Die Gründung und Führung eines Unternehmens umfasst mehrere rechtliche Aspekte, die je nach Rechtsform unterschiedliche Anforderungen und Regelungen aufweisen. Eine zentrale Rolle bei der Gründung und dem Bestand einer Gesellschaft spielt das Stammkapital, insbesondere bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und der Aktiengesellschaft (AG).

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der rechtlichen Bedeutung des Stammkapitals und seinen rechtlichen Anforderungen für GmbHs und AGs. Der Beitrag enthält grundlegende Informationen zum Stammkapital und entwickelt sich weiter, um auch detaillierte Informationen über die verschiedenen rechtlichen Aspekte sowie die relevanten Gesetze und Gerichtsurteile vorzustellen.

Inhaltsübersicht

Definition und Rechtsgrundlage des Stammkapitals

Das Stammkapital (auch Grundkapital genannt) ist das feste Eigenkapital einer Gesellschaft und dient zum Schutze der Gläubiger. Es stellt sicher, dass das Unternehmen über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt, um seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Bei der GmbH bildet das Stammkapital eine zentrale Größe der Haftung, während es bei einer AG das gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapital für die Gründung bildet. Weitere Rechte und Pflichten der Gesellschafter oder Aktionäre sind im Gesetz über das Stammkapital festgelegt.

Die Rechtsgrundlagen für das Stammkapital finden sich im deutschen Gesetzt hauptsächlich im Gesellschaftsrecht:

  • GmbH-Gesetz (GmbHG): Relevante Vorschriften sind insbesondere §§ 5, 7, 30, und 57c GmbHG.
  • Aktiengesetz (AktG): Relevante Vorschriften sind insbesondere §§ 27, 29, 36, und 99 AktG.

Es ist wichtig zu beachten, dass das Stammkapital von Land zu Land variieren kann. In der Europäischen Union sind jedoch einige Grundprinzipien harmonisiert, um einen einheitlichen rechtlichen Standard für Kapitalanforderungen innerhalb der Mitgliedstaaten sicherzustellen.

Stammkapital bei der GmbH

Die GmbH ist eine in Deutschland sehr verbreitete Rechtsform, bei der das Stammkapital eine besondere Bedeutung hat. In diesem Abschnitt werden die wesentlichen Aspekte des Stammkapitals bei der GmbH in Bezug auf Mindeststammkapital, Haftung, Kapitalerhaltung und -herabsetzung sowie Sacheinlage und Vermögensüberlassung behandelt.

Mindeststammkapital

Das Mindeststammkapital ist der gesetzlich vorgeschriebene minimale Geldbetrag, der bei der Gründung einer GmbH eingezahlt werden muss. Dieser Betrag dient als Sicherheit für die Gläubiger der Gesellschaft und ist in § 5 GmbHG festgelegt:

  • Das Mindeststammkapital beträgt 25.000 Euro.
  • Die Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafter müssen mindestens 1 Euro betragen.
  • Bei Gründung müssen mindestens 50 % des Stammkapitals eingezahlt werden (mindestens 12.500 Euro).

Die Einhaltung des Mindeststammkapitals ist für die Wirksamkeit der Gesellschaft von entscheidender Bedeutung, da eine Gesellschaft ohne entsprechendes Stammkapital nicht ins Handelsregister eingetragen werden kann und somit nicht rechts- und handlungsfähig ist.

Haftung

Die Haftung ist bei einer GmbH auf das Gesellschaftsvermögen und das Stammkapital beschränkt. Das bedeutet, dass die Gesellschafter im Falle von Geschäftsverbindlichkeiten nur mit dem von ihnen im Rahmen des Stammkapitals eingebrachten Vermögen haften. Die persönliche Haftung der Gesellschafter ist in der Regel ausgeschlossen, solange keine Verletzung gesetzlicher Pflichten oder persönliche Verschuldung vorliegt.

Darüber hinaus trägt die GmbH die Haftung für die Verbindlichkeiten des Unternehmens, während die persönlichen Vermögen der Gesellschafter und Geschäftsführer geschützt sind. Diese Haftungsbeschränkung bildet den Grundsatz der „durchgriffsfreien“ juristischen Person der GmbH, kann jedoch in bestimmten Fällen, wie z.B. bei Insolvenzverschleppung oder bei Unbeachtung der Kapitalaufbringungspflicht, auf den persönlichen Vermögen der Geschäftsführer und Gesellschafter liegen.

Kapitalerhaltung und –herabsetzung

Das GmbHG enthält Vorschriften zur Erhaltung und Herabsetzung des Stammkapitals, um den Kapitalschutz zu gewährleisten und den Gläubigerschutz zu gewährleisten. Kapitalerhaltung bedeutet, dass das Stammkapital der Gesellschaft nicht leichtfertig an die Gesellschafter zurückgeschüttet wird, während Kapitalherabsetzung bedeutet, dass bestimmte Vorschriften zu befolgen sind, wenn das Stammkapital reduziert wird.

  • Kapitalerhaltung: Gemäß § 30 GmbHG dürfen entnommene Vermögensgegenstände nicht über das Stammkapital und die gesetzlichen Rücklagen hinaus verteilt werden. Ausnahmen sind etwa die Rückgabe von Darlehen oder Sachleistungen an die Gesellschafter.
  • Kapitalherabsetzung: Eine Kapitalherabsetzung muss durch Beschluss der Gesellschafterversammlung beschlossen und in das Handelsregister eingetragen werden. Hierbei sind die Vorschriften gemäß §§ 57a-57m GmbHG zu beachten, die unter anderem eine Gläubigerbenachrichtigung und die Einhaltung von Sperrfristen vorsehen.

Die Erhaltung und Herabsetzung des Stammkapitals stellen sicher, dass das Unternehmen über genügend finanzielle Mittel verfügt, um seine Geschäfte fortzuführen und seine Gläubiger zufrieden zu stellen. Bei Nichteinhaltung dieser Vorschriften können Geschäftsführer und Gesellschafter persönlich haftbar gemacht werden.

Sacheinlage und Vermögensüberlassung

Neben der Bareinlage können Gesellschafter bei Gründung einer GmbH auch Sacheinlagen einbringen, wie z.B. Grundstücke, Gebäude, Maschinen oder Fahrzeuge. Diese müssen in der Gründungsurkunde und dem Gesellschaftsvertrag ausführlich beschrieben und bewertet werden. Auch die Vermögensüberlassung ist möglich, bei der die Gesellschafter Vermögensgegenstände dem Unternehmen übereignen, ohne ihre Stammeinlagen zu erhöhen.

Wichtig bei Sacheinlagen ist die Prüfung der Werthaltigkeit und Angemessenheit. Gemäß § 8 GmbHG kann das Registergericht bei Ungereimtheiten oder einem offensichtlichen Missverhältnis zwischen dem Wert der Sacheinlage und dem Nennbetrag der Stammeinlage die Eintragung der GmbH verweigern. Die Vermögensüberlassung und Sacheinlagen sollten daher sorgfältig geprüft und dokumentiert werden, um eine reibungslos Gründung der Gesellschaft sicherzustellen.

Stammkapital bei der AG

Die Aktiengesellschaft (AG) unterscheidet sich in einigen rechtlichen Aspekten von der GmbH. In diesem Abschnitt wird das Stammkapital bei einer AG in Bezug auf Grund- und Aktienkapital, Mindestaktienkapital, Kapitalerhöhung und -herabsetzung sowie Haftung erläutert.

Grund- und Aktienkapital

Das Aktienkapital einer AG ist das Grundkapital, welches in Aktien zerlegt ist, die auf den Inhaber oder namentlich auf den Aktionär lauten. Das Grundkapital steht dem Unternehmen als Eigenkapital zur Verfügung und kann je nach Bedarf zur Finanzierung von Investitionen oder Betriebsmitteln verwendet werden.

Als Folge der Zerlegung des Grundkapitals in Aktien gilt hier nicht mehr der Nennbetrag der Stammeinlage als haftender Betrag, wie bei der GmbH, sondern der Nennbetrag der Aktie. Die Aktionäre haften somit nur bis zur Höhe des Nennbetrags ihrer Aktien und ihre Haftung beschränkt sich auf die Einzahlung ihrer Aktien.

Mindestaktienkapital

Wie bei der GmbH, ist auch bei der AG ein Mindestaktienkapital gesetzlich vorgeschrieben. Das Mindestaktienkapital einer AG ist gemäß § 7 AktG festgelegt:

  • Das Mindestaktienkapital beträgt 50.000 Euro.
  • Einzelne Aktien haben einen Mindestnennwert von 1 Euro.
  • Bei Gründung müssen alle Aktien gezeichnet werden, d.h. von Aktionären übernommen werden.

Die Einhaltung des Mindestaktienkapitals ist auch bei der AG entscheidend für die Gültigkeit einer Gesellschaft und ihre Eintragung ins Handelsregister.

Kapitalerhöhung und –herabsetzung

Das AktG enthält ebenfalls Regelungen zur Kapitalerhöhung und -herabsetzung, die jedoch aufgrund der größeren Flexibilität der Gesellschaftsform von der GmbH abweichen.

  • Kapitalerhöhung: Gemäß §§ 182-240 AktG gibt es verschiedene Möglichkeiten der Kapitalerhöhung, z.B. durch Ausgabe neuer Aktien aus bereits genehmigten Kapital, Kapitalerhöhung gegen Bareinlage oder gegen Sacheinlage. Die Durchführung einer Kapitalerhöhung unterliegt dabei strengen Vorschriften und Voraussetzungen, insbesondere der Zustimmung der Hauptversammlung der Aktionäre.
  • Kapitalherabsetzung: Die Kapitalherabsetzung bei einer AG ist ebenfalls umfangreicher im Vergleich zu einer GmbH. Entsprechend §§ 222-237 AktG können Aktiengesellschaften ihr Kapital herabsetzen, um Verluste auszugleichen, Rücklagen zu bilden oder geplante Umstrukturierungen und Umgründungen durchzuführen. Hierbei sind ebenfalls Voraussetzungen und rechtliche Schritte zu beachten, wie die Benachrichtigung der Gläubiger und die Durchführung eines externen oder internen Prüfungsverfahrens zur Prüfung der Werthaltigkeit von Sacheinlagen.

Die Anforderungen an Kapitalerhöhung und -herabsetzung bei der AG sind komplexer als bei der GmbH, um die Interessen der Aktionäre und Gläubiger angemessen zu berücksichtigen und Missbrauch vorzubeugen.

Haftung

Die Haftung bei einer AG ist ähnlich wie bei einer GmbH auf das Stammkapital beschränkt. Die Aktionäre haften bis zur Höhe ihrer Aktien, wobei ihre persönliche Haftung ausgeschlossen ist, sofern keine gesetzlichen Pflichtverletzungen oder persönliche Verschuldung vorliegen.

Die AG selbst haftet für die Verbindlichkeiten des Unternehmens, während die persönlichen Vermögen der Vorstände und Aktionäre geschützt sind. Hier gilt ebenfalls der Grundsatz der „durchgriffsfreien“ juristischen Person. Im Falle von Rechtsverletzungen oder betrügerischem Handeln kann jedoch eine persönliche Haftung der handelnden Organe und Aktionäre entstehen.

Aktuelle Gerichtsurteile und ihre Bedeutung

Aktuelle Gerichtsurteile beeinflussen die Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen zum Stammkapital und können so zur weiteren Rechtsentwicklung und -gestaltung beitragen. In diesem Abschnitt werden relevante aktuelle Urteile und ihre Bedeutung präsentiert.

  • BGH, Urteil vom 14.03.2017, Az.: II ZR 119/16: In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass der Geschäftsführer einer GmbH nicht haftet, wenn er eine zulässige Kapitalherabsetzung ohne Gläubigerbenachrichtigung vornimmt. Der BGH betonte damit die Bedeutung des geschützten Vermögens der Gesellschafter und Geschäftsführer bei der Durchführung von Maßnahmen zur Kapitalherabsetzung.
  • BGH, Urteil vom 10.05.2016, Az.: II ZR 5/15: In diesem Urteil hat der BGH klargestellt, dass die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für die Kapitalaufbringung auch dann bestehen bleibt, wenn die Eintragung der GmbH im Handelsregister bereits erfolgt ist. Der BGH verfolgt damit eine strenge Linie zur Einhaltung der Kapitalaufbringungspflicht und zur Vermeidung von Missbrauch durch eine vorgezogene Gründung ohne ausreichendes Stammkapital.

Diese Urteile unterstreichen die Bedeutung des Stammkapitals und dessen Schutz für Gläubiger und Aktionäre sowie die Notwendigkeit einer sorgfältigen Beachtung der gesetzlichen Regelungen bei der Gründung und Führung von Gesellschaften.

FAQs zum Stammkapital

Was ist der Unterschied zwischen Stamm- und Grundkapital?
Grundkapital und Stammkapital sind im Grunde austauschbare Begriffe, wobei Stammkapital eher im Zusammenhang mit der GmbH und Grundkapital im Zusammenhang mit der AG verwendet wird.

Kann das Stammkapital erhöht werden?
Ja, das Stammkapital kann sowohl bei einer GmbH als auch einer AG erhöht werden. Hierzu sind jedoch verschiedene Voraussetzungen und gesetzliche Schritte zu beachten, wie etwa die Zustimmung der Gesellschafter und die Eintragung ins Handelsregister.

Was passiert bei einer GmbH-Gründung ohne Stammkapital?
Eine GmbH-Gründung ohne ausreichendes Stammkapital ist unzulässig und führt zur Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags. Eine solche Gesellschaft kann nicht ins Handelsregister eingetragen werden und ist somit nicht handlungs- und rechtsfähig.

Wie hoch ist das Mindeststammkapital für eine UG (haftungsbeschränkt)?
Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ist eine Variante der GmbH mit erleichterten Gründungsvoraussetzungen. Hier beträgt das Mindeststammkapital lediglich 1 Euro. Allerdings sind UG-Gesellschafter verpflichtet, jährlich mindestens 25 % ihres um die Verlustvortage bereinigten Gewinns als Rücklage anzusammeln, bis das Stammkapital von 25.000 Euro einer regulären GmbH erreicht ist. Danach kann die UG zur GmbH umgewandelt werden.

Bei welcher Rechtsform gibt es kein Stammkapital?
Personengesellschaften wie die Offene Handelsgesellschaft (OHG) oder die Kommanditgesellschaft (KG) haben kein Stammkapital im engeren Sinne. Hier gibt es stattdessen sogenannte Kapitalkonten, die die jeweiligen Einlagen und Gewinnanteile der Gesellschafter verzeichnen. Bei Einzelunternehmen ist ebenfalls kein Stammkapital erforderlich.

Fazit

Das Stammkapital ist ein fundamentaler Aspekt von GmbHs und AGs und spielt eine zentrale Rolle bei der Gründung, Haftung und dem Bestehen dieser Gesellschaftsformen. Die Kenntnis der gesetzlichen Regelungen, Anforderungen und aktuellen Rechtsprechung zum Stammkapital ist essentiell für einen risikoarmen und erfolgreichen Geschäftsbetrieb.

Der vorliegende Beitrag zeigt die verschiedenen Aspekte des Stammkapitals auf und liefert detaillierte Informationen über die rechtlichen Grundlagen, Anforderungen und aktuellen Gerichtsurteile. Somit dient dieser Beitrag als wertvolle Informationsquelle für all jene, die sich eingehender mit dem Thema Stammkapital auseinandersetzen möchten oder ihr eigenes Unternehmen gründen möchten, insbesondere in Form einer GmbH oder AG.

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