Ein Verkehrsunfall oder anderer Vorfall kann dazu führen, dass Ihr Fahrzeug für eine gewisse Zeit nicht zur Verfügung steht. In solchen Fällen können Sie als Geschädigter möglicherweise eine Nutzungsausfallentschädigung vom Schädiger verlangen. In diesem Beitrag erfahren Sie alles Wissenswerte zur Nutzungsausfallentschädigung, welche gesetzlichen Grundlagen diesen Anspruch begründen und welche Voraussetzungen für die Geltendmachung erfüllt sein müssen. Zudem erhalten Sie nützliche Informationen zu aktuellen Gerichtsentscheidungen und praxisrelevanten Beispielen.

Was ist eine Nutzungsausfallentschädigung?

Die Nutzungsausfallentschädigung ist ein Schadenersatzanspruch, der darauf abzielt, den Geschädigten in Anlehnung an die entstandenen wirtschaftlichen und ideellen Verluste bei der Nutzung des Fahrzeugs zu entschädigen. Während der Zeit, in der das Fahrzeug nicht benutzt werden kann, entbehrt der Geschädigte die Möglichkeit, das Fahrzeug für den üblichen Gebrauch, den eigenen wirtschaftlichen Nutzen oder auch zur Freizeitgestaltung einzusetzen.

Rechtliche Grundlage der Nutzungsausfallentschädigung

Die Nutzungsausfallentschädigung ist im deutschen Zivilrecht verankert und kann gemäß § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Schadensersatzpflicht, § 249 BGB – Schadensersatz in Geld, und § 7 Straßenverkehrsgesetz (StVG) – Haftung bei Unfällen, geltend gemacht werden.

Voraussetzungen für den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung

Um einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung geltend zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Ein Schaden am Fahrzeug, der durch einen Dritten verursacht wurde (z.B. bei einem Verkehrsunfall).
  • Der Geschädigte hat aufgrund des Schadens an seinem Kfz einen Nutzungsausfall erlitten.
  • Der Geschädigte konnte einen tatsächlichen Nutzungswillen und eine Berechtigung zur Nutzung des Fahrzeugs nachweisen.
  • Ein Verschulden des Geschädigten am Unfall oder Fahrzeugausfall kann ausgeschlossen oder zumindest teilweise gemindert werden.

Wichtig hierbei ist, dass die reine Tatsache des Fahrzeugausfalls nicht automatisch zur Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung führt. Der Geschädigte muss darlegen, dass das Fahrzeug für den konkreten Zeitraum tatsächlich genutzt werden sollte und das Fahrzeug dazu in seinem Besitz war.

Wie berechnet sich die Nutzungsausfallentschädigung?

Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung richtet sich nach der Dauer des Ausfalls sowie der Fahrzeugklasse. Hierbei kann die sogenannte Sanden-Danner-Tabelle als Orientierungshilfe dienen. Diese Tabelle kursiert seit Jahren und wird von vielen Gerichten bei der Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung herangezogen. Die Tabelle unterscheidet verschiedene Fahrzeugklassen und weist diesen tägliche Nutzungsausfallentschädigungsbeträge zu.

Beachten Sie, dass es sich bei dieser Tabelle lediglich um einen Anhaltspunkt handelt und die tatsächliche Entschädigungshöhe von den individuellen Umständen abhängt. Gerichte sind nicht an die Tabelle gebunden und können die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung auch nach eigenem Ermessen festsetzen.

Unterschied zwischen Nutzungsausfallentschädigung und Schadensminderungspflicht

Ein wichtiger Aspekt, der im Zusammenhang mit der Nutzungsausfallentschädigung beachtet werden sollte, ist die Schadensminderungspflicht des Geschädigten. Gemäß § 254 BGB ist der Geschädigte dazu verpflichtet, nach einem Schadenereignis seinen Schaden so gering wie möglich zu halten. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass der Geschädigte bei einer erforderlichen Reparatur keine unangemessen hohen Kosten verursachen oder durch zeitnahe Reparaturmaßnahmen den Ausfall des Fahrzeugs verkürzen sollte.

Die Schadensminderungspflicht kann insofern Einfluss auf den Anspruch von Nutzungsausfallentschädigung haben, als dass ein unterlassenes oder verzögertes Handeln des Geschädigten zu einer Kürzung der Entschädigung führen kann, wenn dadurch der Ausfall des Fahrzeugs unnötig verlängert wurde.

Ansprüche bei werkstattbedingtem Nutzungsausfall

Neben der Nutzungsausfallentschädigung bei einem Unfall kann es Fälle geben, in denen dem Geschädigten ein Nutzungsausfall aufgrund von Fehlern oder Verzögerungen bei der Reparatur seines Fahrzeugs durch eine Werkstatt entsteht. Hierbei unterscheidet sich der Anspruch auf Entschädigung insofern, als dass der Schaden nicht durch Dritte, sondern durch die jeweilige Werkstatt verursacht wurde.

In solchen Fällen kann eventuell ein Schadensersatzanspruch gegen die Werkstatt geltend gemacht werden, wenn diese für den Nutzungsausfall verantwortlich ist. Eine solche Haftung kann beispielsweise bei falsch durchgeführten Reparaturen, fehlerhafter Ersatzteilbeschaffung, unangemessenen Verzögerungen oder mangelnder Sorgfalt begründet werden. Hierbei ist jedoch eine Einzelfallprüfung erforderlich, um festzustellen, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung seitens der Werkstatt vorliegt und diese zu Schadensersatzansprüchen führt.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Nutzungsausfallentschädigung

In der jüngeren Rechtsprechung hat es einige relevante Entscheidungen zur Nutzungsausfallentschädigung gegeben, die für die Praxis von Bedeutung sind:

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. Juli 2018 – VI ZR 274/17

In diesem Fall urteilte der Bundesgerichtshof, dass die Nutzungsausfallentschädigung auch für ein im Haushalt des Geschädigten vorhandenes Fahrzeug eines volljährigen Kindes zu gewähren ist. Wichtig ist hierbei, dass der Geschädigte nachweisen muss, dass er das Fahrzeug tatsächlich für eigene Zwecke nutzen wollte und durfte.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 7. Juni 2013 – 9 U 173/12

Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass die stets zurückhaltend bemessenen Sätze der Sanden-Danner-Tabelle nicht kategorisch als Höchstsätze für die Nutzungsausfallentschädigung anzusehen sind. Unter bestimmten Umständen kann die Nutzungsausfallentschädigung höher ausfallen als in der Tabelle ausgewiesen.

Praxisbeispiele und Tipps zur Durchsetzung von Nutzungsausfallentschädigungen

Um Ihre Ansprüche auf Nutzungsausfallentschädigung durchzusetzen, sollten Sie folgende Schritte und Hinweise beachten:

  1. Melden Sie den Schaden unverzüglich Ihrer Versicherung und ggf. der Polizei.
  2. Dokumentieren Sie den Schadenshergang und den Fahrzeugzustand (z.B. durch Fotos).
  3. Halten Sie alle relevanten Unterlagen und Belege bereit (z.B. Kfz-Schein, Führerschein, Reparaturrechnung).
  4. Beauftragen Sie einen Rechtsanwalt, um Ihre Ansprüche auf Nutzungsausfallentschädigung fachkundig durchzusetzen.
  5. Achten Sie auf Verjährungsfristen: Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

FAQs zur Nutzungsausfallentschädigung

Kann ich Nutzungsausfallentschädigung auch für ein geleastes Fahrzeug verlangen?

Ja, auch bei Leasingfahrzeugen kann ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bestehen, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Was passiert, wenn ich einen Mietwagen aufgrund des Fahrzeugausfalls genutzt habe?

Wenn Sie aufgrund des Fahrzeugausfalls einen Mietwagen in Anspruch nehmen mussten, können Sie die Mietwagenkosten beim Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung geltend machen. Die Nutzungsausfallentschädigung entfällt dann allerdings.

Kann ich Nutzungsausfallentschädigung auch für ein Motorrad, Fahrrad oder Elektrofahrzeug verlangen?

Grundsätzlich ist die Nutzungsausfallentschädigung auch für diese Fahrzeuge denkbar, allerdings sind hier oft andere Maßstäbe für die Berechnung anzulegen bzw. müssen besondere Umstände berücksichtigt werden.

Bin ich verpflichtet, mein Fahrzeug sofort reparieren zu lassen, um Nutzungsausfallentschädigung zu erhalten?

Nein, Sie sind nicht verpflichtet, Ihr Fahrzeug unverzüglich reparieren zu lassen. Allerdings müssen Sie darlegen, wie lange das Fahrzeug ohne den Schaden genutzt worden wäre, und dürfen die Reparatur nicht unnötig verzögern.

Weiterführende Informationen und Beratung

Die Recherche und das Verständnis der gesetzlichen Grundlagen, Gerichtsurteile und Beispiele zur Nutzungsausfallentschädigung sind nur der erste Schritt, um sich über die eigenen Rechte und Ansprüche im Falle eines Fahrzeugausfalls zu informieren. Da jeder Einzelfall seine eigenen Besonderheiten aufweist und juristische Detailfragen oft komplex sind, ist es sinnvoll, bei konkreten Fragestellungen und Unklarheiten eine individuelle Beratung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen.

Die Zusammenarbeit mit einem Rechtsanwalt, der auf Verkehrsrecht und Schadensersatzansprüche spezialisiert ist, gewährleistet eine umfassende Betrachtung Ihres Falles und eine fachkundige Unterstützung bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Ein Rechtsanwalt kann außerdem dazu beitragen, mögliche Fallstricke zu vermeiden, beispielsweise bei der Kommunikation mit der gegnerischen Versicherung oder der Berücksichtigung von Fristen und Formalitäten.

Scheuen Sie sich daher nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten und eine angemessene Nutzungsausfallentschädigung zu erhalten.

Wie eine Nutzungsausfallentschädigung Ihnen helfen kann

Die Nutzungsausfallentschädigung ist eine wichtige Möglichkeit für Geschädigte, finanziellen Ausgleich für den entstandenen Nutzungsausfall ihres Fahrzeugs zu erhalten. Allerdings hängt die erfolgreiche Geltendmachung eines Anspruchs von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Schuldfrage, dem jeweiligen Nutzungswillen und den individuellen Umständen des Geschädigten.

Um Ihre Ansprüche auf Nutzungsausfallentschädigung bestmöglich durchzusetzen, ist es ratsam, sich fachkundige juristische Unterstützung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt zu sichern. Dieser kann Ihnen dabei helfen, die für Ihren Fall relevanten Aspekte zu berücksichtigen und Ihre Rechte effektiv durchzusetzen.

Beachten Sie außerdem die angesprochenen aktuellen Gerichtsurteile und praxisrelevanten Beispiele, um ein besseres Verständnis für die Thematik der Nutzungsausfallentschädigung zu gewinnen. In jedem Fall ist es wichtig, zeitnah zu handeln, um eventuelle Verjährungsfristen nicht verstreichen zu lassen und somit Ihre Ansprüche auf Nutzungsausfallentschädigung zu wahren.

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