Ausscheiden von Gesellschaftern

Das Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Gesellschaft ist ein häufiges Ereignis im Unternehmensalltag. Es kann unterschiedliche Gründe haben, wie z. B. den Verkauf von Geschäftsanteilen, das Erreichen des Rentenalters oder Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftern.

In diesem umfassenden Blog-Beitrag, der von einem erfahrenen Rechtsanwalt verfasst wurde, erfahren Sie alles Wissenswerte über den Ablauf und die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Ausscheiden von Gesellschaftern. Dabei werden zentrale Fragen geklärt, aktuelle Gerichtsurteile beleuchtet und die wichtigsten Gesetze detailliert erläutert.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen zum Ausscheiden von Gesellschaftern

Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Dabei sind verschiedene rechtliche Aspekte zu beachten, die im Folgenden erläutert werden:

  • Freiwilliges Ausscheiden: Ein Gesellschafter kann freiwillig aus der Gesellschaft ausscheiden, indem er seinen Geschäftsanteil an einen anderen Gesellschafter oder an einen Dritten verkauft oder verschenkt. Dabei sind die Regelungen im Gesellschaftsvertrag zu beachten, die z. B. ein Vorkaufsrecht der übrigen Gesellschafter oder eine Zustimmungspflicht bei der Übertragung vorsehen können.
  • Ausscheiden durch Kündigung: Ein Gesellschafter kann seinen Gesellschaftsanteil auch durch Kündigung aufgeben. Die Kündigungsfristen und -voraussetzungen sind in den jeweiligen Gesetzen und Gesellschaftsverträgen geregelt.
  • Ausscheiden durch Tod: Stirbt ein Gesellschafter, so tritt in der Regel dessen Rechtsnachfolger (z. B. Erben) in die Gesellschaft ein. In vielen Gesellschaftsverträgen ist jedoch auch eine Regelung vorgesehen, dass im Todesfall der Gesellschaftsanteil auf die übrigen Gesellschafter übergeht oder die Gesellschaft aufgelöst wird.
  • Ausscheiden durch Ausschluss: Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Die Gründe für einen Ausschluss müssen im Gesellschaftsvertrag geregelt sein und können z. B. bei groben Pflichtverletzungen oder Zahlungsunfähigkeit des Gesellschafters vorliegen.

Unterschiedliche Gesellschaftsformen und rechtliche Besonderheiten

Die rechtlichen Regelungen und Besonderheiten beim Ausscheiden von Gesellschaftern hängen von der jeweiligen Gesellschaftsform ab. Im Folgenden werden die wichtigsten Gesellschaftsformen und ihre spezifischen Regelungen zum Ausscheiden von Gesellschaftern erläutert:

GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts)

Die GbR ist die einfachste Form einer Personengesellschaft und wird durch den Gesellschaftsvertrag zwischen den Gesellschaftern begründet. Das Ausscheiden eines Gesellschafters ist in § 738 BGB geregelt. Danach hat ein ausscheidender Gesellschafter Anspruch auf Abfindung in Höhe des Wertes seines Anteils am Gesellschaftsvermögen. Bei Streitigkeiten über die Höhe der Abfindung kann ein Schiedsgutachter eingesetzt werden.

OHG (Offene Handelsgesellschaft)

Die OHG ist eine Handelsgesellschaft, bei der alle Gesellschafter persönlich und unbeschränkt haften. Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer OHG ist in den §§ 131, 133 HGB geregelt. Grundsätzlich gilt auch hier ein Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters. Besonderheit bei der OHG ist jedoch, dass der ausscheidende Gesellschafter für fünf Jahre nach seinem Ausscheiden für die Verbindlichkeiten der OHG haftet, die vor seinem Ausscheiden entstanden sind.

KG (Kommanditgesellschaft)

Die KG ist eine Handelsgesellschaft, bei der neben den persönlich und unbeschränkt haftenden Komplementären auch beschränkt haftende Kommanditisten beteiligt sind. Das Ausscheiden eines Kommanditisten ist in den §§ 161, 167 HGB geregelt. Der ausscheidende Kommanditist hat ebenfalls einen Abfindungsanspruch, wobei die Höhe der Abfindung von der Bewertung des Gesellschaftsanteils abhängt. Im Gegensatz zur OHG haftet der ausscheidende Kommanditist jedoch nur bis zur Höhe seiner Haftungssumme und nur für Verbindlichkeiten, die vor seinem Ausscheiden entstanden sind.

GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung)

Die GmbH ist eine Kapitalgesellschaft, bei der die Haftung der Gesellschafter auf ihre Geschäftsanteile beschränkt ist. Das Ausscheiden von Gesellschaftern einer GmbH ist in den §§ 15, 56, 57 GmbHG geregelt. Grundsätzlich kann ein Gesellschafter seinen Geschäftsanteil an einen anderen Gesellschafter oder an einen Dritten veräußern oder vererben. Allerdings können im Gesellschaftsvertrag Einschränkungen wie Vorkaufsrechte oder Zustimmungserfordernisse vorgesehen sein. Ein Abfindungsanspruch ist bei der GmbH nicht gesetzlich vorgesehen, kann jedoch im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden.

AG (Aktiengesellschaft)

Die AG ist eine Kapitalgesellschaft, bei der das Grundkapital in Aktien zerlegt ist. Das Ausscheiden von Aktionären ist in den §§ 71, 122, 186 AktG geregelt. Aktionäre können grundsätzlich frei über ihre Aktien verfügen, indem sie diese verkaufen oder verschenken. Ein Abfindungsanspruch ist bei der AG nicht vorgesehen, jedoch können Aktionäre im Rahmen von Squeeze-out-Verfahren oder bei der Umwandlung der AG in eine andere Rechtsform eine gesetzlich geregelte Abfindung erhalten.

Ablauf beim Ausscheiden eines Gesellschafters

Der Ablauf beim Ausscheiden eines Gesellschafters variiert je nach Gesellschaftsform und den im Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen. Im Folgenden wird ein allgemeiner Ablauf skizziert, der für die meisten Gesellschaftsformen zutreffend ist:

  1. Entscheidung zum Ausscheiden: Der Gesellschafter trifft die Entscheidung, aus der Gesellschaft auszuscheiden, und informiert die übrigen Gesellschafter über seinen Entschluss.
  2. Einigung über Modalitäten: Die Gesellschafter einigen sich über die Modalitäten des Ausscheidens, wie z. B. die Höhe der Abfindung, den Zeitpunkt des Ausscheidens oder die Übertragung von Geschäftsanteilen.
  3. Änderung des Gesellschaftsvertrages: Der Gesellschaftsvertrag wird entsprechend den getroffenen Vereinbarungen geändert und von allen Gesellschaftern unterschrieben.
  4. Eintragung im Handelsregister: Bei handelsregisterpflichtigen Gesellschaften (z. B. OHG, KG, GmbH, AG) wird das Ausscheiden des Gesellschafters im Handelsregister eingetragen.
  5. Auszahlung der Abfindung: Der ausscheidende Gesellschafter erhält die vereinbarte Abfindung, sofern ein Abfindungsanspruch besteht.
  6. Übergabe von Geschäftsunterlagen: Der ausscheidende Gesellschafter übergibt alle relevanten Geschäftsunterlagen und übergibt seine bisherigen Aufgaben an die verbleibenden Gesellschafter oder einen Nachfolger.

Gesetzliche Grundlagen und Regelungen zum Ausscheiden von Gesellschaftern

Die gesetzlichen Grundlagen zum Ausscheiden von Gesellschaftern unterscheiden sich je nach Gesellschaftsform. Im Folgenden werden die wichtigsten gesetzlichen Regelungen für die einzelnen Gesellschaftsformen dargestellt:

  • GbR: §§ 705-740 BGB, insbesondere § 738 BGB (Abfindung beim Ausscheiden)
  • OHG: §§ 105-160 HGB, insbesondere §§ 131, 133 HGB (Ausscheiden und Haftung nach Ausscheiden)
  • KG: §§ 161-177 HGB, insbesondere §§ 161, 167 HGB (Ausscheiden und Haftung nach Ausscheiden von Kommanditisten)
  • GmbH: §§ 15, 56, 57 GmbHG (Übertragung von Geschäftsanteilen)
  • AG: §§ 71, 122, 186 AktG (Ausscheiden von Aktionären)

Neben den gesetzlichen Regelungen sind auch die Regelungen im Gesellschaftsvertrag von großer Bedeutung, da sie das Verhältnis der Gesellschafter untereinander und die Bedingungen für das Ausscheiden von Gesellschaftern konkretisieren und ergänzen können. Insbesondere können im Gesellschaftsvertrag Regelungen zu folgenden Themen getroffen werden:

  • Vorkaufsrechte der übrigen Gesellschafter bei Übertragung von Geschäftsanteilen
  • Zustimmungserfordernisse bei der Übertragung von Geschäftsanteilen auf Dritte
  • Abfindungsansprüche und deren Berechnung
  • Ausschlussgründe und deren Folgen
  • Fortsetzung der Gesellschaft nach Ausscheiden eines Gesellschafters

Rechtliche Folgen und Haftung bei Ausscheiden eines Gesellschafters

Das Ausscheiden eines Gesellschafters hat verschiedene rechtliche Folgen, die je nach Gesellschaftsform unterschiedlich ausgestaltet sein können. Im Folgenden werden die wichtigsten rechtlichen Folgen und Haftungsfragen beim Ausscheiden von Gesellschaftern dargestellt:

  • Abfindungsanspruch: In vielen Fällen hat der ausscheidende Gesellschafter einen Anspruch auf Abfindung. Die Höhe der Abfindung richtet sich nach dem Wert des Gesellschaftsanteils und kann im Gesellschaftsvertrag konkretisiert werden.
  • Haftung nach Ausscheiden: Die Haftung des ausscheidenden Gesellschafters für Verbindlichkeiten der Gesellschaft hängt von der jeweiligen Gesellschaftsform ab. Bei einer GbR, OHG oder KG haftet der ausscheidende Gesellschafter grundsätzlich für Verbindlichkeiten, die vor seinem Ausscheiden entstanden sind. Bei einer GmbH oder AG haftet der ausscheidende Gesellschafter in der Regel nicht für Gesellschaftsverbindlichkeiten.
  • Fortführung der Gesellschaft: In der Regel führen die verbleibenden Gesellschafter die Gesellschaft nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters fort. In einigen Fällen kann jedoch auch eine Auflösung der Gesellschaft vorgesehen sein, z. B. im Todesfall eines Gesellschafters.
  • Übertragung von Geschäftsanteilen: Beim Ausscheiden eines Gesellschafters kann die Übertragung von Geschäftsanteilen an die übrigen Gesellschafter, an einen Nachfolger oder an einen Dritten erfolgen. Dabei sind die Regelungen im Gesellschaftsvertrag und die gesetzlichen Vorschriften zu beachten.
  • Änderung des Gesellschaftsvertrages: Durch das Ausscheiden eines Gesellschafters kann eine Änderung des Gesellschaftsvertrages erforderlich werden, z. B. um die Geschäftsanteile neu zu verteilen oder die Zuständigkeiten der verbleibenden Gesellschafter anzupassen.

Häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Ausscheiden von Gesellschaftern

Welche Gründe gibt es für das Ausscheiden eines Gesellschafters?

Gründe für das Ausscheiden eines Gesellschafters können vielfältig sein, z. B. der Verkauf von Geschäftsanteilen, das Erreichen des Rentenalters, Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftern, persönliche Gründe oder der Tod des Gesellschafters.

Wie wird der Wert eines Gesellschaftsanteils beim Ausscheiden ermittelt?

Der Wert eines Gesellschaftsanteils beim Ausscheiden wird in der Regel durch eine Bewertung des Gesellschaftsvermögens ermittelt, wobei verschiedene Bewertungsmethoden (z. B. Substanzwertmethode, Ertragswertmethode) zur Anwendung kommen können. Die konkrete Bewertungsmethode und die Berechnung des Abfindungsanspruchs können im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden oder, falls keine Regelung besteht, durch einen unabhängigen Gutachter ermittelt werden.

Wie lange haftet ein ausscheidender Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft?

Die Haftungsdauer eines ausscheidenden Gesellschafters hängt von der Gesellschaftsform ab. Bei einer GbR, OHG oder KG haftet der ausscheidende Gesellschafter grundsätzlich für Verbindlichkeiten, die vor seinem Ausscheiden entstanden sind. Bei einer OHG beträgt die Haftungsdauer nach Ausscheiden fünf Jahre, bei einer KG haftet der ausscheidende Kommanditist nur bis zur Höhe seiner Haftungssumme und nur für Verbindlichkeiten, die vor seinem Ausscheiden entstanden sind. Bei einer GmbH oder AG haftet der ausscheidende Gesellschafter in der Regel nicht für Gesellschaftsverbindlichkeiten.

Kann ein Gesellschafter gegen seinen Willen aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden?

Ein Gesellschafter kann unter bestimmten Voraussetzungen gegen seinen Willen aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Die Gründe für einen Ausschluss müssen im Gesellschaftsvertrag geregelt sein und können z. B. bei groben Pflichtverletzungen, Zahlungsunfähigkeit oder einem Vertrauensverlust vorliegen. Der Ausschluss eines Gesellschafters bedarf in der Regel einer qualifizierten Mehrheit der übrigen Gesellschafter.

Was passiert mit dem Geschäftsanteil eines Gesellschafters, der aus der Gesellschaft ausscheidet?

Der Geschäftsanteil eines ausscheidenden Gesellschafters kann auf verschiedene Weise übertragen werden, z. B. durch Verkauf oder Schenkung an einen anderen Gesellschafter, an einen Nachfolger oder an einen Dritten. Dabei sind die Regelungen im Gesellschaftsvertrag und die gesetzlichen Vorschriften zu beachten, insbesondere mögliche Vorkaufsrechte oder Zustimmungserfordernisse.

Welche Rolle spielt der Gesellschaftsvertrag beim Ausscheiden eines Gesellschafters?

Der Gesellschaftsvertrag ist von zentraler Bedeutung beim Ausscheiden eines Gesellschafters, da er das Verhältnis der Gesellschafter untereinander und die Bedingungen für das Ausscheiden von Gesellschaftern konkretisiert und ergänzt. Im Gesellschaftsvertrag können Regelungen zu Abfindungsansprüchen, Vorkaufsrechten, Zustimmungserfordernissen, Ausschlussgründen und der Fortsetzung der Gesellschaft getroffen werden.

Wie kann ein Rechtsstreit beim Ausscheiden eines Gesellschafters vermieden werden?

Um einen Rechtsstreit beim Ausscheiden eines Gesellschafters zu vermeiden, empfiehlt es sich, klare und eindeutige Regelungen im Gesellschaftsvertrag zu treffen und eine offene Kommunikation zwischen den Gesellschaftern zu pflegen. Bei Uneinigkeit über die Höhe einer Abfindung kann ein unabhängiger Gutachter oder Schiedsgutachter eingesetzt werden, um eine objektive Bewertung zu erhalten. Vor dem Hintergrund der Komplexität der Materie ist es ratsam, anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um rechtliche Risiken und Streitigkeiten zu minimieren.

Ausscheiden von Gesellschaftern: Einfach erklärt

Das Ausscheiden von Gesellschaftern ist ein komplexes rechtliches Thema, das sowohl gesetzliche Regelungen als auch individuelle Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag berücksichtigt. Um rechtliche Risiken und Streitigkeiten zu vermeiden, ist es wichtig, sich frühzeitig mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen und im Zweifel anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Dieser umfassende Blog-Beitrag soll Ihnen dabei helfen, ein grundlegendes Verständnis für die Thematik zu erlangen und Ihnen als Orientierungshilfe dienen.

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