In einer sich stetig wandelnden Arbeitslandschaft ist es für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, die Stellen ihrer Mitarbeiter korrekt zu bewerten. Auch für Beschäftigte ist es wichtig, ihre Rechte hinsichtlich ihrer Stellenbewertung zu kennen, um sicherzustellen, dass sie gerecht behandelt werden.

Im Rahmen unserer langjährigen Erfahrung als Anwaltskanzlei im Bereich Arbeitsrecht haben wir diesen Leitfaden entwickelt, um Ihnen einen umfassenden Überblick über die Stellenbewertung zu geben. Darin werden die relevanten Gesetzesbestimmungen, aktuelle Gerichtsurteile und FAQs besprochen, die Ihnen dabei helfen können, den Prozess zu verstehen und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Inhaltsverzeichnis

  • Was ist die Stellenbewertung?
  • Ziele der Stellenbewertung
  • Grundlagen der Stellenbewertung
  • Die Tarifverträge und die Stellenbewertung
  • Stellenbewertung im öffentlichen Dienst
  • Aktuelle Rechtsprechung zur Stellenbewertung
  • Best Practices für Arbeitgeber bei der Stellenbewertung
  • Arbeitnehmerrechte bei Stellenbewertungen
  • FAQs zur Stellenbewertung
  • Fazit

Was ist die Stellenbewertung?

Die Stellenbewertung ist ein Verfahren, bei dem objektive Kriterien verwendet werden, um den Wert einer bestimmten Stelle innerhalb eines Unternehmens zu bestimmen. Diese Bewertung kann dazu verwendet werden, die Vergütung und sonstigen Arbeitsbedingungen entsprechend anzupassen.

Stellenbewertungen sind meist in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder arbeitsrechtlichen Vorschriften festgelegt und basieren auf einer Kombination von Faktoren, wie etwa:

  • Aufgaben und Verantwortungsbereich
  • Ausbildungs- und Qualifikationsanforderungen
  • Arbeitserfahrung und -leistung
  • Arbeitsbedingungen

Ziele der Stellenbewertung

Die Stellenbewertung hat mehrere Ziele:

  • Gerechte Vergütung: Das Hauptziel der Stellenbewertung besteht darin, eine gerechte und angemessene Vergütung für eine bestimmte Stelle zu gewährleisten.
  • Verminderung von Diskriminierung: Durch eine objektive Bewertung soll die Möglichkeit von Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Rasse, Religion oder anderen Ursachen minimiert werden.
  • Betriebsklima und Mitarbeiterzufriedenheit: Eine gerechte Bewertung kann dazu beitragen, das Betriebsklima und die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu verbessern und somit die Mitarbeiterbindung zu stärken.
  • Organisation und Struktur: Die Stellenbewertung kann dazu verwendet werden, die Organisation und Struktur eines Unternehmens zu optimieren und die Rollenverteilung zu klären.

Grundlagen der Stellenbewertung

Die Stellenbewertung basiert auf einer Vielzahl von Faktoren. Sie kann auf unterschiedliche Weise durchgeführt werden, etwa durch:

  • Vergleichsmethode: Die Stellenwert wird im Vergleich zu anderen Stellen innerhalb desselben Unternehmens oder derselben Branche bewertet.
  • Marktmethode: Die Bewertung basiert auf Marktanalysen und Vergleichsstudien in Bezug auf ähnliche Stellen in unterschiedlichen Unternehmen.
  • Punktwertmethode: Stellenmerkmale werden in Punktwerten ausgedrückt, um den relativen Stellenwert zu messen.

Unabhängig von der Methode ist es wichtig, objektive Kriterien und eine strukturierte Bewertung vorzunehmen, um keine gesetzlichen Vorgaben zu verletzen.

Die Tarifverträge und die Stellenbewertung

Tarifverträge spielen eine wichtige Rolle bei der Stellenbewertung, da sie häufig Regelungen enthalten, die die Bewertung von Stellen sowie deren Vergütung betreffen. Dies kann sowohl auf Branchen- als auch auf betrieblicher Ebene gelten.

In Tarifverträgen können beispielsweise:

  • Stellenbewertungsmethoden definiert werden
  • bestimmte Berufsgruppen oder Stellenkategorien festgelegt werden
  • Mindestlöhne oder Gehaltsstrukturen festgeschrieben sein

Bei der Stellenbewertung müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Regelungen des für sie geltenden Tarifvertrags kennen und beachten.

Stellenbewertung im öffentlichen Dienst

Im öffentlichen Dienst ist die Stellenbewertung besonders relevant, da sie eng mit der Eingruppierung der Beschäftigten in das Beamten-, Angestellten- oder Arbeiterverhältnis sowie in Lohn- und Gehaltsgruppen verknüpft ist. Dazu gelten spezifische Regelungen für Stellen im öffentlichen Dienst, die sich von denen im Privatsektor unterscheiden.

Für die Stellenbewertung im öffentlichen Dienst sind in der Regel der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) oder vergleichbare Regelungen maßgebend.

Die Eingruppierung von Beschäftigten erfolgt nach dem Stellenbewertungsprinzip, das heißt, die Bewertung basiert auf objektiven Kriterien, die sich aus der Tätigkeit ergeben. Dazu gehören unter anderem:

  • Tätigkeitsmerkmale
  • Leistungsanforderungen
  • Verantwortungsbereiche
  • Fachliche Anforderungen

Aktuelle Rechtsprechung zur Stellenbewertung

In den letzten Jahren gab es mehrere wichtige Gerichtsentscheidungen zur Stellenbewertung, die zur weiteren Klarstellung und Verbesserung der bestehenden Regelungen beigetragen haben. Hier sind einige der wichtigsten Urteile:

Entgeltumwandlung und Stellenbewertung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 18.03.2014 (Az. 3 AZR 69/12) entschieden, dass eine Entgeltumwandlung, bei der ein Arbeitnehmer einen Teil seines Gehalts in eine betriebliche Altersvorsorge umwandelt, bei der Stellenbewertung keine Rolle spielt. Das bedeutet, dass eine solche Umwandlung nicht dazu führen kann, dass der Beschäftigte in eine niedrigere Vergütungsgruppe eingruppiert wird.

Diskriminierung durch Stellenbewertung

In einem weiteren Urteil vom 08.10.2020 (Az. 8 AZR 488/19) hat das BAG entschieden, dass eine Stellenbewertung diskriminierend sein kann, wenn sie auf einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern unterschiedlichen Geschlechts beruht. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die Stellenbewertung überprüfen und anpassen, um eine Gleichbehandlung zu gewährleisten.

Stellenbewertung und Betriebsübergang

Das BAG hat am 24.09.2014 (Az. 4 AZR 796/12) klargestellt, dass bei einem Betriebsübergang die Stellenbewertung des übernommenen Betriebs nicht automatisch geändert wird. Stattdessen müssen die neuen Inhaber die Stellenbewertung so lange beibehalten, bis eine Änderung durch einen Tarifvertrag oder eine andere Vereinbarung vorgesehen ist.

Best Practices für Arbeitgeber bei der Stellenbewertung

Um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden und eine rechtssichere Stellenbewertung zu gewährleisten, sollten Arbeitgeber folgende Best Practices beachten:

  • Objektivität und Transparenz: Stellenbewertungen sollten auf objektiven Kriterien basieren und transparent sein. Arbeitnehmer sollten jederzeit Einsicht in die Bewertungskriterien und die Begründung der Bewertung haben.
  • Regelmäßige Überprüfung: Stellenbewertungen sollten regelmäßig überprüft und aktualisiert werden, um Änderungen im Unternehmen und dem Arbeitsmarkt Rechnung zu tragen.
  • Beteiligung der Beschäftigten: Arbeitnehmer sowie Betriebsrat sollten in den Prozess der Stellenbewertung einbezogen werden und die Möglichkeit haben, Stellungnahmen abzugeben und Anpassungen vorzuschlagen.
  • Einhaltung von Gesetzen und Tarifverträgen: Bei der Stellenbewertung müssen Arbeitgeber die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, Tarifverträge und sonstigen Regelungen beachten und einhalten. Dies schließt sowohl branchenspezifische als auch allgemeine Regelungen ein.
  • Antidiskriminierung: Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass ihre Stellenbewertung keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung aufgrund von Geschlecht, Rasse, Religion oder anderen schutzwürdigen Merkmalen beinhaltet. Im Zweifelsfall sollte eine Überprüfung und Anpassung vorgenommen werden.

Arbeitnehmerrechte bei Stellenbewertungen

Arbeitnehmer sollten über ihre Rechte hinsichtlich der Stellenbewertung informiert sein und diese wahrnehmen. Dazu zählen unter anderem:

  • Transparenz: Ein Arbeitnehmer hat das Recht darauf, über die Bewertungskriterien seiner Stelle und die Begründung der Bewertung informiert zu werden.
  • Überprüfung und Anpassung: Arbeitnehmer sollten die Möglichkeit haben, ihre Stellenbewertung überprüfen und anpassen zu lassen, wenn sie der Meinung sind, dass die Bewertung nicht gerecht oder sachgerecht ist.
  • Rechtsschutz: Bei Streitigkeiten über die Stellenbewertung kann ein Arbeitnehmer rechtliche Schritte einleiten, beispielsweise eine Klage beim Arbeitsgericht.
  • Antidiskriminierung: Arbeitnehmer haben das Recht, eine faire und diskriminierungsfreie Stellenbewertung zu erhalten. Bei Anzeichen von Diskriminierung können sie ihre Rechte geltend machen und eine Anpassung verlangen.

FAQs zur Stellenbewertung

Muss eine Stellenbewertung immer schriftlich erfolgen?

Es gibt keine generelle Pflicht, eine Stellenbewertung schriftlich festzuhalten. Allerdings ist es empfehlenswert, die Bewertung und die zugrunde liegenden Kriterien schriftlich niederzulegen, um eine größere Transparenz und Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Müssen Arbeitgeber ihre Stellenbewertungen veröffentlichen?

Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung von Stellenbewertungen. Allerdings sollten Arbeitgeber ihre Bewertungskriterien und Entscheidungen gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern und dem Betriebsrat offenlegen.

Können Betriebsräte an der Stellenbewertung mitwirken?

Ja, Betriebsräte haben ein Mitbestimmungsrecht bei der Stellenbewertung. Sie können dabei wichtige Anregungen liefern und auf die Einhaltung von Gesetzen und Tarifverträgen achten. In vielen Fällen werden Stellenbewertungen in enger Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat durchgeführt.

Fazit

Die Stellenbewertung ist ein wichtiger und komplexer Aspekt des Arbeitsrechts, der sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer von großer Bedeutung ist. Um eine rechtssichere und gerechte Bewertung von Stellen zu gewährleisten, ist es entscheidend, die einschlägigen Gesetze, Tarifverträge und sonstigen Regelungen zu kennen und einzuhalten sowie objektive Bewertungskriterien und eine transparente Vorgehensweise anzuwenden.

Als Anwaltskanzlei mit langjähriger Erfahrung im Arbeitsrecht stehen wir Ihnen gerne zur Seite, um Ihnen bei Fragen und Auseinandersetzungen rund um die Stellenbewertung zu helfen. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, um eine individuelle Beratung und Unterstützung zu erhalten.

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