider Parteien bei Mängeln an der verkauften Sache und stellen sicher, dass der Käufer eine mangelfreie Ware erhält. Die gesetzlichen Regelungen bieten dabei einen grundlegenden Schutz, der durch vertragliche Vereinbarungen ergänzt oder modifiziert werden kann. Die Kenntnis der Gewährleistungsfristen und der damit verbundenen Rechte ist daher für jeden Kaufinteressenten und Verkäufer von großer Bedeutung.

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