Die Beweisaufnahme ist ein zentraler Aspekt eines jeden Gerichtsverfahrens. Sie dient der Ermittlung der für die Entscheidung relevanten Tatsachen und ist somit entscheidend für den Ausgang eines Prozesses. In diesem Blog-Beitrag soll ein umfassender Überblick über die Beweisaufnahme im Gerichtsverfahren gegeben werden. Dabei sollen die verschiedenen Beweismittel, die Beweislastverteilung und die rechtlichen Grundlagen ebenso erläutert werden wie aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen.

Die verschiedenen Beweismittel

Im deutschen Zivilprozess gibt es vier klassische Beweismittel, die zur Aufklärung des Sachverhalts herangezogen werden können:

Zeugenbeweis

Der Zeugenbeweis ist das wohl bekannteste Beweismittel. Hierbei wird eine Person, die Kenntnisse über den entscheidungserheblichen Sachverhalt hat, vom Gericht vernommen. Zeugen können sowohl persönlich als auch schriftlich angehört werden. Ihre Aussage unterliegt der Wahrheitspflicht und sie sind verpflichtet, vor Gericht zu erscheinen, wenn sie ordnungsgemäß geladen sind.

Urkundenbeweis

Der Urkundenbeweis wird durch das Vorlegen von schriftlichen Dokumenten, die zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen, erbracht. Dabei können sowohl Originaldokumente als auch Kopien oder Auszüge vorgelegt werden. Zu den Urkunden zählen beispielsweise Verträge, Rechnungen, Gutachten oder ärztliche Atteste.

Sachverständigenbeweis

Der Sachverständigenbeweis kommt zum Einsatz, wenn zur Beurteilung des Sachverhalts besondere Fachkenntnisse erforderlich sind. Das Gericht bestellt in solchen Fällen einen unabhängigen Sachverständigen, der ein Gutachten erstellt und gegebenenfalls im Prozess seine Expertise darlegt.

Augenschein

Der Augenschein ist das letzte der klassischen Beweismittel und bezieht sich auf die unmittelbare sinnliche Wahrnehmung des Gerichts. Dies kann beispielsweise die Besichtigung eines Tatorts oder die Vorführung eines bestimmten Gegenstands sein.

Die Beweislastverteilung

Ein entscheidender Faktor im Rahmen der Beweisaufnahme ist die Frage, welche Partei die Beweislast trägt. Grundsätzlich gilt im deutschen Zivilprozess der Grundsatz, dass jede Partei die Beweislast für die Tatsachen trägt, die sie zur Begründung ihrer Ansprüche oder Einwendungen anführt. Dieser Grundsatz wird auch als „Beibringungsgrundsatz“ bezeichnet.

Allerdings gibt es auch Ausnahmen von dieser Regel, die im Folgenden kurz skizziert werden sollen:

  • Beweislastumkehr: In bestimmten Fällen sieht das Gesetz eine Umkehr der Beweislast vor, sodass die beweisbelastete Partei von der Beweisführung entbunden ist und die andere Partei die Beweislast trägt.
  • Beweiserleichterungen: In manchen Fällen ist es einer Partei unzumutbar, den vollen Beweis für eine Tatsache zu führen. In solchen Fällen können Beweiserleichterungen, wie zum Beispiel die Glaubhaftmachung oder die Vermutung, zur Anwendung kommen.
  • Beweisvereitelung: Verhindert eine Partei vorsätzlich oder grob fahrlässig die Beweisführung der anderen Partei, kann das Gericht diese Partei mit der Beweislast für die streitige Tatsache belasten.

Die rechtlichen Grundlagen

Die Beweisaufnahme im Gerichtsverfahren ist durch verschiedene gesetzliche Regelungen geregelt. Die wichtigsten Vorschriften finden sich in der Zivilprozessordnung (ZPO). Hier sollen die bedeutendsten Regelungen kurz vorgestellt werden:

  • § 355 ZPO: Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme
  • § 358 ZPO: Grundsatz der freien Beweiswürdigung
  • § 370 ZPO: Beweis durch Zeugen
  • § 415 ZPO: Beweis durch Urkunden
  • § 402 ZPO: Beweis durch Sachverständige
  • § 371 ZPO: Beweis durch Augenschein
  • § 286 ZPO: Grundsatz der freien Beweiswürdigung
  • § 281 ZPO: Grundsatz der Beweislastverteilung

Aktuelle Gerichtsurteile

Um die Relevanz der Beweisaufnahme im Gerichtsverfahren zu verdeutlichen, sollen im Folgenden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt werden, in denen die Beweisaufnahme eine entscheidende Rolle gespielt hat:

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. Dezember 2021 – VIII ZR 115/21: In diesem Urteil hatte der Bundesgerichtshof (BGH) über die Frage zu entscheiden, ob der Käufer eines Gebrauchtwagens Schadensersatz wegen eines manipulierten Dieselmotors verlangen kann. Der BGH bestätigte, dass der Käufer grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz hat, wenn er nachweisen kann, dass der Verkäufer Kenntnis von der Manipulation hatte. Die Beweisaufnahme und die Würdigung der Beweise durch das Gericht waren in diesem Fall entscheidend für die Entscheidung.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 12. Dezember 2019 – 6 U 240/18: In diesem Fall ging es um die Frage, ob ein Vermieter die Nebenkostenabrechnung nachträglich korrigieren darf, wenn er einen Fehler entdeckt. Das OLG Frankfurt entschied, dass dies grundsätzlich zulässig ist, wenn der Vermieter den Fehler nachweisen kann. Auch hier war die Beweisaufnahme und die Beurteilung der Beweise durch das Gericht von zentraler Bedeutung für die Entscheidung.
  • Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Februar 2020 – 8 AZR 215/19: In diesem Urteil hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu klären, ob eine Arbeitnehmerin, die sich in Elternzeit befindet, einen Anspruch auf Fortzahlung ihrer Vergütung während eines Urlaubs hat. Das BAG entschied, dass dies der Fall ist, wenn die Arbeitnehmerin den Urlaubsanspruch nachweisen kann. Auch in diesem Fall war die Beweisaufnahme und die Würdigung der Beweise durch das Gericht entscheidend für die Entscheidung.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Was ist die Beweisaufnahme und wozu dient sie?

Die Beweisaufnahme ist ein zentraler Bestandteil eines jeden Gerichtsverfahrens. Sie dient der Ermittlung der für die Entscheidung relevanten Tatsachen und ist somit entscheidend für den Ausgang eines Prozesses. Im Rahmen der Beweisaufnahme werden die verschiedenen Beweismittel wie Zeugenbeweis, Urkundenbeweis, Sachverständigenbeweis und Augenschein herangezogen, um den Sachverhalt aufzuklären.

Wer trägt die Beweislast im Gerichtsverfahren?

Grundsätzlich trägt jede Partei die Beweislast für die Tatsachen, die sie zur Begründung ihrer Ansprüche oder Einwendungen anführt. Dieser Grundsatz wird auch als „Beibringungsgrundsatz“ bezeichnet. Allerdings gibt es auch Ausnahmen von dieser Regel, wie zum Beispiel die Beweislastumkehr, Beweiserleichterungen oder Beweisvereitelung.

Welche Beweismittel gibt es im deutschen Zivilprozess?

Im deutschen Zivilprozess gibt es vier klassische Beweismittel, die zur Aufklärung des Sachverhalts herangezogen werden können: Zeugenbeweis, Urkundenbeweis, Sachverständigenbeweis und Augenschein.

Was sind die rechtlichen Grundlagen der Beweisaufnahme im Gerichtsverfahren?

Die Beweisaufnahme im Gerichtsverfahren ist durch verschiedene gesetzliche Regelungen geregelt. Die wichtigsten Vorschriften finden sich in der Zivilprozessordnung (ZPO), wie zum Beispiel der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 ZPO), der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 358 ZPO) oder der Grundsatz der Beweislastverteilung (§ 281 ZPO).

Was ist bei der Beweiswürdigung im Gerichtsverfahren zu beachten?

Bei der Beweiswürdigung im Gerichtsverfahren hat das Gericht die Beweise nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu würdigen. Das bedeutet, dass das Gericht die Beweise nach seiner Überzeugung und nicht nach starren Beweisregeln zu beurteilen hat. Entscheidend ist dabei, ob das Gericht aufgrund der Beweisaufnahme von der Wahrheit der entscheidungserheblichen Tatsachen überzeugt ist.

Fazit

Die Beweisaufnahme ist ein entscheidender Aspekt im Gerichtsverfahren, der sowohl für die beteiligten Parteien als auch für das Gericht von großer Bedeutung ist. Die verschiedenen Beweismittel, die Beweislastverteilung und die rechtlichen Grundlagen sind wesentliche Elemente der Beweisaufnahme, die sowohl für Juristen als auch für Nicht-Juristen von Interesse sein können. Aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen verdeutlichen die Relevanz der Beweisaufnahme im Gerichtsverfahren und zeigen, dass die Beweisaufnahme auch in der Praxis eine zentrale Rolle spielt.

Als kompetenter, erfahrener Rechtsanwalt ist es wichtig, sich mit den verschiedenen Aspekten der Beweisaufnahme im Gerichtsverfahren auseinanderzusetzen und seine Mandanten in diesem Bereich bestmöglich zu beraten und zu vertreten. Dabei können die in diesem Blog-Beitrag vorgestellten Informationen und rechtlichen Ausführungen eine wertvolle Grundlage für die eigene Arbeit darstellen.

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