Arbeitnehmer täuscht Krankheit vor – Ein komplexes und vielschichtiges Problem, das Arbeitgebern häufig Kopfzerbrechen bereitet. In diesem umfangreichen Beitrag gehen wir detailliert auf die verschiedenen Aspekte dieses Themas ein, erläutern rechtliche Grundlagen und Handlungsoptionen für Arbeitgeber. Zudem geben wir Ihnen relevante Praxisbeispiele, die Ihnen dabei helfen, ein besseres Verständnis für dieses Thema zu erlangen. Die Bedeutung dieses Themas liegt vor allem in den möglichen rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen, die sich für Arbeitgeber ergeben können. Darüber hinaus kann eine vorgetäuschte Krankheit auch auf andere Weise negative Auswirkungen auf ein Unternehmen und seine Mitarbeiter haben.

Inhaltsverzeichnis:

  • Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen
  • Anzeichen und Indizien für vorgetäuschte Krankheit
  • Handlungsoptionen für Arbeitgeber
  • Rechtliche Konsequenzen für Arbeitnehmer
  • Wie kann man als Arbeitgeber vorbeugen?
  • Praxisbeispiele und Fallstudien
  • Häufig gestellte Fragen

Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen

Die rechtlichen Grundlagen für die Handlungsoptionen des Arbeitgebers im Falle einer vorgetäuschten Krankheit eines Arbeitnehmers finden sich im Wesentlichen im Bereich des Arbeitsrechts. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Gesetze und Regelungen für dieses Thema kurz dargestellt:

  • Arbeitsvertrag: Hierin sind die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers und Arbeitgebers festgelegt, einschließlich der Pflicht zur Leistung von Arbeit und des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Im BGB sind unter anderem Regelungen zum Arbeitsverhältnis und zum allgemeinen Schuldrecht enthalten. Insbesondere § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet beide Vertragsparteien zur Rücksichtnahme und Zusammenarbeit.
  • Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG): Dieses Gesetz regelt die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für Arbeitnehmer, die mindestens vier Wochen im Unternehmen beschäftigt sind. Nach § 5 EntgFG muss der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) spätestens am dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorlegen.
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG): In diesem Gesetz sind unter anderem die Gründe für eine wirksame ordentliche oder außerordentliche Kündigung geregelt. Eine vorgetäuschte Krankheit kann hierbei als außerordentlicher Kündigungsgrund herangezogen werden, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Anzeichen und Indizien für vorgetäuschte Krankheit

Wenn ein Arbeitgeber den Verdacht hat, dass ein Mitarbeiter eine Krankheit nur vortäuscht, gibt es verschiedene Anzeichen und Indizien, die auf einen solchen Fall hindeuten können. Zu den häufigsten Anzeichen gehören:

  • Häufige und kurzfristige Fehlzeiten, oft an bestimmten Wochentagen oder im Anschluss an einen Urlaub
  • Fehlzeiten ohne ärztliche Bescheinigung oder mit unglaubwürdigen Attesten
  • Auffälliges Verhalten oder unerwartet schnelle Genesung außerhalb des Arbeitsplatzes
  • Hinweise von anderen Mitarbeitern oder Berichten aus dem privaten Umfeld des Arbeitnehmers
  • Konflikte oder Unzufriedenheit im Arbeitsumfeld des betreffenden Mitarbeiters

Es ist wichtig zu betonen, dass diese Anzeichen und Indizien für sich genommen keine hinreichenden Beweise für eine vorgetäuschte Krankheit darstellen. Sie können jedoch als Grundlage für weitere Untersuchungen und Maßnahmen dienen, um den Sachverhalt aufzuklären.

Handlungsoptionen für Arbeitgeber

Bei einem begründeten Verdacht auf eine vorgetäuschte Krankheit stehen dem Arbeitgeber verschiedene Handlungsoptionen zur Verfügung:

  1. Kommunikation mit dem Arbeitnehmer: Als erster Schritt ist es empfehlenswert, offen mit dem betroffenen Mitarbeiter zu sprechen und ihm die Möglichkeit zu geben, seinen Standpunkt zu erklären. In einigen Fällen kann ein offenes Gespräch bereits zur Aufklärung des Sachverhalts bzw. zur Beilegung von Missverständnissen führen.
  2. Einschaltung von Kontrollinstanzen: Wenn der Verdacht trotz Gespräch mit dem Mitarbeiter weiter bestehen bleibt, kann der Arbeitgeber eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) veranlassen. In besonderen Fällen kann auch die Einschaltung eines Detektivbüros zur Aufklärung infrage kommen.
  3. Abmahnung: Liegen konkrete Beweise für eine vorgetäuschte Krankheit vor, kann der Arbeitgeber gegenüber dem Mitarbeiter eine Abmahnung aussprechen, in der das Fehlverhalten klar benannt wird und die Konsequenzen für den Fall einer Wiederholung aufgezeigt werden.
  4. Kündigung: Je nach Schwere des Fehlverhaltens und bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen (z. B. Wiederholungsfälle) kann eine ordentliche oder außerordentliche (fristlose) Kündigung in Betracht gezogen werden.
  5. Schadensersatzansprüche: Bei nachweislich vorgetäuschten Krankheiten kann der Arbeitgeber in bestimmten Fällen auch Schadenersatzansprüche gegen den Mitarbeiter geltend machen, beispielsweise für entstandene Kosten (Detektivkosten) oder entgangenen Gewinn.

Da die Handlungsoptionen im Einzelfall von verschiedenen Faktoren abhängen, sollte sich der Arbeitgeber immer in enger Zusammenarbeit mit einem im Arbeitsrecht erfahrenen Rechtsanwalt beraten lassen.

Rechtliche Konsequenzen für Arbeitnehmer

Die rechtlichen Konsequenzen für Arbeitnehmer, die eine Krankheit vorgetäuscht haben, können vielfältig sein und hängen von verschiedenen Faktoren ab. Im Wesentlichen sind folgende Konsequenzen denkbar:

  • Abmahnung: Eine Abmahnung dient dazu, den Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hinzuweisen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich in Zukunft entsprechend dem Arbeitsvertrag zu verhalten. Bei wiederholten Verstößen kann dies jedoch Grundlage für eine fristgerechte Kündigung sein.
  • Ordentliche Kündigung: Wenn der Arbeitgeber den Nachweis einer vorgetäuschten Krankheit erbringen kann und bereits Abmahnungen erfolglos geblieben sind, kann er eine ordentliche Kündigung aussprechen, die an die gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen gebunden ist.
  • Außerordentliche Kündigung: In schwerwiegenden Fällen kann auch eine fristlose Kündigung im Raum stehen. Hierfür muss das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig gestört sein und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sein.
  • Schadensersatzansprüche: In einigen Fällen kann der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer Schadensersatz verlangen, beispielsweise wenn durch die vorgetäuschte Krankheit ein betrieblicher Schaden (z. B. entgangene Gewinne) entstanden ist oder Kosten für die Aufklärung des Sachverhalts (z. B. Detektivkosten) angefallen sind.
  • Strafrechtliche Folgen: In besonders schweren Fällen – beispielsweise bei nachweislicher Urkundenfälschung oder Betrug – kann es auch zu strafrechtlichen Konsequenzen für den Arbeitnehmer kommen.

Wie kann man als Arbeitgeber vorbeugen?

Um als Arbeitgeber vorzubeugen und möglichen Missbrauchsfällen entgegenzuwirken, gibt es verschiedene Maßnahmen, die implementiert werden können:

  • Förderung eines offenen und positiven Arbeitsklimas, in dem Mitarbeiter sich wohlfühlen und Konflikte offen angesprochen werden können
  • Regelmäßige Mitarbeitergespräche, bei denen persönliche und berufliche Anliegen besprochen und ggf. Lösungen erarbeitet werden können
  • Flexibles Arbeiten ermöglichen, z. B. durch Gleitzeit, Homeoffice oder Teilzeitarbeit, um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu unterstützen
  • Klare und transparente Regelungen zum Umgang mit Krankmeldungen und Fehlzeiten im Unternehmen festlegen
  • Präventive Maßnahmen zur Gesundheitsförderung anbieten, z. B. betriebliche Gesundheitsprogramme, Fortbildungen oder Sportangebote
  • Einsatz digitaler Tools zur Fehlzeitenanalyse und Überwachung von Auffälligkeiten

Indem Arbeitgeber solche Maßnahmen ergreifen und auf eine präventive und wertschätzende Personalpolitik setzen, können sie dazu beitragen, möglichen Missbrauchsfällen im Bereich der Krankmeldungen vorzubeugen und das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu stärken.

Praxisbeispiele und Fallstudien

Anhand von Praxisbeispielen und Fallstudien möchten wir Ihnen aufzeigen, wie die Handlungsoptionen für Arbeitgeber im Bereich der vorgetäuschten Krankmeldungen in der Praxis aussehen können und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen:

Fallstudie 1: Verdächtige Fehlzeiten nach Urlaub

In einem mittelständischen Unternehmen fiel auf, dass ein Mitarbeiter regelmäßig kurz nach seinem Urlaub krankmeldete. Nach einem offenen Gespräch mit dem Mitarbeiter und der Prüfung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen stellte sich heraus, dass der Mitarbeiter tatsächlich gesundheitliche Probleme hatte, die jedoch mit seinem Beruf in Zusammenhang standen. Der Arbeitgeber und der betroffene Mitarbeiter einigten sich auf eine innerbetriebliche Versetzung, um den gesundheitlichen Belastungen entgegenzuwirken.

Fallstudie 2: Fehlzeiten ohne ärztliche Bescheinigung

In einem Handwerksbetrieb häuften sich Fehlzeiten bei einem Mitarbeiter, für die keine ärztliche Bescheinigung vorgelegt wurde. Nach einer Abmahnung und dem Einschalten des medizinischen Dienstes der Krankenkasse zeigte sich, dass der Mitarbeiter tatsächlich vorgetäuschte Krankheiten geltend gemacht hatte. In der Folge wurde dem Mitarbeiter fristgerecht gekündigt und Schadenersatz für entstandene Kosten geltend gemacht.

Fallstudie 3: Unerwartet schnelle Genesung außerhalb des Arbeitsplatzes

Ein Arbeitnehmer wurde von Kollegen dabei beobachtet, wie er während seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit intensive sportliche Aktivitäten ausgeübt hatte. Der Arbeitgeber schaltete einen Detektiv ein, der den Mitarbeiter bei weiteren Aktivitäten beobachtete, die nicht zu seiner behaupteten Krankheit passten. In diesem Fall wurde eine außerordentliche, fristlose Kündigung ausgesprochen, die jedoch später vor dem Arbeitsgericht in eine ordentliche Kündigung umgewandelt wurde, da das Verhalten zwar Vertrauensbruch darstellte, aber das Arbeitsverhältnis bis dato unproblematisch verlaufen war und eine Abmahnung keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.

Häufig gestellte Fragen

Im Folgenden beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zu diesem Thema.

Wie muss ein Arbeitgeber vorgehen, wenn er den Verdacht auf eine vorgetäuschte Krankheit hat?

Der erste Schritt sollte ein offenes Gespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter sein. Anschließend können weitere Maßnahmen wie die Überprüfung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den MDK oder das Einschalten eines Detektivs in Erwägung gezogen werden. Vor dem Ergreifen rechtlicher Schritte (z. B. Abmahnung, Kündigung) ist die Beratung durch einen im Arbeitsrecht erfahrenen Anwalt empfehlenswert.

Wann ist eine fristlose Kündigung aufgrund von vorgetäuschter Krankheit möglich?

Eine fristlose Kündigung ist bei einer vorgetäuschten Krankheit möglich, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig gestört ist und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Eine Abmahnung ist in solchen Fällen allerdings oft erforderlich, bevor ein Arbeitsgericht eine außerordentliche Kündigung akzeptiert. Eine genaue Einschätzung kann nur im Einzelfall und unter Berücksichtigung aller Umstände getroffen werden.

Kann ein Mitarbeiter, der eine Krankheit vortäuscht, zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet werden?

Ja, in bestimmten Fällen kann ein Mitarbeiter zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet werden, wenn durch die vorgetäuschte Krankheit ein betrieblicher Schaden (z. B. entgangene Gewinne) entstanden ist oder Kosten für die Aufklärung des Sachverhalts (z. B. Detektivkosten) angefallen sind.

Fazit

Arbeitnehmer, die Krankheit vortäuschen, stellen für Arbeitgeber ein komplexes Problem dar, das sowohl rechtliche als auch wirtschaftliche und organisatorische Konsequenzen haben kann. Die rechtlichen Handlungsoptionen des Arbeitgebers reichen von der Kommunikation mit dem Mitarbeiter über Abmahnung und Kündigung bis hin zu Schadensersatzforderungen oder dem Einsatz von Detektiven zur Aufklärung des Sachverhalts.

Um solche Situationen zu vermeiden, können Arbeitgeber präventive Maßnahmen ergreifen, indem sie ein positives Arbeitsklima fördern, regelmäßige Mitarbeitergespräche führen und flexible Arbeitsbedingungen schaffen. Dabei gilt es, im Verdachtsfall individuell abzuwägen, welche Maßnahmen angemessen sind und wie die Situation in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Rechtsanwalt bewältigt werden kann.

Die Kenntnis der rechtlichen Grundlagen, Handlungsoptionen und möglichen Konsequenzen sowie die Bereitschaft, präventiv auf die Mitarbeitergesundheit und Zufriedenheit einzugehen, stellen für Arbeitgeber wichtige Faktoren dar, um langfristig erfolgreich und vertrauensvoll mit ihrem Personal zusammenzuarbeiten und möglichen Missbrauchsfällen im Bereich der Krankmeldungen zu begegnen.

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