Ob aus Leidenschaft, Interesse oder dem Wunsch nach zusätzlichem Einkommen – immer mehr Arbeitnehmer engagieren sich in Nebentätigkeiten. Doch wie sind diese rechtlich einzuordnen, und welche Auswirkungen haben sie auf den Hauptberuf? In diesem ausführlichen Beitrag gehen wir auf alle relevanten Aspekte ein: gesetzliche Grundlagen, Bestimmungen in Arbeitsverträgen, Zustimmung des Arbeitgebers, mögliche Konsequenzen und aktuelle Gerichtsurteile. Lesen Sie weiter, um umfassend informiert zu sein und möglichen Konflikten vorzubeugen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Gesetzliche Grundlagen
  2. Arbeitsvertragliche Regelungen
  3. Zustimmung des Arbeitgebers
  4. Konsequenzen bei Verstößen
  5. Aktuelle Gerichtsurteile
  6. FAQs
  7. Abschließende Gedanken

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen bezüglich Nebentätigkeiten finden sich in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen, zu denen unter anderem das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gehören. Hier sind einige der wichtigsten Regelungen zusammengefasst:

  • § 3 Abs. 1 ArbZG: Die werktägliche Arbeitszeit darf insgesamt 10 Stunden nicht überschreiten. Eine Ausnahme besteht, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten im Durchschnitt eine werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden eingehalten wird.
  • § 4 ArbZG: Die Ruhezeit zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn muss mindestens 11 Stunden betragen.
  • § 618 BGB: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für die Sicherheit und Gesundheit des Arbeitnehmers Sorge zu tragen, dazu gehört auch die Begrenzung der Arbeitszeit.
  • § 246 BGB: Eine Nebentätigkeit darf nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Dies kann beispielsweise bei Ausübung einer Tätigkeit im Rotlichtmilieu der Fall sein.
  • § 242 BGB: Nach Treu und Glauben darf eine Nebentätigkeit nicht im direkten Wettbewerb zum Hauptarbeitgeber stehen.

Ergänzend können Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder individuelle Verträge Regelungen zu Nebentätigkeiten enthalten, die zusätzlich zu beachten sind.

Arbeitsvertragliche Regelungen

Um Unklarheiten und Konflikten vorzubeugen, ist es empfehlenswert, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer Regelungen zur Nebentätigkeit im Arbeitsvertrag verankern. Hierbei können folgende Punkte von Bedeutung sein:

  • Anzeigepflicht: In vielen Verträgen ist geregelt, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, den Arbeitgeber über die Aufnahme einer Nebentätigkeit zu informieren. Dies dient der Transparenz und ermöglicht es dem Arbeitgeber, mögliche Interessenkonflikte oder arbeitszeitrechtliche Probleme rechtzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren.
  • Genehmigungspflicht: Manche Arbeitsverträge verlangen sogar die vorherige Genehmigung durch den Arbeitgeber, bevor eine Nebentätigkeit aufgenommen werden darf. Hierbei ist es wichtig, auf eine angemessene und nicht diskriminierende Ausgestaltung der Regelung zu achten, um die Vertragsklausel nicht unwirksam werden zu lassen.
  • Konkretisierung zulässiger Tätigkeiten: Eine dritte Möglichkeit besteht darin, im Arbeitsvertrag genau festzuhalten, welche Nebentätigkeiten zulässig sind und welche ausgeschlossen werden. Zum Beispiel könnten bestimmte Branchen oder Tätigkeitsfelder als unvereinbar angesehen und entsprechend ausgeschlossen werden.

Zustimmung des Arbeitgebers

Ein wichtiger Aspekt bei der Ausübung einer Nebentätigkeit ist die Zustimmung des Arbeitgebers. Je nach arbeitsvertraglicher Regelung kann der Arbeitgeber die Zustimmung verweigern oder einschränken. Dabei sind jedoch folgende Voraussetzungen zu beachten:

  • Interesse des Arbeitgebers: Die Zustimmungsverweigerung muss auf einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers beruhen. Beispiele hierfür sind die Gefahr der Arbeitszeitüberschreitung, Beeinträchtigung des Arbeitnehmerwohlbefindens (Müdigkeit, Gesundheitsgefährdung) oder eine erhebliche Störung des Betriebsfriedens.
  • Verhältnismäßigkeit: Die Zustimmungsverweigerung muss verhältnismäßig sein und darf nicht willkürlich oder diskriminierend erfolgen.
  • Begründung: Der Arbeitgeber sollte seine Zustimmungsverweigerung schriftlich begründen und den Arbeitnehmer über seine Entscheidung informieren.

Bei der Prüfung einer Zustimmungsverweigerung spielen deshalb immer die Umstände des Einzelfalls eine Rolle – generelle Aussagen können hier nur begrenzt getroffen werden.

Konsequenzen bei Verstößen

Wenn ein Arbeitnehmer ohne die erforderliche Zustimmung des Arbeitgebers eine Nebentätigkeit aufnimmt oder sie ausübt, obwohl sie verboten ist, können verschiedene Konsequenzen folgen:

  • Abmahnung: In der Regel wird der Arbeitgeber zuerst eine Abmahnung aussprechen, die den Arbeitnehmer darauf hinweist, dass er gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen hat.
  • Kündigung: Bei fortgesetztem Verstoß, insbesondere bei Nichtbeachtung einer Abmahnung, kann der Arbeitgeber eine (verhaltensbedingte) Kündigung aussprechen. Eine solche Kündigung bedarf einer umfassenden Interessenabwägung und einer angemessenen Verhältnismäßigkeitsprüfung.
  • Unterlassungsansprüche: Der Arbeitgeber kann unter Umständen Unterlassungsansprüche gegen den Arbeitnehmer geltend machen, um die weitere Ausübung der unzulässigen Nebentätigkeit zu verhindern.
  • Schadenersatzansprüche: Wenn der Arbeitgeber einen konkret nachweisbaren Schaden aufgrund der unerlaubten Nebentätigkeit erlitten hat (z. B. Umsatzeinbußen durch Wettbewerbsverstöße), kann er unter Umständen Schadenersatzansprüche geltend machen.

Aktuelle Gerichtsurteile

Gerichtliche Entscheidungen zu Nebentätigkeiten geben Arbeitnehmern und Arbeitgebern wertvolle Orientierungshilfen. Hier sind einige exemplarische Fälle:

  • BAG, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 2 AZR 551/14 – Ein Arbeitnehmer wurde fristlos gekündigt, weil er eine Nebentätigkeit trotz ausdrücklichem Verbot des Arbeitgebers ausgeübt hatte. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied jedoch, dass eine solche außerordentliche Kündigung nur gerechtfertigt wäre, wenn der Arbeitgeber durch die Nebentätigkeit unmittelbar und erheblich geschädigt werde. Eine fristlose Kündigung sei hier nicht gerechtfertigt gewesen.
  • BAG, Urteil vom 19. Januar 2016 – 9 AZR 874/14 – Ein Arbeitnehmer führte neben seinem Vollzeitjob eine gewerbliche Nebentätigkeit aus, welche seine Arbeitszeit teilweise bis auf das Zehnfache der gesetzlichen Höchstgrenzen ausdehnte. Das BAG entschied, dass der Arbeitnehmer zu Schadenersatzansprüchen verpflichtet sei, auch wenn der Arbeitgeber keinen konkreten Schaden nachweisen konnte.
  • LArbG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. März 2015 – 4 Sa 559/14 – Ein Arbeitnehmer hatte während seiner Ausbildung ohne Wissen und Genehmigung seines Arbeitgebers ein eigenes Gewerbe angemeldet. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschied, dass die Kündigung des Ausbildungsverhältnisses wegen der unerlaubten Nebentätigkeit gerechtfertigt war.

FAQs

Was ist eine Nebentätigkeit?

Eine Nebentätigkeit ist eine gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit, die neben einer Hauptbeschäftigung ausgeführt wird. Dabei kann es sich sowohl um eine geringfügige Beschäftigung (Minijob), selbständige Tätigkeit oder auch eine ehrenamtliche Tätigkeit handeln, wenn hierfür eine finanzielle Entschädigung (z. B. Aufwandsentschädigung) gezahlt wird.

Muss ich meinen Arbeitgeber über eine Nebentätigkeit informieren?

Ob eine Informationspflicht besteht, hängt von den Regelungen im jeweiligen Arbeitsvertrag ab. In vielen Fällen ist vereinbart, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, den Arbeitgeber über die Aufnahme einer Nebentätigkeit zu informieren. Eine Genehmigungspflicht kann ebenfalls im Arbeitsvertrag geregelt sein. In jedem Fall sind arbeitszeitrechtliche Vorgaben sowie das Wohlwollen des Hauptarbeitgebers zu beachten.

Kann mein Arbeitgeber meine Nebentätigkeit verbieten?

Ein Arbeitgeber kann die Ausübung einer Nebentätigkeit grundsätzlich nur dann verbieten oder einschränken, wenn berechtigte Interessen des Arbeitgebers betroffen sind. Dies können zum Beispiel Arbeitszeitüberschreitungen, Gesundheitsgefährdungen, Interessenkonflikte oder Störungen des Betriebsfriedens sein. Die Zustimmungsverweigerung muss verhältnismäßig sein und darf nicht willkürlich erfolgen. Eine schriftliche Begründung ist empfehlenswert.

Was passiert, wenn ich meine Nebentätigkeit nicht melde oder sie trotz Verbot ausübe?

Wenn ein Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Regelungen bezüglich Nebentätigkeiten verstößt, können verschiedene Konsequenzen folgen: Abmahnung, Kündigung, Unterlassungsansprüche oder Schadenersatzansprüche. Entscheidend sind dabei die Umstände des Einzelfalls sowie das Ausmaß der Pflichtverletzung.

Wann ist eine Nebentätigkeit erlaubt?

Eine Nebentätigkeit ist erlaubt, wenn sie den Interessen des Hauptarbeitgebers nicht entgegensteht und arbeitszeitrechtliche Vorgaben eingehalten werden. Ob und in welchem Umfang eine Nebentätigkeit erlaubt ist, kann im Arbeitsvertrag, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen geregelt sein. Im Zweifelsfall ist es empfehlenswert, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen oder sich rechtlichen Rat einzuholen.

Abschließende Gedanken

Eine Nebentätigkeit kann eine gute Möglichkeit sein, um zusätzliches Einkommen zu erzielen, Interessen nachzugehen oder neue Erfahrungen zu sammeln. Dennoch gilt es, die gesetzlichen Vorgaben im Auge zu behalten und Regelungen im Arbeitsvertrag zu beachten. Offene Kommunikation und Transparenz gegenüber dem Hauptarbeitgeber sind ebenso wichtig, um Konflikte zu vermeiden und ein gutes Arbeitsverhältnis zu bewahren.

Dieser Beitrag ist als juristische Information gedacht und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen und individuellen Anliegen ist es ratsam, fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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