Ob im Zivilrecht, Arbeitsrecht, oder im Familienrecht: Die einstweilige Anordnung ist ein schnelles und effektives Instrument, um ernsthaften Schaden abzuwenden oder eine unzumutbare Härte zu vermeiden. Im vorliegenden Blog-Beitrag möchten wir Ihnen die Möglichkeit dieses rechtlichen Instruments, seine Voraussetzungen und die Verfahrensschritte näher bringen.

Was ist eine einstweilige Anordnung?

Die einstweilige Anordnung ist ein vorläufig ausgesprochener Rechtsschutz und stellt eine vorläufige Regelung im Bereich eilbedürftiger Streitigkeiten dar. Im Unterschied zum Hauptsacheverfahren, bei welchem beide Parteien in einem langwierigen Prozess die Sachlage schildern, wird bei der einstweiligen Anordnung nur eine vorübergehende Regelung getroffen, die für eine gewisse Zeit Bestand hat und von zukünftigen gerichtlichen Entscheidungen abhängt.

Ziel

Die einstweilige Anordnung dient dazu, dass eine eilbedürftige Rechtsfrage schnell geklärt wird und dadurch ein drohender Schaden abgewendet wird oder eine unzumutbare Härte vermieden wird. Die Regelungen haben vornehmlich schützenden Charakter.

Beispiele

Bei einstweiligen Anordnungen gibt es verschiedene Regelungsbereiche, wie zum Beispiel:

Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung

Für die Bewilligung einer einstweiligen Anordnung müssen zwei wesentliche Voraussetzungen erfüllt sein: Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund.

Anordnungsanspruch

Der Antragsteller muss einen Anspruch auf die beantragte Regelung haben. Dieser Anspruch resultiert in der Regel aus vertraglichen Vereinbarungen oder gesetzlichen Bestimmungen.

Anordnungsgrund

Es darf nicht nur ein Anspruch vorliegen, sondern auch tatsächlich eine besondere Eilbedürftigkeit gegeben sein. Der Antragsteller muss darlegen, dass durch eine endgültige Entscheidung im Hauptsacheverfahren eine Verschlechterung der Sachlage zu erwarten ist. So können zum Beispiel drohender Schaden oder unzumutbare Härte als Anordnungsgrund geltend gemacht werden.

Verfahrensschritte einer einstweiligen Anordnung

Im Folgenden gehen wir Schritt für Schritt durch das Verfahren einer einstweiligen Anordnung.

Antragstellung

Ein Antrag auf einstweilige Anordnung muss von einem Rechtsanwalt bei Gericht eingereicht werden. Der Antrag muss dabei schriftlich und unter Angabe von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund erfolgen. Ein Antrag kann ohne ein Klageverfahren im Hauptsacheverfahren gestellt werden. Die Antragstellung erfolgt normalerweise vor der mündlichen Verhandlung.

Zuständigkeit

Die Zuständigkeit des Gerichts, bei dem eine einstweilige Anordnung beantragt wird, richtet sich nach dem Streitwert und dem Regelungsbereich, in dem der Antrag gestellt wird. Je nach Bereich sind unterschiedliche Gerichte zuständig. Im Zivilrecht entscheidet der Streitwert über die Zuständigkeit. Während das Amtsgericht bei Streitwerten bis 5.000 Euro zuständig ist, ist das Landgericht bei höheren Streitwerten zuständig.

Verfahrensablauf

Nach der Antragstellung überprüft das zuständige Gericht die genannten Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung. Eine Überprüfung des Anordnungsanspruchs erfolgt in einem Schnellverfahren und ohne umfassende Prüfung des Sachverhalts. Daraufhin können drei mögliche Ergebnisse folgen:

  1. Bewilligung des Antrags im Wege der einstweiligen Verfügung
  2. Mündliche Verhandlung
  3. Zurückweisung des Antrags

Anschließend erfolgt die Zustellung der Entscheidung des Gerichts an die Parteien.

Widerspruch

Sowohl der Antragsteller als auch der Antragsgegner haben die Möglichkeit, gegen eine einstweilige Verfügung Widerspruch einzulegen. Der Widerspruch muss innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Verfügung eingelegt werden.

Kosten

Die Kosten für ein Verfahren zur einstweiligen Anordnung richten sich nach dem Streitwert und dem Verfahrensaufwand. Je höher der Streitwert, desto höher fallen die Gerichts- und Anwaltskosten aus. Hier ist eine sorgfältige Überlegung zur Verhältnismäßigkeit der Kosten ratsam.

Rechtsmittel

Gegen die Entscheidung des Gerichts über die einstweilige Anordnung können die Parteien Rechtsmittel einlegen. Dies kann in Form einer Beschwerde oder in Form einer Berufung geschehen. Die Fristen und Voraussetzungen für die Einlegung von Rechtsmitteln sind abhängig vom jeweiligen Einzelfall und sollten daher genau geprüft werden.

Aktuelle Gerichtsurteile zur einstweiligen Anordnung

Um die Bedeutung und den Nutzen des Instruments der einstweiligen Anordnung anschaulicher zu machen, möchten wir Ihnen einige aktuelle Gerichtsurteile vorstellen, bei denen dieses Instrument eine Rolle gespielt hat.

Einstweilige Anordnung im Wettbewerbsrecht

Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.2018, Az.: I ZR 130/17:

In diesem Fall ging es um Online-Händler, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Klauseln enthielten, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstießen. Ein Konkurrent erwirkte eine einstweilige Anordnung, die den Händlern untersagte, die betreffenden Klauseln weiterhin zu verwenden. Im anschließenden Hauptsacheverfahren gab das Gericht dem Antragsteller Recht und sprach das dauerhafte Verbot der unrechtmäßigen Klauseln aus.

Einstweilige Anordnung im Arbeitsrecht

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 03.11.2017, Az.: 5 Sa 837/17:

Ein Arbeitgeber hatte eine angekündigte Betriebsratswahl durch unzulässige Maßnahmen zu verhindern versucht. Der Betriebsrat beantragte eine einstweilige Anordnung, um die getroffenen Vorkehrungen rückgängig zu machen und die Abhaltung der Wahl sicher zu stellen. Das Gericht entschied, dass die einstweilige Anordnung zulässig und begründet ist, sodass die für alle Seiten faire Durchführung der Betriebsratswahl gewährleistet werden konnte.

Einstweilige Anordnung im Familienrecht

Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 17.07.2019, Az.: 20 UF 499/19:

In einem Sorgerechtsstreit beantragte die Mutter eine einstweilige Anordnung, um das gemeinsame Umgangsrecht des Vaters auszuschließen, da sie dem Vater Gewalt vorwarf und für das Kind ein hohes Gefährdungspotential sah. Das Gericht ordnete den sofortigen Ausschluss des Umgangsrechts des Vaters an. Hier zeigt sich, dass einstweilige Anordnungen auch im Familienrecht dazu dienen können, schnell Sicherheit für das Kindeswohl herzustellen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur einstweiligen Anordnung

Kann ich eine einstweilige Anordnung ohne Rechtsanwalt stellen?

Grundsätzlich ist es möglich, einen Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rechtsanwalt zu stellen. Allerdings ist dies nicht empfehlenswert, da sowohl die Antragstellung als auch das Verfahren rechtlich komplex sind und eine fachliche Beratung ratsam ist.

Wie schnell wird über eine einstweilige Anordnung entschieden?

Das Verfahren zur einstweiligen Anordnung zeichnet sich durch seine Schnelligkeit aus. In der Regel erfolgt die Entscheidung des Gerichts innerhalb weniger Tage nach Antragstellung.

Wie lange gilt eine einstweilige Anordnung?

Eine einstweilige Anordnung gilt zunächst bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren oder bis zur Erledigung der Angelegenheit. Dabei besteht jedoch die Möglichkeit, dass das Gericht den Geltungszeitraum der Anordnung ausdrücklich befristet.

Wann ist eine einstweilige Anordnung unzulässig?

Eine einstweilige Anordnung ist unzulässig, wenn die Antragsvoraussetzungen nicht erfüllt sind – also kein Anordnungsanspruch und/oder kein Anordnungsgrund gegeben ist. Weiterhin kann die unzulässige Rechtsausübung (wie beispielsweise Rechtsmissbrauch) die Unzulässigkeit des Antrags begründen.

Gegen welche Entscheidung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung kann ich vorgehen?

Sowohl gegen die Bewilligung als auch die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung können die Parteien Rechtsmittel einlegen. Dies ist in der Regel die Beschwerde oder Berufung. Dabei gelten je nach Einzelfall unterschiedliche Fristen und Voraussetzungen, die genau geprüft werden sollten.

Fazit

Die einstweilige Anordnung ist ein wirksames Instrument, um in eiligen Fällen schnellen Rechtsschutz zu gewähren und Schaden abzuwenden oder unzumutbare Härten zu vermeiden. Wenn die Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund erfüllt sind, kann das Gericht zügig eine vorläufige Regelung treffen, die es den Betroffenen ermöglicht, ihre Rechtsposition effektiv zu schützen. Um sicherzugehen, dass das Verfahren korrekt abläuft und die eigenen Rechte bestmöglich geschützt werden, ist es ratsam, sich an einen erfahrenen Rechtsanwalt zu wenden und dessen Expertise für die Antragstellung und das gesamte Verfahren zu nutzen. Einstweilige Anordnungen finden in verschiedenen Rechtsgebieten Anwendung und können sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen in einer Vielzahl von Situationen von großem Nutzen sein. Es ist wichtig, sich der Möglichkeiten dieses Instruments bewusst zu sein und es gegebenenfalls zu nutzen, um die eigenen Rechtsinteressen effektiv durchzusetzen.

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