Der Begriff „Willenserklärung“ ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Rechts, insbesondere des Zivilrechts. In diesem ausführlichen Blog-Beitrag werden wir uns eingehend mit dem Konzept der Willenserklärung beschäftigen, die verschiedenen Formen von Willenserklärungen, ihre Bedeutung und Rechtsfolgen sowie aktuelle Gerichtsurteile und FAQs auf diesem Gebiet. Als erfahrener Rechtsanwalt werde ich mein Wissen und meine Expertise in diesem Bereich teilen, um Ihnen ein umfassendes Verständnis davon zu vermitteln, wie Willenserklärungen im deutschen Recht funktionieren und wie sie in unserem täglichen Leben zum Einsatz kommen.

Inhaltsverzeichnis

Definition und Bedeutung der Willenserklärung

Die Willenserklärung ist ein unverzichtbarer Bestandteil des deutschen Rechts, insbesondere des Zivilrechts. Sie ist die Grundlage für das Zustandekommen von Verträgen und anderen rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen. Im Kern geht es bei einer Willenserklärung darum, dass eine Person durch eine Erklärung ihren Willen zum Ausdruck bringt, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen, wie zum Beispiel das Zustandekommen eines Kaufvertrags oder die Kündigung eines Mietverhältnisses.

Der Begriff „Willenserklärung“ setzt sich aus zwei Elementen zusammen:

  • Der „Wille“ bezieht sich auf die innere Entscheidung einer Person, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen. Dieser Wille muss auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet sein, also darauf, Rechte und Pflichten zu begründen, zu ändern oder aufzuheben.
  • Die „Erklärung“ ist die äußerliche Kundgabe dieses Willens, also die Mitteilung der Person an eine andere Person oder an die Öffentlichkeit, dass sie einen bestimmten rechtlichen Erfolg herbeiführen möchte. Die Erklärung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen, das heißt, sie kann sowohl durch ausdrückliche Worte als auch durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck gebracht werden.

Arten von Willenserklärungen

Willenserklärungen können in verschiedene Kategorien eingeteilt werden, abhängig von verschiedenen Kriterien:

Einseitige und mehrseitige Willenserklärungen

Einseitige Willenserklärungen sind solche, die von einer einzigen Person abgegeben werden und eine Rechtsfolge unmittelbar herbeiführen, ohne dass es einer weiteren Willenserklärung einer anderen Person bedarf. Beispiele für einseitige Willenserklärungen sind die Kündigung eines Arbeitsvertrags oder die Erteilung einer Vollmacht.

Mehrseitige Willenserklärungen hingegen setzen die Erklärungen von mindestens zwei Personen voraus, um eine Rechtsfolge herbeizuführen. Ein typisches Beispiel für eine mehrseitige Willenserklärung ist der Vertrag, bei dem beide Vertragsparteien ihre Willenserklärungen abgeben müssen, um den Vertrag wirksam abzuschließen.

Empfangsbedürftige und nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen

Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind solche, die einer anderen Person gegenüber abgegeben werden und erst dann wirksam werden, wenn sie der Empfänger zur Kenntnis nehmen konnte. Die meisten Willenserklärungen sind empfangsbedürftig, zum Beispiel die Kündigung eines Mietvertrags oder das Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags.

Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen hingegen werden unabhängig von der Kenntnisnahme einer anderen Person wirksam. Ein Beispiel dafür ist die Auslobung eines Finderlohns, bei der die Willenserklärung auch dann wirksam ist, wenn die potenziellen Finder von der Auslobung noch keine Kenntnis genommen haben.

Voraussetzungen einer wirksamen Willenserklärung

Damit eine Willenserklärung wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Handlungsfähigkeit des Erklärenden: Die Person, die die Willenserklärung abgibt, muss handlungsfähig sein, das heißrt, sie muss mindestens 18 Jahre alt sein oder im Falle von Minderjährigen ab 7 Jahren beschränkt geschäftsfähig nach § 104 BGB.
  2. Ernstliche Willensbildung: Der Erklärende muss einen ernsthaften Willen haben, die Rechtsfolge herbeizuführen. Scherzerklärungen, die lediglich zum Spaß abgegeben werden, sind nicht wirksam.
  3. Äußerliche Kundgabe: Die Willenserklärung muss in irgendeiner Form nach außen erkennbar sein, sei es durch ausdrückliche Worte oder durch schlüssiges Verhalten.
  4. Bestimmtheit und Klarheit: Die Willenserklärung muss inhaltlich bestimmt und klar sein, das heißt, sie muss eindeutig erkennen lassen, welche Rechtsfolge der Erklärende herbeiführen möchte.

Anfechtung von Willenserklärungen

Willenserklärungen können unter bestimmten Voraussetzungen angefochten und damit unwirksam gemacht werden. Die Anfechtung ist ein Rechtsinstitut, das es ermöglicht, eine bereits abgegebene Willenserklärung rückwirkend zu beseitigen, wenn bestimmte Anfechtungsgründe vorliegen. Die Anfechtung muss gemäß § 143 BGB ausdrücklich erklärt werden und ist an bestimmte Fristen gebunden.

Anfechtungsgründe sind im Wesentlichen:

  • Erklärungsirrtum (§ 119 Abs. 1 BGB): Der Erklärende hat sich beim Abgeben der Willenserklärung geirrt, zum Beispiel indem er sich versprochen oder verschrieben hat.
  • Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 2 BGB): Der Erklärende hat einen Irrtum über den Inhalt der Willenserklärung, das heißt, er wollte eine andere Rechtsfolge herbeiführen, als in der Erklärung zum Ausdruck kommt.
  • Fundamental oder Motivirrtum (§ 119 Abs. 2 BGB): Der Erklärende irrt sich über eine wesentliche Eigenschaft des Vertragsgegenstandes, die für ihn entscheidend ist, oder er irrt sich über die Motive, die ihn zur Abgabe der Willenserklärung veranlasst haben.
  • Arglistige Täuschung (§ 123 BGB): Eine andere Person hat den Erklärenden durch Täuschung bewusst in einen Irrtum geführt, um ihn zur Abgabe der Willenserklärung zu veranlassen.
  • Drohung (§ 123 BGB): Eine andere Person hat den Erklärenden durch Drohung zur Abgabe der Willenserklärung genötigt.

Rechtsfolgen von Willenserklärungen

Die Rechtsfolgen von Willenserklärungen sind vielfältig und hängen von der Art der Willenserklärung und der beabsichtigten Rechtsfolge ab. Einige mögliche Rechtsfolgen sind:

  • Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten und Pflichten, zum Beispiel durch den Abschluss eines Vertrags, die Kündigung eines Mietverhältnisses oder die Erteilung einer Vollmacht.
  • Eintritt von Verzug, zum Beispiel durch die Mahnung eines Schuldners.
  • Übergang von Rechten und Pflichten auf andere Personen, zum Beispiel durch die Abtretung einer Forderung oder die Übertragung eines Eigentumsrechts.
  • Entstehung von Schadensersatzansprüchen, zum Beispiel durch die Verletzung von Vertragspflichten oder die schuldhafte Verursachung eines Schadens.

Beispiele für Willenserklärungen im Alltag

Im täglichen Leben begegnen uns zahlreiche Situationen, in denen wir Willenserklärungen abgeben oder erhalten. Hier sind einige Beispiele:

  • Ein Kunde bestellt in einem Restaurant ein Essen, indem er dem Kellner seine Auswahl mitteilt – das ist eine Willenserklärung in Form eines Angebots zum Abschluss eines Kaufvertrags.
  • Ein Arbeitnehmer kündigt seinen Arbeitsvertrag, indem er seinem Arbeitgeber schriftlich mitteilt, dass er das Arbeitsverhältnis beenden möchte – das ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung.
  • Ein Autofahrer parkt sein Fahrzeug in einer Parkzone, die mit einem Parkscheinautomaten ausgestattet ist, und zieht einen Parkschein – das ist eine konkludente Willenserklärung, einen Mietvertrag über den Parkplatz abzuschließen.
  • Ein Käufer gibt auf einer Auktionsplattform ein Gebot für ein Produkt ab – das ist eine Willenserklärung in Form eines Angebots zum Abschluss eines Kaufvertrags.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Willenserklärung

Gerichtsurteile zum Thema Willenserklärung können wichtige Orientierungshilfen für die Auslegung und Anwendung von Willenserklärungen in der Praxis bieten. Hier sind einige aktuelle Beispiele:

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.01.2019, Az. VIII ZR 225/17: In diesem Urteil stellte der BGH klar, dass die Kündigung eines Mietvertrags durch den Vermieter auch dann wirksam ist, wenn sie lediglich den Nachnamen und nicht den vollständigen Namen des Mieters enthält. Der BGH betonte, dass für die Wirksamkeit einer Willenserklärung entscheidend ist, dass der Empfänger den Inhalt der Erklärung und die Absicht des Erklärenden erkennen kann.
  • Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.08.2018, Az. 2 AZR 133/18: Das BAG entschied, dass die Kündigung eines Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber auch dann wirksam ist, wenn sie in deutlicher Schriftgröße und gut lesbar am schwarzen Brett des Betriebs ausgehängt wird, sofern der Arbeitnehmer tatsächlich Kenntnis von der Kündigung erlangt.
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 16.11.2017, Az. I-28 U 94/16: Das OLG Hamm befasste sich in diesem Urteil mit der Frage, ob eine Willenserklärung auch dann wirksam ist, wenn sie in einer fremden Sprache abgegeben wird. Das Gericht entschied, dass eine solche Willenserklärung grundsätzlich wirksam ist, wenn der Empfänger die fremde Sprache versteht oder wenn ein Dolmetscher zur Verfügung steht.

FAQs zur Willenserklärung

Im Folgenden finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema Willenserklärung:

Kann eine Willenserklärung auch mündlich abgegeben werden?

Grundsätzlich können Willenserklärungen sowohl mündlich als auch schriftlich abgegeben werden, sofern das Gesetz keine bestimmte Form vorschreibt, wie zum Beispiel die Schriftform für die Kündigung eines Mietvertrags. Die mündliche Abgabe einer Willenserklärung kann jedoch in der Praxis zu Beweisschwierigkeiten führen.

Wie kann ich eine unwirksame Willenserklärung korrigieren?

Wenn Sie eine unwirksame Willenserklärung abgegeben haben, können Sie diese grundsätzlich durch eine neue, wirksame Willenserklärung ersetzen, sofern keine Fristen oder sonstigen Voraussetzungen entgegenstehen. Im Falle einer Anfechtung müssen Sie die Anfechtung gemäß § 143 BGB ausdrücklich erklären und die korrigierte Willenserklärung abgeben.

Kann eine Willenserklärung widerrufen werden?

Grundsätzlich können Willenserklärungen nicht einseitig widerrufen werden, es sei denn, das Gesetz sieht ein Widerrufsrecht vor, wie zum Beispiel bei Verbraucherverträgen. In solchen Fällen muss der Widerruf innerhalb der gesetzlichen Frist und in der vorgeschriebenen Form erklärt werden.

Wie lange ist eine Willenserklärung gültig?

Die Gültigkeitsdauer einer Willenserklärung hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich bleibt eine Willenserklärung solange gültig, bis die beabsichtigte Rechtsfolge eingetreten oder endgültig gescheitert ist, es sei denn, es gelten gesetzliche oder vertragliche Fristen oder Verjährungsregelungen.

Was ist der Unterschied zwischen einer Willenserklärung und einer rechtsgeschäftlichen Handlung?

Die Willenserklärung ist die äußerliche Kundgabe des Willens einer Person, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen. Eine rechtsgeschäftliche Handlung hingegen ist ein umfassenderer Begriff, der neben der Willenserklärung auch andere Elemente, wie zum Beispiel Vertragsbedingungen oder die Erfüllung von Vertragspflichten, umfasst. Die Willenserklärung ist somit ein wesentlicher Bestandteil einer rechtsgeschäftlichen Handlung.

Wann muss eine Willenserklärung schriftlich abgegeben werden?

Eine Willenserklärung muss dann schriftlich abgegeben werden, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorschreibt, wie zum Beispiel bei der Kündigung eines Mietvertrags oder der Aufhebung eines Gesellschaftsvertrags. In anderen Fällen kann eine Schriftform auch vertraglich vereinbart werden oder sich aus den Umständen ergeben, zum Beispiel wenn es um komplexe Vertragsvereinbarungen geht, die einer detaillierten Dokumentation bedürfen.

Wie kann ich eine Willenserklärung anfechten?

Um eine Willenserklärung anzufechten, müssen Sie gemäß § 143 BGB eine ausdrückliche Anfechtungserklärung abgeben und die Anfechtungsgründe sowie die gesetzlichen Fristen beachten. Die Anfechtungserklärung sollte schriftlich erfolgen und an denjenigen gerichtet sein, gegenüber dem die Willenserklärung abgegeben wurde. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtung wird die Willenserklärung rückwirkend unwirksam.

Wer haftet bei unwirksamen Willenserklärungen?

Bei unwirksamen Willenserklärungen kommt es darauf an, ob die Unwirksamkeit auf einen Fehler des Erklärenden oder des Empfängers zurückzuführen ist. Im Falle eines Fehlers des Erklärenden, wie zum Beispiel einer Scherzerklärung oder eines Irrtums, kann der Erklärende unter Umständen zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn der Empfänger aufgrund der unwirksamen Willenserklärung einen Schaden erleidet. Im Falle eines Fehlers des Empfängers, wie zum Beispiel einer arglistigen Täuschung, kann der Empfänger schadensersatzpflichtig sein.

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