Als erfahrener Rechtsanwalt im Bereich Zivilrecht möchte ich Ihnen in diesem Blog-Beitrag das Zwischenurteil näherbringen. Dieses Urteil ist ein wichtiger Aspekt innerhalb des Zivilprozesses, der oft unterschätzt wird und für viele ein Rätsel bleibt. In den folgenden Abschnitten werde ich Ihnen die verschiedenen Aspekte des Zwischenurteils erläutern, einschließlich seiner Definition, der Gesetzesgrundlage, der Anwendung und der möglichen Folgen für die Parteien eines Rechtsstreits.

Inhaltsverzeichnis

Definition und Zweck des Zwischenurteils

Ein Zwischenurteil ist ein Urteil, das während eines laufenden Gerichtsverfahrens und vor dem abschließenden Endurteil ergeht. Im Gegensatz zum Endurteil, das eine vollständige und abschließende Entscheidung über alle strittigen Punkte in einem Rechtsstreit trifft, dient das Zwischenurteil dazu, bestimmte rechtliche oder tatsächliche Fragen zu klären, die für die Entscheidung des Rechtsstreits relevant sind, aber nicht das gesamte Verfahren abschließen. Der Hauptzweck des Zwischenurteils besteht darin, den Gerichtsprozess effizienter und schneller zu gestalten, indem strittige Punkte geklärt werden, bevor das Endurteil gefällt wird.

Gesetzliche Grundlage

Die rechtliche Grundlage für das Zwischenurteil findet sich in der Zivilprozessordnung (ZPO). Die folgenden Regelungen sind dabei von besonderer Bedeutung:

  • § 304 ZPO: Zulässigkeit des Zwischenurteils
  • § 305 ZPO: Inhalt des Zwischenurteils
  • § 306 ZPO: Rechtsmittel gegen das Zwischenurteil
  • § 307 ZPO: Vollstreckbarkeit des Zwischenurteils

Die Bestimmungen der ZPO regeln unter anderem die Zulässigkeit, den Inhalt, die Rechtsmittel und die Vollstreckbarkeit von Zwischenurteilen.

Antrag auf Zwischenurteil

Ein Zwischenurteil kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen durch das Gericht erlassen werden. Dabei sind die folgenden Voraussetzungen zu beachten:

  • Es besteht eine streitige Rechtsfrage oder Tatsachenfrage, die für die Entscheidung des Rechtsstreits relevant ist.
  • Die Entscheidung über diese Frage würde zur Erledigung eines Teils des Rechtsstreits führen, ohne das gesamte Verfahren abzuschließen.
  • Die Entscheidung über diese Frage ist im Interesse der Prozessökonomie, um den Gerichtsprozess effizienter zu gestalten.

Ein Antrag auf Zwischenurteil sollte daher immer begründet werden und die oben genannten Voraussetzungen erfüllen.

Anwendungsfälle und Beispiele

Zwischenurteile können in einer Vielzahl von Fällen sinnvoll sein. Nachfolgend finden Sie einige Beispiele:

  • Haftungsfragen: In einem Verkehrsunfallprozess kann das Gericht ein Zwischenurteil über die Haftungsverteilung zwischen den beteiligten Parteien erlassen, bevor es sich der Frage der Schadenshöhe zuwendet.
  • Verjährung: In einem Verfahren wegen einer Forderung aus einem Vertrag kann das Gericht ein Zwischenurteil darüber erlassen, ob die geltend gemachte Forderung verjährt ist oder nicht.
  • Wirksamkeit von Kündigungen: In einem Kündigungsschutzprozess kann das Gericht ein Zwischenurteil darüber erlassen, ob die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wirksam ist oder nicht, bevor es sich der Frage der möglichen Abfindung oder Wiedereinstellung zuwendet.

Folgen des Zwischenurteils

Das Zwischenurteil hat verschiedene Folgen für die Parteien und den weiteren Verlauf des Gerichtsverfahrens:

  • Das Gericht entscheidet über eine zentrale Frage des Rechtsstreits, ohne jedoch das gesamte Verfahren abzuschließen. Das Endurteil bleibt demnach noch offen.
  • Die Parteien haben die Möglichkeit, gegen das Zwischenurteil Rechtsmittel einzulegen, etwa Berufung oder Revision, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind (vgl. § 306 ZPO).
  • Das Zwischenurteil kann vollstreckbar sein, etwa wenn es eine Verurteilung zur Zahlung eines Geldbetrags enthält. Die Vollstreckbarkeit des Zwischenurteils richtet sich nach den Bestimmungen des § 307 ZPO.
  • Die Entscheidung im Zwischenurteil hat Bindungswirkung für das weitere Verfahren, das heißt, das Gericht und die Parteien müssen die im Zwischenurteil getroffenen Feststellungen als gegeben hinnehmen.

Aktuelle Gerichtsurteile

Im Folgenden finden Sie eine Auswahl aktueller Gerichtsurteile, die die Anwendung und die Bedeutung des Zwischenurteils in der Praxis verdeutlichen:

  • Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.05.2018, Az. 2 AZR 71/18: In diesem Fall ging es um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung im Arbeitsrecht. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass das Landesarbeitsgericht zu Recht ein Zwischenurteil über die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung erlassen hatte und verwies den Rechtsstreit zurück an das Landesarbeitsgericht zur Entscheidung über die geltend gemachte ordentliche Kündigung.
  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.02.2018, Az. VIII ZR 46/17: In diesem Fall entschied der Bundesgerichtshof, dass das Berufungsgericht zu Unrecht ein Zwischenurteil über die Frage der Verjährung erlassen hatte, weil die Frage der Verjährung bereits im ersten Rechtszug durch das Amtsgericht abschließend geklärt worden war.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.06.2017, Az. 24 U 110/16: Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main erklärte in diesem Fall ein Zwischenurteil für zulässig, das die Frage der Haftungsverteilung bei einem Verkehrsunfall betraf, und verwies den Rechtsstreit zurück an das Landgericht zur Entscheidung über die Höhe des Schadenersatzes.

FAQs zum Zwischenurteil

Was ist ein Zwischenurteil?

Ein Zwischenurteil ist ein Urteil, das während eines laufenden Gerichtsverfahrens und vor dem abschließenden Endurteil ergeht. Es dient dazu, bestimmte rechtliche oder tatsächliche Fragen zu klären, die für die Entscheidung des Rechtsstreits relevant sind, aber nicht das gesamte Verfahren abschließen.

Wann ist ein Zwischenurteil zulässig?

Ein Zwischenurteil ist zulässig, wenn es eine streitige Rechtsfrage oder Tatsachenfrage betrifft, die für die Entscheidung des Rechtsstreits relevant ist, und wenn die Entscheidung über diese Frage zur Erledigung eines Teils des Rechtsstreits führen würde, ohne das gesamte Verfahren abzuschließen. Zudem muss die Entscheidung im Interesse der Prozessökonomie liegen.

Wie beantrage ich ein Zwischenurteil?

Ein Zwischenurteil kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen durch das Gericht erlassen werden. Ein Antrag auf Zwischenurteil sollte begründet werden und die Voraussetzungen für dessen Zulässigkeit erfüllen.

Welche Folgen hat ein Zwischenurteil?

Ein Zwischenurteil hat verschiedene Folgen, wie etwa die Bindungswirkung der Entscheidung für das weitere Verfahren, die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsmitteln gegen das Urteil und die Vollstreckbarkeit des Zwischenurteils unter bestimmten Voraussetzungen.

Kann ich gegen ein Zwischenurteil Berufung einlegen?

Ja, gegen ein Zwischenurteil kann Berufung eingelegt werden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind (vgl. § 306 ZPO).

Fazit

Das Zwischenurteil ist ein wichtiges Instrument im Zivilprozess, das dazu beiträgt, den Gerichtsprozess effizienter und schneller zu gestalten. Es ermöglicht die Klärung von strittigen Punkten vor dem Endurteil, was den Parteien und dem Gericht helfen kann, Zeit und Ressourcen zu sparen. Sowohl die Antragstellung als auch die Handhabung eines Zwischenurteils erfordern jedoch juristisches Fachwissen und Erfahrung. Daher ist es ratsam, sich bei Fragen rund um das Zwischenurteil an einen erfahrenen Rechtsanwalt zu wenden.

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