Verbände sind ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft. Sie repräsentieren die Interessen ihrer Mitglieder, tragen zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung bei und bieten zahlreiche Möglichkeiten zur Vernetzung und Zusammenarbeit. Dabei müssen Verbände jedoch zahlreiche rechtliche Aspekte beachten, die sich aus verschiedenen Rechtsbereichen ergeben. Im Folgenden werden wir die wichtigsten rechtlichen Herausforderungen für Verbände untersuchen, Gesetze und aktuelle Gerichtsurteile thematisieren und häufig gestellte Fragen (FAQs) beantworten. Dieser Beitrag richtet sich an Verbandsvorstände, -mitglieder, Rechtsanwälte und alle, die sich für das Verbandsrecht interessieren.

Verbandsgründung und Rechtsformwahl

Die Gründung eines Verbands setzt eine sorgfältige Planung und die Beachtung rechtlicher Vorgaben voraus. Eine der grundlegendsten Entscheidungen, die bei der Gründung eines Verbands zu treffen ist, betrifft die Wahl der Rechtsform.

  • Rechtsformen für Verbände: In Deutschland können Verbände als eingetragener Verein (e.V.), nicht eingetragener Verein oder als Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR) organisiert sein. Jede Rechtsform hat ihre eigenen rechtlichen Anforderungen und Konsequenzen.
  • Gründung eines eingetragenen Vereins: Die Gründung eines eingetragenen Vereins erfordert die Ausarbeitung einer Satzung, die von mindestens sieben Gründungsmitgliedern unterzeichnet werden muss. Die Satzung muss bestimmte Mindestinhalte enthalten, wie z.B. den Namen und Sitz des Vereins, den Zweck, die Organe und die Regelungen zur Mitgliedschaft. Nach der Gründungsversammlung muss der Verein beim zuständigen Vereinsregister eingetragen werden.
  • Gründung eines nicht eingetragenen Vereins: Die Gründung eines nicht eingetragenen Vereins ist formloser und erfordert keine Eintragung in ein Register. Allerdings hat ein nicht eingetragener Verein keine eigene Rechtspersönlichkeit und kann daher auch keine Rechte und Pflichten im eigenen Namen erwerben.
  • Körperschaft des öffentlichen Rechts: Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts kann nur aufgrund einer gesetzlichen Regelung oder durch staatliche Anerkennung entstehen. KdöRs sind insbesondere für Berufsverbände, Innungen und Kammern von Bedeutung.

Verbandsinterne Regelungen: Satzung, Geschäftsordnung und Mitgliedschaft

Die interne Organisation und Regelungen eines Verbands sind von entscheidender Bedeutung für seine Funktionsfähigkeit und Rechtssicherheit. Hierzu zählen insbesondere die Satzung, die Geschäftsordnung und die Regelungen zur Mitgliedschaft.

  • Satzung: Die Satzung eines Verbands ist das grundlegende Regelwerk, das die Struktur, die Organe, die Mitgliedschaft und die Aufgaben des Verbands festlegt. Die Satzung muss bestimmte gesetzliche Mindestanforderungen erfüllen und sollte sorgfältig ausgearbeitet und regelmäßig überprüft werden.
  • Geschäftsordnung: Die Geschäftsordnung regelt die inneren Abläufe und Verfahren eines Verbands, wie z.B. die Einberufung von Mitgliederversammlungen, die Beschlussfassung oder die Aufgabenverteilung innerhalb des Vorstands. Eine Geschäftsordnung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, kann aber zur Klarheit und Rechtssicherheit beitragen.
  • Mitgliedschaft: Die Mitgliedschaft in einem Verband ist ein zentrales Element seiner Existenz und Funktionsweise. Es ist wichtig, dass die Regelungen zur Mitgliedschaft, wie z.B. Aufnahme, Beendigung und Rechte und Pflichten der Mitglieder, klar und rechtssicher in der Satzung oder einer gesonderten Mitgliederordnung festgelegt sind.

Rechte und Pflichten der Verbandsorgane

Die Verbandsorgane, insbesondere der Vorstand, sind für die Führung und Vertretung des Verbands verantwortlich. Dabei haben sie zahlreiche Rechte und Pflichten, die sich aus dem Gesetz, der Satzung oder der Geschäftsordnung ergeben.

  • Vertretungsbefugnis des Vorstands: Der Vorstand vertritt den Verband gerichtlich und außergerichtlich. Dabei ist zu beachten, dass die Vertretungsbefugnis des Vorstands in der Satzung eingeschränkt oder erweitert werden kann, z.B. durch die Einführung eines erweiterten Vorstands oder durch die Bestellung von besonderen Vertretern.
  • Haftung des Vorstands: Vorstandsmitglieder haften grundsätzlich für Schäden, die sie durch eine schuldhafte Verletzung ihrer Pflichten verursachen. Dabei ist zu beachten, dass die Haftung des Vorstands sowohl gegenüber dem Verband als auch gegenüber Dritten bestehen kann und in bestimmten Fällen sogar strafrechtliche Konsequenzen haben kann.
  • Mitgliederversammlung: Die Mitgliederversammlung ist das oberste Beschlussorgan eines Verbands und hat zahlreiche Rechte und Pflichten, wie z.B. die Wahl und Abberufung des Vorstands, die Änderung der Satzung oder die Entlastung des Vorstands. Es ist wichtig, dass die Einberufung, Durchführung und Dokumentation von Mitgliederversammlungen den gesetzlichen Vorgaben und der Geschäftsordnung entsprechen.
  • Andere Verbandsorgane: Je nach Satzung und Größe des Verbands können weitere Organe, wie z.B. ein Beirat, eine Geschäftsführung oder ein Schiedsgericht, existieren. Auch für diese Organe gelten Rechte und Pflichten, die in der Satzung oder der Geschäftsordnung festgelegt sein sollten.

Finanzierung und Gemeinnützigkeit von Verbänden

Die Finanzierung von Verbänden und die Frage der Gemeinnützigkeit sind wichtige rechtliche Aspekte, die nicht nur die wirtschaftliche Existenz, sondern auch die steuerliche Behandlung eines Verbands betreffen.

  • Finanzierung von Verbänden: Verbände finanzieren sich in der Regel durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuschüsse und sonstige Einnahmen, wie z.B. aus Veranstaltungen oder Publikationen. Dabei ist zu beachten, dass bestimmte Einnahmen steuerpflichtig sein können und die Einhaltung steuerrechtlicher Vorgaben erforderlich ist.
  • Gemeinnützigkeit: Ein Verband kann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn er ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, die in der Abgabenordnung (AO) aufgeführt sind. Die Anerkennung als gemeinnützig hat steuerliche Vorteile, wie z.B. die Befreiung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer oder die Möglichkeit, Spendenbescheinigungen auszustellen. Allerdings sind gemeinnützige Verbände auch verpflichtet, ihre Mittel ausschließlich für ihre satzungsgemäßen Zwecke zu verwenden und die Vorgaben der AO einzuhalten.

Verbandsarbeit im Lichte des Kartellrechts

Verbände, insbesondere Wirtschafts- und Berufsverbände, sind häufig mit kartellrechtlichen Fragestellungen konfrontiert. Kartellrechtliche Verstöße können zu erheblichen Bußgeldern und Schadensersatzansprüchen führen, weshalb eine sorgfältige Beachtung der kartellrechtlichen Vorgaben unerlässlich ist.

  • Kartellrechtliche Regelungen: Das deutsche und europäische Kartellrecht verbietet wettbewerbsbeschränkende Absprachen und den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Insbesondere können Regelungen in der Satzung oder in Beschlüssen eines Verbands, die den Wettbewerb einschränken, kartellrechtswidrig sein.
  • Verbandsarbeit und Kartellrecht: Die Zusammenarbeit von Verbandsmitgliedern, z.B. im Rahmen von Arbeitsgruppen, Ausschüssen oder Informationsaustausch, kann kartellrechtlich relevant sein. Verbände sollten daher darauf achten, dass ihre Aktivitäten den kartellrechtlichen Vorgaben entsprechen und gegebenenfalls kartellrechtliche Beratung in Anspruch nehmen.
  • Kartellrechtliche Compliance: Eine kartellrechtliche Compliance-Struktur kann helfen, kartellrechtliche Risiken zu erkennen und zu minimieren. Dazu gehört die Etablierung von internen Richtlinien, Schulungen und Kontrollmechanismen, um sicherzustellen, dass die Verbandsarbeit im Einklang mit dem Kartellrecht steht.

Datenschutz und IT-Sicherheit in Verbänden

Der Datenschutz und die IT-Sicherheit sind für Verbände, die personenbezogene Daten verarbeiten, von großer Bedeutung. Insbesondere müssen Verbände die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) beachten.

  • Datenschutzrechtliche Verpflichtungen: Verbände, die personenbezogene Daten verarbeiten, müssen zahlreiche datenschutzrechtliche Verpflichtungen erfüllen, wie z.B. die Benennung eines Datenschutzbeauftragten, die Umsetzung technischer und organisatorischer Maßnahmen zum Schutz der Daten oder die Beachtung der Informations- und Betroffenenrechte.
  • IT-Sicherheit: Die IT-Sicherheit ist ein zentrales Element des Datenschutzes und umfasst sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen, um die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit von Daten zu gewährleisten. Verbände sollten ihre IT-Sicherheit regelmäßig überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
  • Datenschutz und Verbandsarbeit: Datenschutzrechtliche Aspekte sind auch in der Verbandsarbeit, z.B. bei der Mitgliederverwaltung, bei Veranstaltungen oder bei der Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern, zu beachten. Verbände sollten daher darauf achten, dass ihre Aktivitäten den datenschutzrechtlichen Vorgaben entsprechen.

Haftung und Versicherungen im Verbandsrecht

Die Haftung von Verbänden und ihren Organen ist ein wichtiges rechtliches Thema, das sowohl zivil- als auch strafrechtliche Aspekte umfasst. Versicherungen können dabei helfen, die finanziellen Risiken von Haftungsansprüchen zu minimieren.

  • Haftung von Verbänden: Verbände können sowohl für eigenes Verschulden als auch für das Verschulden ihrer Organe und Mitglieder haften. Dabei ist zu beachten, dass die Haftungsauslösenden Tatbestände sehr vielfältig sein können, z.B. Vertragsverletzungen, unerlaubte Handlungen oder deliktische Handlungen.
  • Versicherungen: Um die finanziellen Risiken von Haftungsansprüchen zu minimieren, sollten Verbände geeignete Versicherungen abschließen, wie z.B. eine Vereins-Haftpflichtversicherung, eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung oder eine D&O-Versicherung (Directors and Officers Liability Insurance) für die Organe des Verbands.
  • Risikomanagement:Ein effektives Risikomanagement kann dazu beitragen, Haftungsrisiken zu erkennen und zu minimieren. Dazu gehört die systematische Identifikation, Bewertung und Steuerung von Risiken, die im Zusammenhang mit der Verbandsarbeit stehen.

Aktuelle Gerichtsurteile im Verbandsrecht

Gerichtsurteile können wichtige rechtliche Impulse für Verbände setzen und dazu beitragen, offene Rechtsfragen zu klären. Im Folgenden werden einige aktuelle Urteile aus dem Verbandsrecht vorgestellt.

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.01.2020 – II ZR 193/18: Dieses Urteil befasst sich mit der Frage der Haftung von Vereinsmitgliedern für Verbindlichkeiten des Vereins. Der BGH hat entschieden, dass Vereinsmitglieder grundsätzlich nicht für Verbindlichkeiten des Vereins haften, es sei denn, es besteht eine ausdrückliche gesetzliche oder vertragliche Haftungsvereinbarung.
  • Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.02.2019 – 6 C 2.18: Dieses Urteil behandelt die Frage der Zulässigkeit von Werbung durch einen Berufsverband. Das BVerwG hat entschieden, dass Berufsverbände grundsätzlich berechtigt sind, für ihre Mitglieder zu werben, sofern dies im Rahmen der berufsrechtlichen Regelungen und der Wahrung des Wettbewerbs erfolgt.
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.11.2017 – I-2 U 37/16: In diesem Urteil ging es um die Frage, ob ein Verband für die Kosten eines von ihm beauftragten Compliance-Audits haftet. Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass ein Verband grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Kosten eines solchen Audits zu übernehmen, es sei denn, es besteht eine ausdrückliche Vereinbarung oder eine gesetzliche Pflicht dazu.

FAQs zum Verbandsrecht

Im Folgenden werden einige häufig gestellte Fragen zum Verbandsrecht und deren Antworten vorgestellt.

  1. Wann ist ein Verband verpflichtet, einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen? Ein Verband ist verpflichtet, einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen, wenn er in der Regel mindestens zehn Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt oder wenn er bestimmte Arten von Datenverarbeitungen durchführt, die einer Datenschutz-Folgenabschätzung unterliegen.
  2. Kann ein Verband seinen Sitz ins Ausland verlegen? Grundsätzlich ist es möglich, den Sitz eines eingetragenen Vereins ins Ausland zu verlegen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass der Verein dann nicht mehr unter das deutsche Vereinsrecht fällt und die Voraussetzungen für eine Eintragung im ausländischen Vereinsregister erfüllen muss.
  3. Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, um gegen Schiedsgerichtsentscheidungen in Verbänden vorzugehen? Gegen Schiedsgerichtsentscheidungen in Verbänden kann in der Regel nur unter engen Voraussetzungen vorgegangen werden, z.B. wenn die Schiedsgerichtsbarkeit nicht ordnungsgemäß vereinbart wurde, das Schiedsgericht seine Zuständigkeit überschritten hat oder die Entscheidung gegen die öffentliche Ordnung verstößt.
  4. Wie können Verbände ihre Satzung ändern? Die Änderung der Satzung eines Verbands erfordert in der Regel einen Beschluss der Mitgliederversammlung, der mit einer qualifizierten Mehrheit (z.B. zwei Drittel der abgegebenen Stimmen) gefasst werden muss. Dabei ist zu beachten, dass bestimmte Satzungsänderungen, wie z.B. die Änderung des Vereinszwecks, auch der Zustimmung des zuständigen Registergerichts bedürfen.

Fazit

Verbände sind mit vielfältigen rechtlichen Herausforderungen konfrontiert, die sich aus verschiedenen Rechtsbereichen ergeben. Eine sorgfältige Beachtung der rechtlichen Vorgaben und eine regelmäßige Überprüfung der Satzung, Geschäftsordnung und internen Regelungen sind unerlässlich, um die Funktionsfähigkeit und Rechtssicherheit eines Verbands zu gewährleisten. Dieser Beitrag hat die wichtigsten rechtlichen Aspekte und Herausforderungen für Verbände dargestellt und soll als Orientierungshilfe für Verbandsvorstände, -mitglieder, Rechtsanwälte und alle, die sich für das Verbandsrecht interessieren, dienen. Dennoch ist es ratsam, bei konkreten rechtlichen Fragestellungen und Problemen einen erfahrenen Rechtsanwalt im Zivilrecht oder eine spezialisierte Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen.

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