Als erfahrener Rechtsanwalt habe ich viele Mandanten vertreten, die sich für ein Wiederaufnahmeverfahren entschieden haben, um ihre Chancen auf Gerechtigkeit zu erhöhen. In diesem Blog-Beitrag werde ich Ihnen eine umfassende Analyse des Wiederaufnahmeverfahrens in Deutschland geben. Ich werde Ihnen die rechtlichen Grundlagen, aktuelle Gesetze, Gerichtsurteile und FAQs vorstellen, um Ihnen ein tiefes Verständnis dieses wichtigen Rechtsinstruments zu vermitteln.

Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen für ein Wiederaufnahmeverfahren

Das Wiederaufnahmeverfahren ist ein außerordentliches Rechtsmittel im deutschen Straf- und Zivilprozessrecht. Es dient dazu, rechtskräftige Urteile aufzuheben und die Wiederaufnahme des Verfahrens zu ermöglichen, wenn neue Beweise oder Tatsachen vorliegen, die die Entscheidung des Gerichts in Frage stellen.

Wiederaufnahmeverfahren im Strafrecht

Im Strafrecht ist das Wiederaufnahmeverfahren in den §§ 359-373a der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich:

  • Ein neues, bisher unbekanntes oder unberücksichtigtes Beweismittel liegt vor, das allein oder in Verbindung mit den bereits vorhandenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder die Anwendung eines milderen Strafgesetzes bewirken würde (§ 359 Nr. 5 StPO).
  • Eine gerichtliche Entscheidung, auf der das Urteil beruht, wurde später aufgehoben oder für nichtig erklärt (§ 359 Nr. 1 StPO).
  • Falsches Zeugnis oder Gutachten, das für das Urteil von Bedeutung war (§ 359 Nr. 2 StPO).
  • Das Urteil beruht auf einer strafbaren Handlung, die zum Nachteil des Angeklagten begangen wurde (§ 359 Nr. 3 StPO).
  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat festgestellt, dass die Entscheidung gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt und die Wiederaufnahme des Verfahrens geboten ist (§ 359 Nr. 6 StPO).

Wiederaufnahmeverfahren im Zivilrecht

Im Zivilrecht ist das Wiederaufnahmeverfahren in den §§ 578-591 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Auch hier sind die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens eng begrenzt:

  • Neue, bisher unbekannte oder unberücksichtigte Beweismittel, die eine andere Entscheidung wahrscheinlich machen würden (§ 580 Nr. 1 ZPO).
  • Das Urteil beruht auf einer später aufgehobenen oder für nichtig erklärten Entscheidung (§ 580 Nr. 2 ZPO).
  • Falsches Zeugnis oder Gutachten, das für das Urteil von Bedeutung war (§ 580 Nr. 3 ZPO).
  • Das Urteil beruht auf einer strafbaren Handlung, die zum Nachteil des Antragstellers begangen wurde (§ 580 Nr. 4 ZPO).
  • Das Urteil wurde durch arglistige Täuschung oder Drohung erwirkt (§ 580 Nr. 5 ZPO).

Aktuelle Gesetze und Gerichtsurteile zum Wiederaufnahmeverfahren

Die Gesetze zum Wiederaufnahmeverfahren unterliegen ständigen Veränderungen und Anpassungen. Hier sind einige der wichtigsten aktuellen Gesetze und Gerichtsurteile, die Sie kennen sollten:

Gesetzesänderungen

Das Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren, das am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, hat auch das Wiederaufnahmeverfahren betroffen. So wurde die Regelung des § 359 Nr. 6 StPO eingeführt, die die Wiederaufnahme eines Verfahrens ermöglicht, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention festgestellt hat.

Aktuelle Gerichtsurteile

Im Folgenden sind einige aktuelle Gerichtsurteile zum Wiederaufnahmeverfahren aufgeführt:

  • Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.08.2019 – 1 StR 395/18: Der BGH hat in diesem Beschluss klargestellt, dass die Wiederaufnahme eines Verfahrens aufgrund einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (nach § 359 Nr. 6 StPO) nicht allein deshalb unzulässig ist, weil der Antragsteller nicht alle innerstaatlichen Rechtsmittel ausgeschöpft hat.
  • Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 07.08.2019 – 1 Ws 401/19: Das OLG Dresden entschied, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel (nach § 359 Nr. 5 StPO) auch dann möglich ist, wenn diese während des Verfahrens zwar bekannt waren, aber vom Verteidiger nicht vorgebracht wurden und der Angeklagte darauf vertraute, dass sein Verteidiger dies tun würde.
  • Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.10.2017 – 5 StR 505/16: Der BGH hat in diesem Beschluss betont, dass die Erhebung eines Wiederaufnahmeantrags im Strafverfahren nicht dazu führt, dass die Vollstreckung der verhängten Strafe automatisch ausgesetzt wird. Eine Aussetzung der Vollstreckung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, beispielsweise wenn die Durchsetzung der verhängten Freiheitsstrafe den Erfolg des Wiederaufnahmeverfahrens gefährden würde.

Häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Wiederaufnahmeverfahren

Im Folgenden beantworte ich einige häufig gestellte Fragen zum Wiederaufnahmeverfahren, um Ihnen ein besseres Verständnis dieses komplexen Themas zu ermöglichen:

Wer kann einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen?

Im Strafrecht können sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen. Im Zivilrecht ist der Antragsteller die Partei, die sich durch das rechtskräftige Urteil benachteiligt fühlt.

Gibt es Fristen für die Einreichung eines Wiederaufnahmeantrags?

Ja, es gibt Fristen, die beachtet werden müssen. Im Strafrecht beträgt die Frist für die Einreichung eines Wiederaufnahmeantrags drei Monate ab Kenntnis der neuen Tatsache oder des neuen Beweismittels (§ 362 StPO). Im Zivilrecht muss der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens innerhalb eines Monats nach Kenntnis der neuen Tatsache oder des neuen Beweismittels und spätestens fünf Jahre nach Zustellung des rechtskräftigen Urteils gestellt werden (§ 586 ZPO).

Kann ich einen Wiederaufnahmeantrag stellen, wenn ich bereits Berufung eingelegt habe?

Ja, die Einlegung einer Berufung schließt die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens nicht aus. Allerdings ist zu beachten, dass die Berufung und der Wiederaufnahmeantrag unterschiedliche Zwecke verfolgen und unterschiedliche Voraussetzungen haben. Während die Berufung auf eine Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils abzielt, dient das Wiederaufnahmeverfahren dazu, das Verfahren aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel neu aufzurollen.

Wie stehen die Erfolgsaussichten für ein Wiederaufnahmeverfahren?

Die Erfolgsaussichten für ein Wiederaufnahmeverfahren hängen von den individuellen Umständen des Falls ab. Generell sind die Hürden für ein Wiederaufnahmeverfahren jedoch hoch, da rechtskräftige Urteile nur in Ausnahmefällen aufgehoben werden sollen. Daher ist es wichtig, dass Sie sich von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten und vertreten lassen, um Ihre Chancen auf Erfolg zu erhöhen.

Fazit

Das Wiederaufnahmeverfahren ist ein wichtiges, aber komplexes Rechtsinstrument im deutschen Straf- und Zivilprozessrecht. Die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Wiederaufnahme eines Verfahrens sind eng begrenzt und hängen von den individuellen Umständen des Falls ab. Sollten Sie erwägen, ein Wiederaufnahmeverfahren einzuleiten, ist es unerlässlich, sich von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten und vertreten zu lassen, um Ihre Chancen auf Erfolg zu maximieren.

Haben Sie noch Fragen zum Wiederaufnahmeverfahren? Zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren. Als erfahrener Rechtsanwalt stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung, um Sie in Ihrem Rechtsfall zu unterstützen und Ihnen den bestmöglichen rechtlichen Beistand zu bieten.

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