Der Rechtsbereich der Vorausklage ist oft eine Konfliktzone, in der viele Fragen aufkommen und Missverständnisse entstehen können. In diesem langen, überzeugenden und gut recherchierten Beitrag werden wir Ihnen alles über die Vorausklage im deutschen Recht erklären. Sie erhalten einen Einblick in die Voraussetzungen, den Ablauf und die Rechtsfolgen einer Vorausklage und wir gehen auf aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen ein.
Was ist eine Vorausklage und wofür wird sie benötigt?
Die Vorausklage ist im deutschen Zivilprozessrecht eine Klage, mit der ein Gläubiger gegen einen Schuldner die Feststellung beantragt, dass eine künftige Leistung oder ein künftiges Fehlverhalten des Schuldners einen Anspruch begründen wird. Der Zweck der Vorausklage liegt darin, präventiv festzustellen, ob überhaupt eine Zahlungspflicht besteht, bevor der Schuldner zur Leistung herangezogen werden kann.
Voraussetzungen für eine Vorausklage
Damit eine Vorausklage zulässig ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Die wesentlichen Voraussetzungen sind:
- Eine zulässige und begründete Klage
- Ein noch nicht bestehender, aber erforderlicher Leistungsanspruch
- Ein berechtigtes Interesse des Gläubigers oder Schuldners an der Feststellung
- Klage auf Feststellung, dass der Leistungsanspruch entsteht, wenn eine bestimmte Bedingung eintritt
Zulässigkeit und Begründetheit der Klage
Die Zulässigkeit der Klage richtet sich nach den allgemeinen Prozessvoraussetzungen, wie etwa der Zuständigkeit des Gerichts, der Rechtsfähigkeit, der Prozessfähigkeit der Parteien und der hinreichenden Klagebestimmtheit. Darüber hinaus muss die Klage begründet sein, was bedeutet, dass die geltend gemachten Ansprüche in der Sache auch bestehen. Eine Vorausklage kann nur auf zulässige und begründete Leistungsansprüche gerichtet werden.
Noch nicht entstandener Leistungsanspruch
Die Vorausklage setzt voraus, dass der geltend gemachte Anspruch noch nicht entstanden ist, aber in Kürze entstehen wird. Eine Vorausklage über den Eintritt einer künftigen Zahlungspflicht wäre unzulässig, wenn die Leistung bereits erbracht worden oder die Zahlungspflicht bereits entstanden wäre.
Berechtigtes Interesse an der Feststellung
Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Anspruchs besteht, wenn der Anspruchsteller aufgrund der bestehenden oder drohenden Unsicherheit über die Rechtslage in seinen Rechten beeinträchtigt wäre oder in seinem Verhalten gehemmt wäre. Insbesondere reicht es hierbei aus, dass er hierdurch auf den Verjährungsbeginn seiner Forderung oder aufgrund von Verlustmomenten weiterer Ansprüche verwiesen wäre und dadurch Nachteile erleiden würde.
Feststellungsantrag auf Eintritt einer Bedingung
Der Antrag des Anspruchsstellers muss sich auf die Feststellung richten, dass der geltend gemachte Anspruch entsteht, wenn eine bestimmte Bedingung eintritt. Dies kann etwa die Vollendung eines Bauprojekts oder der Abschluss eines Vertrags sein.
Ablauf einer Vorausklage
Der Ablauf einer Vorausklage gliedert sich in mehrere Schritte, die im Folgenden ausführlich dargestellt werden:
- Klageerhebung
- Beweisaufnahme
- Entscheidung des Gerichts
- Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung
Klageerhebung
Die Vorausklage wird durch Einreichung einer Klageschrift bei dem zuständigen Gericht eingeleitet. Die Klageschrift muss den Feststellungsantrag und eine klare Darstellung des Sachverhalts enthalten, aus der die Voraussetzungen der Vorausklage hervorgehen.
Beweisaufnahme
Nachdem das Gericht die Klage zugestellt hat, folgt die Beweisaufnahme. Hierbei werden die Tatsachen und Umstände, die für die Voraussetzungen und das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs sprechen, ermittelt und aufgeklärt. Dies erfolgt durch Zeugenaussagen, Urkunden und sonstige Beweismittel.
Entscheidung des Gerichts
Auf Grundlage der Beweisaufnahme und des vorgetragenen Sachverhalts trifft das Gericht eine Entscheidung über die Feststellungsklage. Ist die Klage zulässig und begründet und haben sich die Voraussetzungen der Vorausklage als gegeben erwiesen, stellt das Gericht fest, dass der geltend gemachte Anspruch entsteht, wenn die Bedingung eintritt.
Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung
Die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über die Vorausklage begründet einen vollstreckbaren Titel. Dieser Titel kann vom Gläubiger zur Vollstreckung herangezogen werden, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung trotz der Feststellung nicht erbringt. Hierzu bedarf es in der Regel einer gesonderten Vollstreckungsklage oder des Erlasses eines Vollstreckungsbescheids.
Rechtsfolgen der Vorausklage
Die Hauptrechtsfolge einer erfolgreichen Vorausklage ist die Feststellung, dass der geltend gemachte Anspruch entsteht, wenn die Bedingung eintritt. Diese Feststellung hat verschiedene Auswirkungen auf die Rechtsposition der beteiligten Parteien:
- Bindungswirkung: Die gerichtliche Entscheidung über die Vorausklage bindet die Parteien für die Zukunft. Sie können sich also später nicht mehr darauf berufen, dass der geltend gemachte Anspruch nicht entstanden ist oder die Bedingung nicht eingetreten ist.
- Verjährungshemmung: Die Vorausklage hemmt die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs ab Einreichung der Klage.
- Vollstreckbarer Titel: Die Feststellung des Anspruchs begründet einen vollstreckbaren Titel, der zur Vollstreckung herangezogen werden kann, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung trotz der Feststellung nicht erbringt.
Aktuelle Gerichtsurteile zur Vorausklage
Im Folgenden stellen wir Ihnen zwei aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Vorausklage vor, die Einblick in die Rechtsprechung geben:
Entscheidung des BGH vom 22. Februar 2018 (IX ZR 63/17)
In diesem Fall hatte ein Gläubiger eine Vorausklage gegen einen Schuldner erhoben, der eine Bürgschaft übernommen hatte. Die Klage sollte feststellen, dass der Schuldner zur Zahlung eines bestimmten Betrags verpflichtet sein wird, wenn der Hauptschuldner die geschuldete Leistung nicht erbringt. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass eine solche Vorausklage zulässig und begründet ist, wenn der Gläubiger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat und die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.
Entscheidung des OLG München vom 5. Dezember 2018 (7 U 2791/18)
Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein Grundstückseigentümer gegen einen Nachbarn eine Vorausklage erhoben hatte. Der Kläger wollte feststellen lassen, dass der Nachbar eine Entschädigungspflicht treffen wird, wenn seine Bäume ein benachbartes Grundstück beschädigen. Das Gericht entschied, dass eine solche Vorausklage zulässig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der frühzeitigen Klärung der Rechtslage hat.
FAQs zur Vorausklage
Wie lange dauert ein Vorausklageverfahren?
Die Dauer eines Vorausklageverfahrens kann je nach Komplexität des Falles und Auslastung der Gerichte stark variieren. In der Regel dauert ein solches Verfahren mehrere Monate bis hin zu über einem Jahr.
Was kostet eine Vorausklage?
Die Kosten einer Vorausklage setzen sich aus Gerichts- und Anwaltskosten zusammen. Dabei richten sich die Gerichtskosten nach dem Streitwert und die Anwaltskosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Je nach Streitwert und Umfang der anwaltlichen Tätigkeit können die Kosten mehrere Tausend Euro betragen.
Ist die Vorausklage im Arbeitsrecht zulässig?
Die Vorausklage kann grundsätzlich auch in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zulässig und sinnvoll sein, etwa wenn ein Arbeitnehmer feststellen lassen möchte, dass er nach Ablauf einer Befristung weiterbeschäftigt werden muss oder ein Arbeitgeber klären möchte, ob ein künftig fälliger Anspruch auf Abfindung besteht.
Kann ich die Vorausklage zurücknehmen?
Grundsätzlich können Sie eine bereits eingereichte Vorausklage zurücknehmen, solange das Gericht noch keine Entscheidung getroffen hat. Voraussetzung dafür ist allerdings das Einverständnis des Beklagten. Beachten Sie jedoch, dass Sie in einem solchen Fall in der Regel die Kosten des Verfahrens tragen müssen.
Fazit
Die Vorausklage im deutschen Recht ist ein Instrument zur präventiven Klärung von Rechtsverhältnissen und zur Sicherung von Ansprüchen, bevor diese entstehen. Sie dient dazu, Unsicherheiten und mögliche Streitigkeiten im Vorfeld zu vermeiden und rechtliche Klarheit zu schaffen. Dabei müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein, um eine Vorausklage erfolgreich durchzuführen. Darüber hinaus sollten die potenziellen Kosten und der zeitliche Aufwand abgewogen werden, bevor eine Vorausklage eingereicht wird.
Da die Materie der Vorausklage komplex ist und eine eingehende Prüfung des Einzelfalls erfordert, ist es sinnvoll, sich an einen erfahrenen Rechtsanwalt zu wenden, der die Voraussetzungen und Chancen einer Vorausklage beurteilen kann. Dadurch können Sie sicherstellen, dass Ihre Interessen optimal vertreten und etwaige Nachteile vermieden werden.
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.
Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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