In der heutigen Zeit ist es nicht ungewöhnlich, dass Menschen Anteile an einer Gesellschaft besitzen. Dabei kann es sich um Anteile an einer GmbH, einer AG oder einer Personengesellschaft handeln. Gesellschaftsanteile können in vielen Fällen einen erheblichen Wert darstellen, und es ist wichtig, dass die Anteilsinhaber wissen, wie sie diese Anteile im Todesfall vererben können. In diesem umfassenden Blogbeitrag erfahren Sie alles Wissenswerte zum Vererben von Gesellschaftsanteilen, inklusive rechtlicher Aspekte, aktueller Gerichtsurteile und FAQs.

Rechtliche Grundlagen für das Vererben von Gesellschaftsanteilen

Die rechtlichen Grundlagen für das Vererben von Gesellschaftsanteilen sind in verschiedenen Gesetzen geregelt. Im Folgenden werden die wichtigsten Regelungen für die verschiedenen Gesellschaftsformen vorgestellt.

GmbH-Anteile

Das Vererben von GmbH-Anteilen ist im Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) geregelt. Gemäß § 15 Abs. 1 GmbHG sind die Anteile an einer GmbH grundsätzlich vererblich. Im Todesfall eines Gesellschafters geht der Gesellschaftsanteil auf die Erben über, ohne dass es einer besonderen Übertragung bedarf. Allerdings können im Gesellschaftsvertrag Beschränkungen für die Vererbung der Anteile vorgesehen sein, z.B. ein Vorkaufsrecht der übrigen Gesellschafter oder eine Zustimmungspflicht.

AG-Aktien

Das Vererben von Aktien einer Aktiengesellschaft (AG) ist im Aktiengesetz (AktG) geregelt. Grundsätzlich sind Aktien nach § 67 Abs. 1 AktG frei übertragbar und damit auch vererblich. Bei Inhaberaktien erfolgt die Vererbung durch Übergabe und Einigung über den Übergang des Eigentums (§ 929 BGB). Bei Namensaktien ist die Vererbung im Aktienregister einzutragen (§ 68 AktG).

Personengesellschaftsanteile

Die Vererbung von Anteilen an einer Personengesellschaft, wie etwa einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder einer Kommanditgesellschaft (KG), richtet sich nach den jeweiligen gesetzlichen Regelungen sowie dem Gesellschaftsvertrag. Bei der OHG ist die Vererblichkeit der Anteile in § 105 Abs. 2 HGB geregelt. Bei der KG ist dies in § 161 Abs. 2 HGB festgelegt. Im Todesfall eines Gesellschafters geht der Gesellschaftsanteil grundsätzlich auf die Erben über, jedoch können im Gesellschaftsvertrag auch hier Beschränkungen oder Zustimmungserfordernisse vorgesehen sein.

Testamentarische Regelungen

Um sicherzustellen, dass die Vererbung der Gesellschaftsanteile den eigenen Wünschen entspricht, sollten Anteilseigner testamentarische Regelungen treffen. Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Einzeltestament: Jeder Anteilseigner verfasst ein eigenes Testament, in dem die Erben und die Regelungen zur Vererbung der Anteile festgelegt werden.
  • Erbvertrag: Die Anteilseigner schließen gemeinsam mit den Erben einen Erbvertrag ab, in dem die Erbfolge und die Regelungen zur Vererbung der Anteile geregelt werden.
  • Testamentarische Verfügung unter Gesellschaftern: Die Anteilseigner treffen in einem gemeinschaftlichen Testament Regelungen zur Vererbung der Anteile, z.B. indem sie sich gegenseitig als Erben einsetzen oder die Anteile einem bestimmten Erben zuweisen.

Gestaltungsmöglichkeiten im Testament

Im Testament können die Anteilseigner verschiedene Regelungen zur Vererbung der Gesellschaftsanteile treffen. Hierzu zählen unter anderem:

  • Bestimmung der Erben: Die Anteilseigner können im Testament festlegen, wer die Gesellschaftsanteile erben soll. Dabei kann es sich um natürliche Personen, juristische Personen oder auch um eine Stiftung handeln.
  • Teilungsanordnung: Die Anteilseigner können im Testament eine Teilungsanordnung treffen, die regelt, wie die Gesellschaftsanteile unter den Erben aufgeteilt werden sollen. Dies ist insbesondere bei mehreren Erben sinnvoll, um Streitigkeiten zu vermeiden.
  • Einsetzung eines Testamentsvollstreckers: Die Anteilseigner können im Testament einen Testamentsvollstrecker einsetzen, der dafür sorgt, dass die im Testament getroffenen Regelungen umgesetzt werden. Dies kann insbesondere bei komplexen Vermögensverhältnissen sinnvoll sein.

Pflichtteil und Gesellschaftsanteile

Bei der Vererbung von Gesellschaftsanteilen ist auch der Pflichtteil von Bedeutung. Der Pflichtteil ist der gesetzliche Mindestanteil am Erbe, der bestimmten nahen Angehörigen zusteht, wenn sie enterbt wurden. Zu den pflichtteilsberechtigten Personen zählen unter anderem:

  • Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner,
  • Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel usw.),
  • Eltern und
  • unter bestimmten Voraussetzungen auch Geschwister.

Der Pflichtteil beträgt grundsätzlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Bei der Berechnung des Pflichtteils werden auch die Gesellschaftsanteile berücksichtigt, die der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes besaß.

Pflichtteilsansprüche und Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag kann Regelungen enthalten, die den Pflichtteilsanspruch beeinflussen. So kann beispielsweise ein Vorkaufsrecht der übrigen Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag dazu führen, dass die Gesellschaftsanteile nicht direkt auf den Pflichtteilsberechtigten übertragen werden können. In diesem Fall muss der Wert der Gesellschaftsanteile ermittelt werden, um den Pflichtteil in Geld abzugelten.

Pflichtteilsverzicht und Gesellschaftsanteile

Um Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Vererbung von Gesellschaftsanteilen und Pflichtteilsansprüchen zu vermeiden, kann ein pflichtteilsberechtigter Angehöriger auf seinen Pflichtteilsanspruch verzichten. Ein solcher Pflichtteilsverzicht muss notariell beurkundet werden und kann entweder gegen eine Abfindung oder unentgeltlich erfolgen. Dabei sollte beachtet werden, dass ein Pflichtteilsverzicht nicht rückgängig gemacht werden kann und auch die eigenen Abkömmlinge des Verzichtenden vom Pflichtteilsrecht ausgeschlossen werden.

Steuerliche Aspekte bei der Vererbung von Gesellschaftsanteilen

Bei der Vererbung von Gesellschaftsanteilen können sowohl Erbschaftsteuer als auch Schenkungsteuer anfallen. Die steuerlichen Folgen hängen vom Wert der Gesellschaftsanteile, dem Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser und Erben sowie von möglichen Freibeträgen und Vergünstigungen ab.

Erbschaftsteuer und Freibeträge

Die Erbschaftsteuer bemisst sich nach dem Wert des Erwerbs, der dem Erben zugeht. Dazu zählen auch die vererbten Gesellschaftsanteile. Je nach Verwandtschaftsgrad stehen dem Erben bestimmte Freibeträge zu:

  • Ehegatten und eingetragene Lebenspartner: 500.000 Euro,
  • Kinder und Stiefkinder: 400.000 Euro,
  • Enkel: 200.000 Euro,
  • Eltern und Großeltern: 100.000 Euro,
  • Alle anderen Erwerber: 20.000 Euro.

Auf den Wert des Erwerbs, der über dem jeweiligen Freibetrag liegt, wird Erbschaftsteuer erhoben. Die Steuersätze variieren je nach Verwandtschaftsgrad und betragen zwischen 7% und 50%.

Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen

Für Gesellschaftsanteile, die zum Betriebsvermögen zählen, können unter bestimmten Voraussetzungen Verschonungsregelungen in Anspruch genommen werden. Diese Regelungen dienen dazu, die Fortführung von Unternehmen und die Sicherung von Arbeitsplätzen zu gewährleisten. Die Verschonungsregelungen umfassen:

  • Die Regelverschonung (85% Verschonung): Hierbei wird 85% des Betriebsvermögens von der Erbschaftsteuer verschont, wenn der Betrieb für mindestens fünf Jahre fortgeführt wird und die Lohnsumme in dieser Zeit erhalten bleibt.
  • Die Optionsverschonung (100% Verschonung): Bei dieser Regelung wird das gesamte Betriebsvermögen von der Erbschaftsteuer befreit, wenn der Betrieb für mindestens sieben Jahre fortgeführt wird und die Lohnsumme in dieser Zeit auf mindestens 700% des Ausgangswertes ansteigt.

Um diese Verschonungsregelungen in Anspruch nehmen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, wie beispielsweise die Größe des Betriebs und die Art des Vermögens.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Vererbung von Gesellschaftsanteilen

Die Rechtsprechung zur Vererbung von Gesellschaftsanteilen ist umfangreich und ständig im Wandel. Im Folgenden werden einige aktuelle und relevante Gerichtsurteile vorgestellt:

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 56/16

In diesem Urteil entschied der BGH, dass im Falle des Todes eines Gesellschafters einer GmbH die Erben grundsätzlich in die Gesellschafterstellung des Verstorbenen eintreten. Die Gesellschafterstellung umfasst dabei sowohl die Mitgliedschaftsrechte als auch die Verpflichtungen des verstorbenen Gesellschafters. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Gesellschaftsvertrag abweichende Regelungen vorsieht.

Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 10. Januar 2018 – II R 6/16

Der BFH entschied, dass die Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen bei der Vererbung von Gesellschaftsanteilen auch dann gelten, wenn die Erben die Anteile nur mittelbar über eine Erbengemeinschaft halten. Voraussetzung ist allerdings, dass die Erben die Fortführung des Betriebs auch tatsächlich beeinflussen können und die weiteren Voraussetzungen für die Verschonungsregelungen erfüllt sind.

BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – II ZR 484/16

In diesem Urteil stellte der BGH klar, dass die Pflichtteilsberechtigten auch dann einen Auskunftsanspruch gegen die Gesellschaft haben, wenn die Gesellschaftsanteile aufgrund einer im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Beschränkung nicht direkt auf sie übertragen werden können. Der Auskunftsanspruch dient dazu, den Wert der Gesellschaftsanteile zu ermitteln, der für die Berechnung des Pflichtteils maßgeblich ist.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Vererbung von Gesellschaftsanteilen

Sind Gesellschaftsanteile immer vererblich?

Grundsätzlich sind Gesellschaftsanteile vererblich, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag sieht Beschränkungen vor. Solche Beschränkungen können beispielsweise ein Vorkaufsrecht der übrigen Gesellschafter oder eine Zustimmungspflicht zur Übertragung der Anteile sein.

Wie kann ich sicherstellen, dass meine Gesellschaftsanteile nach meinen Wünschen vererbt werden?

Um sicherzustellen, dass Ihre Gesellschaftsanteile nach Ihren Wünschen vererbt werden, sollten Sie testamentarische Regelungen treffen. Dies kann in Form eines Einzeltestaments, eines Erbvertrags oder einer testamentarischen Verfügung unter Gesellschaftern erfolgen.

Was passiert, wenn ich keine Regelungen zur Vererbung meiner Gesellschaftsanteile treffe?

Wenn Sie keine Regelungen zur Vererbung Ihrer Gesellschaftsanteile treffen, greift die gesetzliche Erbfolge. In diesem Fall werden Ihre Gesellschaftsanteile nach den gesetzlichen Regelungen auf Ihre Erben verteilt.

Kann ich meine Gesellschaftsanteile auch an eine Stiftung vererben?

Ja, Sie können Ihre Gesellschaftsanteile auch an eine Stiftung vererben. Dazu müssen Sie in Ihrem Testament oder Erbvertrag die Stiftung als Erben einsetzen und die entsprechenden Regelungen zur Vererbung der Anteile treffen.

Wie werden Gesellschaftsanteile bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt?

Bei der Berechnung des Pflichtteils werden die Gesellschaftsanteile zum Wert des Nachlasses hinzugezählt. Der Pflichtteil beträgt grundsätzlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Pflichtteilsberechtigte Personen haben dabei einen Anspruch auf den Wert der Gesellschaftsanteile, der ihrem Pflichtteil entspricht.

Fallen bei der Vererbung von Gesellschaftsanteilen Steuern an?

Bei der Vererbung von Gesellschaftsanteilen können sowohl Erbschaftsteuer als auch Schenkungsteuer anfallen. Die steuerlichen Folgen hängen vom Wert der Gesellschaftsanteile, dem Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser und Erben sowie von möglichen Freibeträgen und Vergünstigungen ab.

Können Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen bei der Vererbung von Gesellschaftsanteilen in Anspruch genommen werden?

Ja, für Gesellschaftsanteile, die zum Betriebsvermögen zählen, können unter bestimmten Voraussetzungen Verschonungsregelungen in Anspruch genommen werden. Diese Regelungen dienen dazu, die Fortführung von Unternehmen und die Sicherung von Arbeitsplätzen zu gewährleisten und umfassen die Regelverschonung (85% Verschonung) sowie die Optionsverschonung (100% Verschonung).

Vererbung von Gesellschaftsanteilen richtig handhaben

Die Vererbung von Gesellschaftsanteilen ist ein komplexes Thema im Gesellschaftsrecht, das sowohl rechtliche als auch steuerliche Aspekte umfasst. Um sicherzustellen, dass die Anteile nach den eigenen Wünschen vererbt werden, sollten Anteilseigner testamentarische Regelungen treffen und sich von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten lassen. Zudem sollten die möglichen steuerlichen Folgen der Vererbung von Gesellschaftsanteilen sowie die Pflichtteilsansprüche von Angehörigen berücksichtigt werden.

Dieser umfassende Blogbeitrag gibt Ihnen einen ersten Überblick über die wichtigsten Aspekte der Vererbung von Gesellschaftsanteilen. Bei individuellen Fragestellungen und Problemen empfiehlt es sich jedoch, die Unterstützung eines erfahrenen Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.

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