Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ist seit dem 01. Oktober 2017 in Kraft und hat zum Ziel, die rechtswidrigen Inhalte im Internet effektiv zu bekämpfen. In diesem Artikel werden wir die rechtlichen Auswirkungen und Regelungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes im Detail behandeln. Wir werden darauf eingehen, wie das Gesetz zur Bekämpfung von Hate Speech und Falschinformationen in den sozialen Medien wirkt, neueste Gerichtsurteile und wichtige FAQs für Webseitenbetreiber und Nutzer betrachten.

Inhaltsverzeichnis

  1. Gesetzliche Grundlagen und Hintergrund
  2. Anwendungsbereich des NetzDG
  3. Meldepflichten und Transparenzberichte
  4. Löschungsprozess und Fristen
  5. Rechtliche Folgen bei Verstößen gegen das NetzDG
  6. Kritik am NetzDG und Diskussion um NetzDG-Novelle
  7. Aktuelle Gerichtsurteile zum NetzDG
  8. Häufig gestellte Fragen zum NetzDG
  9. Mehr Schutz im Internet durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Gesetzliche Grundlagen und Hintergrund

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz basiert auf dem Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken und ist in den §§ 1-7 NetzDG geregelt. Der Gesetzgeber hat damit in Reaktion auf den wachsenden Einfluss von Social-Media und den damit einhergehenden Problemen gehandelt, insbesondere:

Der Gesetzgeber hat im Rahmen des NetzDG soziale Netzwerke zur Verantwortung gezogen, um diese rechtswidrigen Inhalte zügig und effektiv zu bekämpfen. Ebenso soll es sicherstellen, dass Betroffene ihren rechtlichen Anspruch auf Löschung rechtswidriger Inhalte durchsetzen können.

Anwendungsbereich des NetzDG

Der Anwendungsbereich des NetzDG bezieht sich auf bestimmte soziale Netzwerke, die bestimmte Kriterien erfüllen. Nur diese unterliegen den Pflichten des NetzDG.
Dazu zählen:

  • Plattformen, die dazu dienen, Inhalte zu teilen und zur Verfügung zu stellen (z. B. Facebook, Twitter, Instagram)
  • Mindestens 2 Millionen registrierte Nutzer in Deutschland haben
  • Keine journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote mit Meinungsbildungsrelevanz
  • Keine Plattformen zur individuellen Kommunikation, wie z.B. E-Mail oder Messengerdienste

Sind diese Kriterien erfüllt, so fällt ein soziales Netzwerk in den Regelbereich des NetzDG und hat entsprechende Pflichten und Meldeverfahren zu erfüllen.

Meldepflichten und Transparenzberichte

Ein zentraler Aspekt des NetzDG sind die Meldeverfahren der sozialen Netzwerke. Nutzer sollen die Möglichkeit haben, rechtswidrige Inhalte zu melden und die sozialen Netzwerke sollen diese effektiv und zügig bearbeiten. Die sozialen Netzwerke sind auch verpflichtet, Transparenzberichte zu erstellen und diese öffentlich zugänglich zu machen. Diese Transparenzberichte müssen beinhalten:

  • Anzahl der gemeldeten Inhalte und deren Kategorien
  • Entscheidungen der sozialen Netzwerke zu den gemeldeten Inhalten (Löschung, Sperrung o.Ä.)
  • Fristen, innerhalb derer die Inhalte bearbeitet und gegebenenfalls gelöscht oder gesperrt wurden
  • Anzahl der Beschwerden gegen Entscheidungen des sozialen Netzwerks und deren Ausgang

Die Transparenzberichte sollen einen Einblick in die Arbeit der sozialen Netzwerke im Umgang mit rechtswidrigen Inhalten geben und aufzeigen, welche Bemühungen unternommen werden, um den Anforderungen des NetzDG gerecht zu werden.

Löschungsprozess und Fristen

Das NetzDG sieht in § 3 Abs. 2 Nr. 2 NetzDG zwei Fristen für die sozialen Netzwerke vor, um auf gemeldete rechtswidrige Inhalte zu reagieren:

  1. Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Meldung gelöscht oder gesperrt werden.
  2. Nicht offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen innerhalb von 7 Tagen nach Eingang der Meldung gelöscht oder gesperrt werden.

Die Fristen sind abhängig von der Dringlichkeit und dem Schweregrad der Inhalte zu verstehen und stellen sicher, dass umgehend gehandelt wird. Sollte ein soziales Netzwerk gegen diese Fristen verstoßen, kann dies zu hohen Bußgeldern führen.

Rechtliche Folgen bei Verstößen gegen das NetzDG

Soziale Netzwerke, die den Anforderungen des NetzDG nicht nachkommen, müssen mit erheblichen Bußgeldern rechnen. Gemäß § 4 Abs. 1 NetzDG können Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro verhängt werden. Die Höhe des Bußgeldes ist abhängig von verschiedenen Faktoren, beispielsweise:

  • Die Schwere und Anzahl der Verstöße
  • Die Beharrlichkeit der Verstöße
  • Die finanzielle Leistungsfähigkeit des sozialen Netzwerks
  • Maßnahmen zur Verbesserung des Beschwerdemanagements und zur Einführung wirksamer Kontrollverfahren

Es ist daher im Eigeninteresse der sozialen Netzwerke, den gesetzlichen Anforderungen des NetzDG genüge zu leisten und ihr Beschwerdemanagement sowie die Löschung von rechtswidrigen Inhalten effektiv zu gestalten.

Kritik am NetzDG und Diskussion um NetzDG-Novelle

Seit seiner Einführung hat das NetzDG erhebliche Kritik aus verschiedenen Richtungen erfahren, insbesondere in Hinblick auf die folgenden Aspekte:

  • Potentielle „Overblocking“: Manche Kritiker befürchten, dass die sozialen Netzwerke aufgrund der hohen Bußgelder zu vorsichtig agieren und auch rechtmäßige Meinungsäußerungen löschen.
  • Institutionalisierung von Zensur: Das NetzDG gibt den sozialen Netzwerken die Entscheidungsgewalt darüber, welche Inhalte rechtswidrig sind, was in manchen Fällen als nicht transparent und unkontrollierbar angesehen wird.
  • Freiheit der Meinungsäußerung: Kritiker befürchten Einschränkungen der Meinungsfreiheit, wenn Inhalte zu schnell und unbegründet gelöscht werden.
  • Effektivität: Es wird diskutiert, ob das NetzDG tatsächlich effektiv bei der Bekämpfung von rechtswidrigen Inhalten ist oder ob es vielmehr eine gewisse Intransparenz schafft.

Diese Kritikpunkte führen aktuell zu Diskussionen über eine mögliche NetzDG-Novelle. Dabei werden etwa die Einführung eines unabhängigen Kontrollorgans, zusätzliche Transparenzmaßnahmen oder strengere Haftungsregelungen für soziale Netzwerke erörtert. Eine abschließende Entscheidung über eine NetzDG-Novelle steht jedoch noch aus.

Aktuelle Gerichtsurteile zum NetzDG

Seit der Einführung des NetzDG gab es bereits einige gerichtliche Auseinandersetzungen in Bezug auf rechtswidrige Inhalte und die Umsetzung des Gesetzes. Wir möchten an dieser Stelle einige interessante und prägende Urteile nennen:

Landgericht Stuttgart, Beschluss vom 29.05.2019 – 11 O 215/18: In diesem Fall wurde gegen Facebook ein Ordnungsgeld in Höhe von 12.000 Euro verhängt, weil Facebook den Antragsteller im Rahmen einer Onlinekontroverse ausgeblendet und somit sein virtuelles Hausrecht verletzt hatte. Das Gericht entschied, dass Facebook grundrechtlich geschützte Meinungsäußerungen nicht willkürlich unterbinden dürfe.

Landgericht Dresden, Urteil vom 06.12.2019 – 3 O 651/19: Einem Mann wurde auf Facebook eine Entschädigung in Höhe von 1.000 Euro für unberechtigt gelöschte Beiträge zugesprochen. In diesem Fall hatte Facebook Kommentare gelöscht, die jedoch rechtlich zulässig waren. Das Landgericht sah darin eine Vertragsverletzung.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 18.05.2020 – 15 W 16/20: Die Verbreitung von unwahren Tatsachenbehauptungen auf Facebook wurde als rechtswidrig angesehen. Das Gericht bestätigte eine einstweilige Verfügung gegen die Betreiberin einer Facebook-Seite, die eine wahrheitswidrige Behauptung verbreitet hatte.

Diese Urteile verdeutlichen, dass die Gerichte den Umgang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen des NetzDG und die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer als auch der sozialen Netzwerke sehr genau prüfen und streitige Sachverhalte umfassend bewerten.

Häufig gestellte Fragen zum NetzDG

Im Folgenden haben wir einige wichtige Fragen zum NetzDG zusammengestellt, um Entwicklern, Webseitenbetreibern und Nutzern eine bessere Orientierung zu bieten:

Wie kann ich als einzelner Nutzer rechtswidrige Inhalte bei sozialen Medien melden?

Die jeweiligen sozialen Netzwerke, die dem NetzDG unterliegen, bieten in der Regel ein spezielles Meldesystem an. Dies ist meistens in den Nutzungsbedingungen oder einer speziell dafür vorgesehenen Seite/Funktion zu finden.

Welche Pflichten habe ich als Webseitenbetreiber im Hinblick auf das NetzDG?

Als Webseitenbetreiber bist du erst ab einer Anzahl von 2 Millionen registrierten Nutzern in Deutschland rechtlich verpflichtet, dich an das NetzDG zu halten. Es empfiehlt sich jedoch, auch bei einer kleineren Nutzerbasis auf eine effektive Meldung und Löschung von rechtswidrigen Inhalten zu achten und die entsprechenden Verfahren einzurichten.

Wie schnell müssen gemeldete Inhalte überprüft und gegebenenfalls entfernt werden?

Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Meldung gelöscht oder gesperrt werden. Nicht offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen innerhalb von 7 Tagen nach Eingang der Meldung entfernt oder gesperrt werden.

Welche Maßnahmen können ergriffen werden, wenn ein soziales Netzwerk meiner Meinung nach nicht ausreichend gegen rechtswidrige Inhalte vorgeht?

In solchen Fällen kann es ratsam sein, sich an eine Anwaltskanzlei zu wenden, die auf das NetzDG spezialisiert ist. Diese kann prüfen, ob eine Klage gegen das soziale Netzwerk oder den Verfasser der rechtswidrigen Inhalte erfolgversprechend ist oder ob weitere rechtliche Schritte empfehlenswert sind.

Was ist der Unterschied zwischen rechtswidrigen und strafbaren Inhalten?

Rechtswidrige Inhalte verstoßen gegen geltendes Zivilrecht, wie zum Beispiel das Urheberrecht, das Persönlichkeitsrecht oder das Wettbewerbsrecht. Strafbare Inhalte hingegen sind im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt und betreffen zum Beispiel Volksverhetzung, Beleidigung oder Bedrohung.

Mehr Schutz im Internet durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von rechtswidrigen Inhalten im Internet, insbesondere auf sozialen Medien. Dennoch gibt es bisher einige kontroverse Diskussionen über das Gesetz und wie effektiv es wirklich ist. Es ist entscheidend, dass Webseitenbetreiber und Nutzer sich ihrer Rechte und Pflichten bewusst sind und rechtliche Unterstützung suchen, wenn sie Zweifel oder Schwierigkeiten im Umgang mit dem NetzDG haben.

Unsere Rechtsanwaltskanzlei steht Ihnen dafür gerne zur Verfügung und berät Sie ausführlich und kompetent zu allen Fragen rund um das NetzDG.

Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.

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