Ein entscheidender Aspekt in zivilrechtlichen Streitigkeiten ist die Frage, wer die Kosten für einen Rechtsstreit bzw. dessen Beendigung trägt. Im deutschen Rechtssystem gibt es eine Vielzahl von Regelungen, die das Thema Kostenerstattung in Zivilverfahren betreffen. Diese Regelungen betreffen sowohl den Anspruch auf Kostenerstattung zwischen den Prozessparteien als auch den Anspruch auf Erstattung zwischen dem Mandanten und dem beauftragten Rechtsanwalt. In diesem umfangreichen Blog-Beitrag werden relevante Begriffe, rechtliche Grundlagen, aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen erörtert, um Ihnen ein detailliertes Verständnis über Ihre Rechte und Ansprüche im Hinblick auf Kostenerstattung im Zivilrecht zu bieten.

Inhaltsverzeichnis

  1. Gesetzliche Grundlagen
  2. Arten des Kostenerstattungsanspruchs
  3. Beispiele
  4. Aktuelle Gerichtsurteile
  5. Häufig gestellte Fragen zur Kostenerstattung
  6. Schlussbemerkung zum Kostenerstattungsanspruch

Gesetzliche Grundlagen

Das deutsche Rechtssystem sieht verschiedene gesetzliche Regelungen für den Kostenerstattungsanspruch vor. In erster Linie sind hierbei die Zivilprozessordnung (ZPO) und das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zu nennen. Die ZPO regelt die Frage der Kostenerstattung im Rahmen von gerichtlichen Verfahren, während das RVG die Ansprüche des Rechtsanwalts gegenüber dem Mandanten normiert.

Relevant für die Kostenerstattung im Prozess sind insbesondere folgende Normen:

Relevant für die Kostenerstattung im außerprozessualen Bereich sind insbesondere folgende Regelungen des RVG:

  • § 9 RVG: Regelungen zur Berechnung der Gebühren
  • § 11 RVG: Mitwirkung mehrerer Rechtsanwälte
  • § 12 RVG: Anspruch auf Vorschuss
  • § 13 RVG: Erforderliche Aufwendungen

Arten des Kostenerstattungsanspruchs

Grundsätzlich unterteilt sich der Kostenerstattungsanspruch in zwei verschiedene Bereiche: die Kostenerstattung im Prozess und die Kostenerstattung im außergerichtlichen Bereich:

Kostenerstattung im Prozess

Die Kostenerstattung im Prozess ist im deutschen Zivilrecht nach dem Verursacherprinzip geregelt. Dies bedeutet, dass grundsätzlich die Partei, die den Rechtsstreit verliert, auch die Kosten für das gesamte Verfahren zu tragen hat (§ 91 ZPO).

Die Verlierer müssen auch alle notwendigen und angemessenen Ausgaben der Gewinnerpartei erstatten, einschließlich der Anwalts- und Gerichtskosten. Eine Besonderheit der deutschen Zivilprozessordnung ist das sog. „Obsiegen in einem Teil“, welches in § 92 ZPO geregelt ist. Danach können die Kosten zwischen den Parteien anteilsmäßig verteilt werden, z. B., wenn eine Partei nur zu einem gewissen Prozentsatz obsiegt und der verbleibende Prozentsatz zu Lasten der Gegenpartei geht.

In bestimmten Fällen können sich die Parteien auch auf eine Erledigung der Hauptsache einigen und sodann gemäß § 91a ZPO die Kosten des Verfahrens einvernehmlich verteilen. Ist eine solche Einigung nicht möglich, entscheidet das Gericht über die Kostenverteilung.

Im Falle einer Berufung oder Revision gilt zusätzlich § 97 ZPO. Gemäß dieser Regelung trägt die Partei, die in der nächsten Instanz unterliegt, auch die Kosten der vorangegangenen Instanz. Bei einer Klagerücknahme oder in Fällen eines Versäumnisurteils gelten die spezielleren Regelungen der §§ 103, 269 ZPO.

Kostenerstattung im außergerichtlichen Bereich

Die Regelungen zur Kostenerstattung im außergerichtlichen Bereich betreffen vornehmlich die Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts gegenüber dem Mandanten. Hierbei sind sowohl die Regelungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) als auch die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) relevant.

Die Vergütung eines Rechtsanwalts bemisst sich grundsätzlich nach seinem Aufwand und der Komplexität des Mandats, wobei in einigen Fällen gesetzliche Gebührentabellen vorgegeben sind (vgl. §§ 9 ff. RVG). Insbesondere die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist des Öfteren im Fokus, da sie bei außergerichtlicher Tätigkeit entsteht.

Entsteht der Vergütungsanspruch eines Rechtsanwalts in einem gerichtlichen Verfahren, so ist dieser in der Regel im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs der siegreichen Partei von der unterlegenen Partei zu erstatten.

Zusätzlich kann im Einzelfall ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB bestehen, der ebenfalls die Erstattung der Kosten des Rechtsanwalts durch den Schädiger umfasst, insbesondere bei Vertragsverletzungen oder unerlaubten Handlungen (z. B. bei ungerechtfertigter Abmahnung).

Beispiele

Im Folgenden werden einige Beispiele für Kostenerstattungsansprüche im deutschen Zivilrecht dargestellt:

  1. Mieter A verklagt seinen Vermieter B auf Mängelbeseitigung. Das Gericht gibt A in vollem Umfang Recht. Nach § 91 ZPO muss Vermieter B nunmehr die Kosten des Rechtsstreits (inklusive Anwalt- und Gerichtskosten) tragen.
  2. Arbeitnehmer C klagt gegen die Kündigung seines Arbeitgebers D. Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs gewährt D Abfindung. Die Parteien einigen sich auf eine hälftige Kostenverteilung. Gemäß § 91a ZPO ist diese Vereinbarung bindend und die Kosten werden entsprechend verteilt.
  3. Nachbar E klagt gegen Nachbar F wegen einer Grenzstreitigkeit. Das Gericht gibt beiden Parteien in Teilen recht, und es kommt zu einer anteilsmäßigen Kostentragung gemäß § 92 ZPO.
  4. Unternehmer G beauftragt Rechtsanwalt H außergerichtlich. G muss H gemäß den Regelungen des RVG und der Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) entlohnen.

Aktuelle Gerichtsurteile

Die Rechtsprechung ist regelmäßig mit Kostenerstattungsfragen konfrontiert und entwickelt das Recht fortlaufend weiter. Hier einige ausgewählte, aktuelle Gerichtsurteile:

BGH, Urteil vom 24.04.2018, VI ZR 460/17: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Geschädigter, der einen Kfz-Schaden fiktiv abrechnet, vom Schädiger auch die im Rahmen der fiktiven Abrechnung angesetzten und angemessenen Kosten eines Sachverständigen erstattet verlangen kann.

OLG München, Beschluss vom 15.06.2020, 34 Wx 180/20: Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass die Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG bei mehreren Vertretern einer Partei nicht vervielfacht wird. Vielmehr ist die Geschäftsgebühr auf die (gemeinsame) Vertretung der Partei insgesamt beschränkt und wird anteilig unter den verschiedenen Vertretern aufgeteilt.

OLG Frankfurt, Urteil vom 13.02.2018, 11 U 109/15: Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass bei einem Vergleich in einem Schadensersatzprozess die gerichtliche Erledigungsgebühr (Nr. 3100 VV RVG) nicht vom Kläger zurückverlangt werden kann, wenn der Vergleich abschließend festlegt, dass keine Kostenerstattung erfolgt.

BGH, Beschluss vom 12.02.2020, XII ZB 565/18: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass bei einer erfolgreichen Gegenvollstreckung und Vollstreckungsabwehrklage der Gläubiger auch die notwendigen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Gegenvollstreckung und Vollstreckungsabwehrklage zu erstatten hat.

Häufig gestellte Fragen zur Kostenerstattung

Frage: Was bedeutet „Kostenerstattungsanspruch“?

Antwort: Der Kostenerstattungsanspruch beschreibt in der Regel den Anspruch einer Partei auf Ersatz der ihr im Rahmen eines Rechtsverfahrens entstandenen notwendigen und angemessenen Kosten, insbesondere Anwalts- und Gerichtskosten.

Frage: In welchen Rechtsgebieten kann ich Anspruch auf Kostenerstattung haben?

Antwort: Im deutschen Zivilrecht sind Kostenerstattungsansprüche insbesondere im Rahmen von gerichtlichen Verfahren und außergerichtlichen Anwaltskosten geregelt. Grundsätzlich muss die unterliegende Partei eines Prozesses die Kosten der siegreichen Partei erstatten.

Frage: Haftet meine Rechtsschutzversicherung für die Kosten meines Prozesses?

Antwort: Eine Rechtsschutzversicherung dient dazu, Ihr Kostenrisiko bei Streitigkeiten zu reduzieren. In der Regel übernimmt die Rechtsschutzversicherung die Kosten eigener Anwaltsgebühren sowie die Gerichtskosten. Je nach Vertragsvereinbarungen und bestehenden Deckungssummen können auch die Kosten des gegnerischen Anwalts abgedeckt sein.

Frage: Was sollte ich bei Kostenrisiken in einem Zivilprozess beachten?

Antwort: Zivilprozesse sind oft mit erheblichen Kosten verbunden. Als Partei eines Prozesses sollten Sie das Kostenrisiko im Falle einer Niederlage gut abwägen und überlegen, ob eine außergerichtliche Streitbeilegung möglich ist. Eine Rechtsschutzversicherung kann helfen, das finanzielle Risiko zu mindern.

Schlussbemerkung zum Kostenerstattungsanspruch

Der Kostenerstattungsanspruch ist ein bedeutender Aspekt des deutschen Zivilrechts. Es ist wichtig, Ihre Rechte und Ansprüche im Zusammenhang mit Kostenerstattung sowohl im gerichtlichen als auch im außergerichtlichen Bereich zu kennen. Bei Zweifeln oder Fragen sollten Sie stets professionellen Rechtsrat einholen, um Ihre Interessen wahren zu können. Ein erfahrener Rechtsanwalt kann Ihnen hierbei helfen, Ihre rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und unnötige Kostenrisiken zu vermeiden.

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