Als erfahrene Kanzlei haben wir im Laufe der Zeit viele Mandanten beraten, die sich mit verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten auseinandersetzen müssen. Eine solche Möglichkeit ist die stille Beteiligung, eine Form der Unternehmensfinanzierung, die sowohl für Investoren als auch für Unternehmen interessant sein kann.

In diesem Blog-Beitrag werden wir die stille Beteiligung im Detail erläutern, ihre Vor- und Nachteile aufzeigen, relevante Gesetze und Gerichtsurteile zitieren und häufig gestellte Fragen beantworten.

Inhaltsverzeichnis

Definition der stillen Beteiligung

Die stille Beteiligung ist eine Form der Kapitalbeteiligung, bei der ein Investor (Stiller Gesellschafter) einem Unternehmen (Inhaber) Kapital zur Verfügung stellt, ohne dass der Investor Stimmrechte oder eine Beteiligung am Unternehmen erhält. Im Gegenzug erhält der stille Gesellschafter eine erfolgsabhängige Vergütung, die in der Regel in Form einer Gewinnbeteiligung oder einer festen Verzinsung des eingesetzten Kapitals erfolgt.

Die stille Beteiligung ist in Deutschland im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Sie wird vor allem von mittelständischen Unternehmen genutzt, die auf der Suche nach einer Finanzierungsmöglichkeit sind, die keine Verwässerung der Eigentumsverhältnisse mit sich bringt.

Rechtliche Grundlagen der stillen Beteiligung

Die rechtlichen Grundlagen der stillen Beteiligung finden sich in den §§ 230-240 HGB. Im Folgenden möchte ich die wichtigsten Regelungen kurz darstellen:

  • § 230 HGB definiert die stille Gesellschaft als eine Gesellschaft, bei der sich ein Gesellschafter (Stiller Gesellschafter) verpflichtet, in das Vermögen des Inhabers eines Handelsgewerbes einen Vermögensanteil einzubringen und an dessen Gewinn und Verlust teilzunehmen.
  • § 231 HGB regelt die Einlagepflicht des stillen Gesellschafters, die entweder in Geld oder in Sachwerten bestehen kann. Die Einlage ist unmittelbar in das Vermögen des Inhabers einzubringen.
  • § 232 HGB bestimmt, dass der stille Gesellschafter am Gewinn des Handelsgewerbes mit der vereinbarten Quote beteiligt ist. Fehlt eine solche Vereinbarung, so gilt eine angemessene Beteiligung.
  • § 233 HGB regelt die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters. Ist vertraglich nichts anderes vereinbart, haftet der stille Gesellschafter im Verlustfall bis zur Höhe seiner geleisteten Einlage.
  • § 235 HGB bestimmt, dass der Stille Gesellschafter im Falle der Auflösung der stillen Gesellschaft eine Abfindung in Höhe des Wertes seiner Einlage zzgl. eines Anteils am Geschäftswert des Unternehmens erhält.
  • § 237 HGB schreibt vor, dass der Stille Gesellschafter kein Recht zur Geschäftsführung oder Vertretung des Unternehmens hat. Allerdings kann er im Rahmen seiner Kontroll- und Informationsrechte Einsicht in die Geschäftsbücher nehmen und Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen.

Typische Anwendungsfälle und Beispiele

Die stille Beteiligung kommt in verschiedenen Situationen zur Anwendung. Einige typische Anwendungsfälle sind:

Finanzierung von Wachstum und Expansion: Unternehmen, die expandieren möchten oder ihre Marktstellung ausbauen wollen, können durch eine stille Beteiligung zusätzliches Kapital erhalten, ohne ihre Eigentumsverhältnisse zu verändern.

Unternehmensnachfolge: Bei einer Unternehmensnachfolge können stille Beteiligungen dazu genutzt werden, den Kaufpreis für den Erwerber zu reduzieren oder die Finanzierung des Kaufpreises zu erleichtern.

Risikokapital: Start-ups und junge Unternehmen nutzen stille Beteiligungen häufig als Alternative zu Venture-Capital-Finanzierungen, insbesondere wenn sie eine Verwässerung ihrer Eigentumsverhältnisse vermeiden möchten.

Sanierung und Restrukturierung: In Krisensituationen kann eine stille Beteiligung als Instrument zur Restrukturierung und Sanierung eingesetzt werden, indem sie dem Unternehmen zusätzliches Kapital zur Verfügung stellt und gleichzeitig den Einfluss der Gläubiger begrenzt.

Vorteile der stillen Beteiligung

Die stille Beteiligung bietet sowohl für den Inhaber als auch für den stillen Gesellschafter verschiedene Vorteile:

  • Keine Verwässerung der Eigentumsverhältnisse: Im Gegensatz zu einer Kapitalerhöhung oder einer direkten Beteiligung an der Gesellschaft führt die stille Beteiligung nicht zu einer Verwässerung der Eigentumsverhältnisse.
  • Flexibilität: Die Vertragsbedingungen einer stillen Beteiligung können individuell und flexibel gestaltet werden. So können beispielsweise die Gewinn- und Verlustbeteiligung, die Laufzeit oder die Kündigungsbedingungen auf die jeweiligen Bedürfnisse der Vertragsparteien zugeschnitten werden.
  • Steuervorteile: Stille Beteiligungen können steuerliche Vorteile bieten, da die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters in der Regel als Betriebsausgabe beim Inhaber abziehbar ist und auf Seiten des stillen Gesellschafters nur mit dem persönlichen Einkommensteuersatz besteuert wird.
  • Risikostreuung: Für den stillen Gesellschafter bietet die stille Beteiligung die Möglichkeit, sein Risiko zu streuen, indem er in verschiedene Unternehmen investiert, ohne direktam Management beteiligt zu sein.
  • Attraktive Rendite: Da die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters erfolgsabhängig ist, kann diese im Vergleich zu festverzinslichen Anlagen eine attraktive Rendite bieten.
  • Keine Einflussnahme auf das Tagesgeschäft: Der stille Gesellschafter hat in der Regel kein Mitspracherecht bei der Geschäftsführung, was für das Unternehmen den Vorteil hat, dass es seine unternehmerische Freiheit behält.
  • Bilanzoptimierung: Die stille Beteiligung kann dabei helfen, die Eigenkapitalquote des Unternehmens zu erhöhen und somit die Bilanzstruktur zu verbessern.

Nachteile der stillen Beteiligung

Trotz der vielen Vorteile gibt es auch einige Nachteile bei der stillen Beteiligung, die sowohl für den Inhaber als auch für den stillen Gesellschafter relevant sein können:

  • Rechtliche Unsicherheiten: Da die stille Beteiligung eine eher seltene Finanzierungsform ist, gibt es im Vergleich zu anderen Finanzierungsinstrumenten weniger Rechtsprechung und Rechtssicherheit.
  • Verwaltungsaufwand: Die Verwaltung einer stillen Beteiligung kann für das Unternehmen einen gewissen Aufwand bedeuten, insbesondere wenn es um die jährliche Ermittlung und Ausschüttung der Gewinnbeteiligung geht.
  • Eingeschränkte Handelbarkeit: Stille Beteiligungen sind in der Regel nicht börsengehandelt und daher weniger liquide als andere Finanzierungsinstrumente.
  • Limitierte Mitspracherechte: Für den stillen Gesellschafter kann der eingeschränkte Einfluss auf das Unternehmen ein Nachteil sein, insbesondere wenn er sich stärker engagieren möchte oder das Gefühl hat, dass seine Interessen nicht ausreichend berücksichtigt werden.
  • Risiko des Totalverlusts: Im Falle einer Insolvenz des Unternehmens kann der stille Gesellschafter seine gesamte Einlage verlieren, da er nachrangig zu den übrigen Gläubigern befriedigt wird.

Aktuelle Gerichtsurteile zur stillen Beteiligung

In den letzten Jahren gab es einige Gerichtsurteile, die sich mit verschiedenen Aspekten der stillen Beteiligung beschäftigt haben. Hier sind einige der wichtigsten Urteile:

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 11. Juli 2017, Az. II ZR 235/15: In diesem Urteil hat der BGH entschieden, dass eine stille Beteiligung auch dann als Eigenkapital gewertet werden kann, wenn sie im Insolvenzfall keine Haftungsfunktion hat und der stille Gesellschafter seine Forderungen gegenüber dem Unternehmen geltend machen kann.

Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 15. Juni 2016, Az. I-16 U 97/15: Das OLG Düsseldorf hat in diesem Fall entschieden, dass eine stille Beteiligung, die zur Finanzierung eines Immobilienkaufs verwendet wurde, nicht als Darlehen, sondern als echte stille Beteiligung im Sinne des § 230 HGB anzusehen ist.

Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 24. Oktober 2012, Az. I R 7/12: Der BFH hat in diesem Urteil klargestellt, dass die Gewinnbeteiligung eines stillen Gesellschafters als Betriebsausgabe beim Inhaber abzugsfähig ist, auch wenn die Beteiligung nur auf Zeit angelegt ist und der stille Gesellschafter keine Verlustbeteiligung trägt.

FAQs zur stillen Beteiligung

Im Folgenden beantworte ich einige häufig gestellte Fragen zur stillen Beteiligung:

  1. Wie unterscheidet sich eine stille Beteiligung von einer offenen Beteiligung?Bei einer offenen Beteiligung wird der Investor als Gesellschafter in das Handelsregister eingetragen und erhält Stimmrechte sowie eine Beteiligung am Unternehmen. Bei einer stillen Beteiligung hingegen bleibt der Investor im Hintergrund und erhält keine Stimmrechte oder direkte Beteiligung am Unternehmen.
  2. Wie wird eine stille Beteiligung steuerlich behandelt?Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist beim Inhaber in der Regel als Betriebsausgabe abzugsfähig. Beim stillen Gesellschafter wird die Gewinnbeteiligung als Einkünfte aus Kapitalvermögen oder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb besteuert, je nachdem, ob es sich um eine gewerbliche oder private Beteiligung handelt.
  3. Wie wird eine stille Beteiligung in der Bilanz dargestellt?Die stille Beteiligung wird in der Bilanz des Inhabers als Eigenkapital oder als Fremdkapital ausgewiesen, je nachdem, ob sie eine Haftungsfunktion hat oder nicht. Beim stillen Gesellschafter wird die Beteiligung als Forderung gegenüber dem Unternehmen ausgewiesen.
  4. Kann eine stille Beteiligung vorzeitig gekündigt werden?Die Kündigung einer stillen Beteiligung hängt von den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien ab. Grundsätzlich kann eine stille Beteiligung sowohl vom Inhaber als auch vom stillen Gesellschafter gekündigt werden, allerdings müssen dabei die vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen und -bedingungen beachtet werden.

Stille Beteiligung – alle Fakten

Die stille Beteiligung ist eine interessante Finanzierungsmöglichkeit für Unternehmen und Investoren, die einige Vorteile gegenüber anderen Finanzierungsinstrumenten bietet. Insbesondere die Flexibilität, die steuerlichen Vorteile und die Möglichkeit, die Eigentumsverhältnisse unverändert zu lassen, machen die stille Beteiligung für viele Unternehmen und Investoren attraktiv. Allerdings sollten auch die potenziellen Nachteile, wie rechtliche Unsicherheiten oder das Risiko eines Totalverlusts, bei der Entscheidung für oder gegen eine stille Beteiligung berücksichtigt werden.

Als erfahrener Rechtsanwalt im Bereich Gesellschaftsrecht und Finanzierung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung, um Ihre Fragen zur stillen Beteiligung zu beantworten und Sie bei der Gestaltung eines entsprechenden Vertrags zu unterstützen. Zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren, wenn Sie weitere Informationen oder Beratung benötigen.

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