Rücktritt vom Vertrag

Verträge sind für viele Menschen im Alltag unvermeidlich – ob beim Kauf eines Autos, beim Abschluss eines Arbeitsvertrags oder beim Mieten einer Wohnung. Doch manchmal ändern sich die Umstände, und eine Vertragspartei möchte vom Vertrag zurücktreten.

In diesem Beitrag erhalten Sie einen umfassenden Überblick über das Thema Rücktritt vom Vertrag. Wir erläutern die Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt, die möglichen Folgen und geben Ihnen wertvolle Tipps, wie Sie sich im Falle eines Rücktritts verhalten sollten. Dabei stützen wir uns auf aktuelle Gesetze, Gerichtsurteile und Beispiele aus der Praxis.

Inhaltsverzeichnis:

  • Was ist ein Rücktritt vom Vertrag?
  • Gesetzliche Grundlagen des Rücktritts
  • Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt
  • Rücktrittsrecht in verschiedenen Vertragstypen
  • Folgen des Rücktritts
  • Rücktrittserklärung und Fristen
  • Rücktritt und Schadensersatz
  • Aktuelle Gerichtsurteile zum Rücktritt vom Vertrag
  • FAQ

Was ist ein Rücktritt vom Vertrag?

Der Rücktritt ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, durch das eine Partei einen bestehenden Vertrag rückwirkend aufheben kann. Durch den Rücktritt wird der Vertrag so behandelt, als hätte er nie bestanden. Die Parteien sind dann verpflichtet, die bereits empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Der Rücktritt dient dazu, die Leistungsstörungen im Vertragsverhältnis zu beheben und die Parteien wieder in den ursprünglichen Zustand zurückzuführen.

Gesetzliche Grundlagen des Rücktritts

Die gesetzlichen Regelungen zum Rücktritt vom Vertrag finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Die wichtigsten Vorschriften sind:

  • § 346 BGB – Rücktritt und Rückgewähr bei gegenseitigen Verträgen
  • § 323 BGB – Rücktritt bei nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung
  • § 326 BGB – Rücktritt bei Ausschluss der Leistungspflicht
  • § 312g BGB – Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen

Daneben gibt es noch zahlreiche weitere gesetzliche Regelungen, die in bestimmten Vertragstypen oder Situationen ein Rücktrittsrecht vorsehen. Einzelheiten dazu finden Sie im Abschnitt „Rücktrittsrecht in verschiedenen Vertragstypen“.

Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt

Ein Rücktritt vom Vertrag ist nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam. Die Voraussetzungen hängen vom jeweiligen Vertragstyp und den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich gelten jedoch die folgenden Voraussetzungen:

  • Vorliegen eines Rücktrittsgrunds: Ein Rücktrittsrecht besteht nur, wenn ein gesetzlich anerkannter Rücktrittsgrund vorliegt. Dies kann zum Beispiel eine nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachte Leistung oder ein Leistungshindernis sein.
  • Erklärung des Rücktritts: Der Rücktritt muss durch eine eindeutige und unmissverständliche Erklärung gegenüber der anderen Vertragspartei erfolgen. Die Erklärung muss den Willen zum Rücktritt erkennen lassen und die Begründung enthalten.
  • Einhaltung von Fristen: In manchen Fällen ist der Rücktritt an Fristen gebunden. Beispielsweise muss bei Verbraucherverträgen der Widerruf innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss erfolgen.
  • Kein Ausschluss des Rücktrittsrechts: Das Rücktrittsrecht kann unter bestimmten Umständen ausgeschlossen sein, etwa wenn die Leistung bereits vollständig erbracht wurde oder die Parteien vertraglich einen Ausschluss vereinbart haben.

Rücktrittsrecht in verschiedenen Vertragstypen

Das Rücktrittsrecht variiert je nach Vertragstyp und den Umständen des Einzelfalls. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die Rücktrittsrechte in verschiedenen Vertragstypen:

  • Kaufvertrag: Bei einem Kaufvertrag können beide Parteien grundsätzlich nach § 437 BGB vom Vertrag zurücktreten, wenn ein Mangel an der gekauften Sache vorliegt. Der Käufer kann zudem nach § 323 BGB vom Vertrag zurücktreten, wenn der Verkäufer die Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt. Der Verkäufer kann seinerseits nach § 326 BGB zurücktreten, wenn der Käufer die Gegenleistung nicht erbringt.
  • Dienstvertrag: Bei Dienstverträgen, etwa Arbeitsverträgen, ist ein Rücktritt grundsätzlich nicht möglich. Hier kann jedoch unter Umständen das Recht zur fristlosen Kündigung greifen, etwa bei einer schweren Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber.
  • Mietvertrag: Bei Mietverträgen ist ein Rücktritt in der Regel nicht vorgesehen. Mieter und Vermieter können jedoch fristgerecht oder fristlos kündigen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen.
  • Werkvertrag: Bei Werkverträgen haben beide Parteien ein Rücktrittsrecht nach § 648 BGB. Der Besteller kann zudem nach § 634a BGB zurücktreten, wenn das Werk mangelhaft ist oder der Unternehmer die Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt.
  • Verbrauchervertrag: Bei Verbraucherverträgen, die im Fernabsatz (z. B. online) oder außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen wurden, haben Verbraucher ein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 312g BGB. Sie können innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurücktreten.

Folgen des Rücktritts

Wenn eine Partei wirksam vom Vertrag zurücktritt, hat dies folgende Folgen:

  • Aufhebung des Vertrags: Der Vertrag wird rückwirkend aufgehoben und gilt als nicht geschlossen. Die Parteien sind so zu stellen, als hätten sie den Vertrag nie abgeschlossen.
  • Rückgewähr der Leistungen: Die Parteien müssen die bereits empfangenen Leistungen zurückgewähren. Dies betrifft sowohl Sachen als auch Zahlungen und sonstige Leistungen.
  • Wertersatz: Wenn eine Partei infolge des Rücktritts eine Sache oder eine Leistung zurückgewähren muss, die inzwischen an Wert verloren hat, ist sie unter Umständen verpflichtet, Wertersatz zu leisten. Dies gilt jedoch nur, wenn sie die Wertminderung zu vertreten hat, etwa weil sie die Sache beschädigt oder unsachgemäß verwendet hat.
  • Nutzungsersatz: Hat eine Partei aufgrund des Vertrags eine Sache oder eine Leistung genutzt, muss sie unter Umständen Nutzungsersatz leisten. Dies bedeutet, dass sie der anderen Partei den Wert der Nutzung ersetzen muss.
  • Entfall der Leistungspflicht: Durch den Rücktritt entfällt die Leistungspflicht der Parteien. Sie sind nicht mehr verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Leistungen zu erbringen.

Rücktrittserklärung und Fristen

Um wirksam vom Vertrag zurückzutreten, muss die Rücktrittserklärung bestimmte Anforderungen erfüllen:

  • Form der Erklärung: Grundsätzlich ist für die Rücktrittserklärung keine bestimmte Form vorgeschrieben. Sie kann mündlich, schriftlich oder auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. In bestimmten Fällen, etwa beim Widerruf von Verbraucherverträgen, ist jedoch eine schriftliche Erklärung erforderlich.
  • Inhalt der Erklärung: Die Rücktrittserklärung muss den Willen zum Rücktritt eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Sie sollte daher die Begründung für den Rücktritt enthalten und gegebenenfalls auf die gesetzliche Grundlage Bezug nehmen.
  • Adressat der Erklärung: Die Rücktrittserklärung muss gegenüber der anderen Vertragspartei abgegeben werden. Bei Verträgen mit mehreren Parteien ist die Erklärung gegenüber allen beteiligten Parteien erforderlich.

Beachten Sie, dass für den Rücktritt in bestimmten Fällen Fristen gelten:

  • Widerrufsfrist bei Verbraucherverträgen: Bei Verbraucherverträgen, die im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen wurden, beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage ab Vertragsschluss. Die Frist beginnt jedoch erst, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.
  • Nachfrist bei Leistungsverzug: Wenn eine Partei die Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt, muss die andere Partei in der Regel zunächst eine angemessene Nachfrist setzen, bevor sie vom Vertrag zurücktreten kann. Die angemessene Frist hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
  • Ausschlussfristen: In manchen Fällen können vertragliche oder gesetzliche Ausschlussfristen für den Rücktritt gelten. Ist eine solche Frist abgelaufen, kann die betroffene Partei nicht mehr vom Vertrag zurücktreten.

Rücktritt und Schadensersatz

Der Rücktritt vom Vertrag schließt einen Anspruch auf Schadensersatz nicht grundsätzlich aus. Wenn die andere Partei schuldhaft einen Rücktrittsgrund herbeigeführt hat, kann die zurücktretende Partei unter Umständen Schadensersatz verlangen. Dies gilt insbesondere in den folgenden Fällen:

  • Schadensersatz statt der Leistung: Wenn eine Partei die Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt, kann die andere Partei nach § 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Dies setzt jedoch voraus, dass die leistungspflichtige Partei in Verzug ist und die andere Partei erfolglos eine angemessene Nachfrist gesetzt hat.
  • Schadensersatz bei Mängeln: Liegt bei einem Kauf- oder Werkvertrag ein Mangel vor, hat die mangelbetroffene Partei nach § 437 bzw. § 634 BGB unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen.
  • Schadensersatz bei arglistiger Täuschung: Hat eine Partei die andere durch arglistige Täuschung zum Vertragsschluss veranlasst, kann die getäuschte Partei nach § 123 BGB Schadensersatz verlangen.

Der Anspruch auf Schadensersatz kann jedoch unter Umständen ausgeschlossen oder begrenzt sein, etwa durch vertragliche Haftungsbeschränkungen oder durch die Anwendung von Mitverschulden nach § 254 BGB.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Rücktritt vom Vertrag

Im Folgenden finden Sie eine Auswahl aktueller Gerichtsurteile, die das Thema Rücktritt vom Vertrag betreffen:

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Juni 2021 – V ZR 142/20: Der BGH hat entschieden, dass ein Käufer bei einem Gebrauchtwagenkauf nicht ohne Weiteres vom Vertrag zurücktreten kann, wenn der Kilometerstand des Fahrzeugs falsch angegeben wurde, aber der Käufer dies bei Vertragsschluss wusste oder hätte wissen können.
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 14. August 2020 – 12 U 86/19: Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Bauherr bei einem Werkvertrag unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Fristsetzung vom Vertrag zurücktreten kann, wenn der Unternehmer die Mängelbeseitigung verweigert oder unzumutbar verzögert.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 27. Februar 2020 – 16 U 184/19: Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Mieter, der eine Wohnung zur gewerblichen Nutzung gemietet hat, bei erheblichen Mängeln der Mietsache ein Rücktrittsrecht haben kann, wenn der Vermieter die Mängel nicht beseitigt.

FAQ

Wann kann ich von einem Vertrag zurücktreten?

Sie können von einem Vertrag zurücktreten, wenn ein gesetzlich anerkannter Rücktrittsgrund vorliegt, etwa eine nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachte Leistung oder ein Mangel an der gekauften Sache. In bestimmten Vertragstypen, wie Verbraucherverträgen, haben Sie zudem ein gesetzliches Widerrufsrecht.

Wie erkläre ich den Rücktritt vom Vertrag?

Den Rücktritt vom Vertrag erklären Sie durch eine eindeutige und unmissverständliche Erklärung gegenüber der anderen Vertragspartei. Die Erklärung sollte den Willen zum Rücktritt erkennen lassen und die Begründung enthalten. Grundsätzlich ist keine bestimmte Form für die Rücktrittserklärung vorgeschrieben, in manchen Fällen kann jedoch eine schriftliche Erklärung erforderlich sein.

Welche Folgen hat der Rücktritt vom Vertrag?

Durch den Rücktritt wird der Vertrag rückwirkend aufgehoben, und die Parteien müssen die bereits empfangenen Leistungen zurückgewähren. Zudem entfällt die Leistungspflicht der Parteien, und sie sind nicht mehr verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Leistungen zu erbringen. Unter Umständen kann die zurücktretende Partei auch Schadensersatz verlangen.

Kann ich vom Vertrag zurücktreten und gleichzeitig Schadensersatz verlangen?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen können Sie vom Vertrag zurücktreten und gleichzeitig Schadensersatz verlangen, etwa wenn die andere Partei schuldhaft einen Rücktrittsgrund herbeigeführt hat oder bei arglistiger Täuschung. Der Anspruch auf Schadensersatz kann jedoch unter Umständen ausgeschlossen oder begrenzt sein.

Gibt es Fristen, die ich beim Rücktritt vom Vertrag beachten muss?

Ja, in bestimmten Fällen sind Fristen beim Rücktritt vom Vertrag zu beachten. Beispielsweise beträgt die Widerrufsfrist bei Verbraucherverträgen, die im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen wurden, 14 Tage ab Vertragsschluss. Zudem muss bei einer nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung in der Regel zunächst eine angemessene Nachfrist gesetzt werden, bevor vom Vertrag zurückgetreten werden kann. In manchen Fällen können auch vertragliche oder gesetzliche Ausschlussfristen gelten.

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